Die Sanierungsraten im Gebäudebestand stagnieren. Die ohnehin schon scharfen Anforderungen an die Gebäudesanierung sollen aber nochmals erhöht werden.
Während die Wohnungswirtschaft sich noch auf einem guten Weg bei der Modernisierung ihrer Bestände bewegt, liegt aus ihrer Sicht der Schwerpunkt eindeutig bei den privaten Wohnungseigentümern und den WEG, die den größten Nachholbedarf haben. Gerade sie sollten mehr Anstrengungen unternehmen, um die Klimaschutzforderungen in Deutschland besser umzusetzen.
Die Wohnungswirtschaft ist für die Energiewende gut aufgestellt. Der Gebäudebestand hat zwar in Deutschland einen Anteil von 23 Prozent am Gesamtenergieverbrauch, aber auf die Mehrfamilienhäuser entfallen nur acht Prozent – und nur drei Prozent beträgt der Anteil der professionellen Wohnungswirtschaft. Sie kann also nicht der Schlüssel für Deutschlands Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele sein.
Berlin in einer Vorreiterrolle: Hauptstadt soll bis 2050 kimaneutral sein
Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel sagte auf den Berliner Energietagen (11. – 13. April 2016) für das Ziel die Hauptstat klimaneutral zu machen seien konzeptionellen Weichen gestellt. Berlin hat erstmals ein Rahmengesetz und verbindliche Klimaziele abgesteckt. Zahlreiche Vortragsveranstaltungen erläuterten das künftige Vorgehen der Berliner Politik. Der Wärmemarkt rücke hinter dem Schwerpunkt Strombereich endlich mehr in den Vordergrund.
Erste Projekte laufen
So liefert die Gasag mit einer interessanten BHKW-Lösung Mieterstrom und Heizwärme in eine Gewobag- Siedlung aus den 1930er-Jahren, die sich in Tegel-Süd befindet. Doch nur 12,5 Prozent der Mieter nutzen bisher den um einige Cent günstigeren Strom, aber es ist immerhin ein Anfang. Die Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen wollen weitere Projekte auflegen, die den Einsatz „grüner Fernwärme“ kombiniert mit Solartechnik zum Gegenstand haben. Allerdings besteht die Gefahr, dass die EnEV 2016 solche Vorhaben nicht ausreichend unterstützt. Energieexperten schätzten ein, dass die Anforderungen an die „Optimierung“ der Gebäudehülle jetzt schon überzogen sein könnten. Intelligente Lösungen beim Einsatz moderner Heiz- und Speichertechnik sollten ausreichen, um Klimaschutzziele von Bundesregierung und Senat im Gebäudebestand zu erreichen.
Erfahrung aus dem Nachbarland
In Dänemark wird in großem Stil bereits überschüssiger Windstrom genutzt, um Wärmespeicher, die in Fernwärmenetze integriert sind, zu befüllen. Denn die Preise für Fernwärme sind – unbeeindruckt vom Fall der Ölpreise – immer noch sehr hoch und belasten die Heizkostenrechnung für die Mieter im Vergleich zum Einsatz anderer Energieträger wie Gas oder Öl. Deshalb sollten Kommunen und Wohnungsunternehmen stärker als bisher anstreben, Fernwärme mit sogenannten Power-to-heat-Lösungen (Umwandlung billigen Stroms in Wärme) zu verbinden. Die Hersteller haben die entsprechende Technik entwickelt, aber es mangelt an der ordentlichen rechtlichen Ausgestaltung, um solche Anlagen zum Nutzen für die Mieter einzusetzen.
Leider formuliert die Bundesregierung in ihrem Herangehen an die Verschärfung der EnEV ein „Weiter wie bisher“. So kann bei Modernisierungsprojekten der Mehraufwand nicht mehr amortisiert werden. Hierfür unterbreiteten Energieexperten und Architekten bessere Vorschläge, die auf eine „sinnvolle energetische Sanierung“ abzielen.
Autor: Michael Fritsch
► Update: Am Freitag den 17. Juni haben sich Architektenkammer, BBU, GASAG, Handwerkskammer, IHK, Innung SHK und UVB zu einer „Initiative für die Wärmewende“ zusammengeschlossen.
► Der Artikel erschien zuerst in der Printausgabe der IVV immobilien vermieten & Verwalten. Heft 06/2016 wurde am 10. Juni 2016 ausgeliefert.
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