Das Prinzip des solaren Eisspeichers

Durch den Einsatz von Eisspeichern lassen sich verschiedene Arten von Umweltwärme gleichzeitig nutzen: In dem unterirdischen Wasserspeicher kann mittels Wärmepumpe Sonnenwärme, Wärme aus der Umgebungsluft, aus einem Gebäude und aus dem Erdreich eingelagert werden. Zusätzlich werden große Mengen Kristallisationswärme nutzbar.

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Gefriert 1 LIter Wasser zu Eis, geben die Moleküle bei der Erstarrung so viel Wärme ab, dass sich dieser Liter Wasser von Null auf 80 °C erhitzen ließe. Grafik: BZE Ökoplan
Gefriert 1 LIter Wasser zu Eis, geben die Moleküle bei der Erstarrung so viel Wärme ab, dass sich dieser Liter Wasser von Null auf 80 °C erhitzen ließe. Grafik: BZE Ökoplan

Schon lange läuft die Suche nach Systemen, mit denen Energie (Wärme) mit hohem exergetischem, d. h. nutzbarem, Anteil saisonal und verlustarm gespeichert werden kann. Durch Berücksichtigung der physikalischen Zusammenhänge lässt sich ein System installieren, mit dem dieses Problem relativ einfach gelöst werden kann, was in der Praxis auch bereits an mehreren Standorten in Deutschland und Europa geschieht. Kern des Systems ist die Speicherung von Energie auf einem Temperaturniveau, bei dem es nicht zu den üblichen Verlusten durch Transmission durch die Behälterwand kommt. Besser noch wäre die Gewinnung von zusätzlicher Energie während des Speichervorganges. Genau dieses geschieht bei der hier vorgestellten Technik.

Bei den Eisspeichern handelt es sich um im Erdreich verbaute Behälter (derzeit 12,2 bis 1.500 m³ Volumen). Die Behälter sind mit Wasser gefüllt und dienen primär als Wärmequelle für eine Wärmepumpe. Das System wurde von der Firma Isocal in Friedrichshafen entwickelt und zur Marktreife gebracht. Dieses sogenannte „Solareis“-System erhielt bereits mehrere namhafte Auszeichnungen.

Üblicherweise sind für den Betrieb von Wärmepumpenanlagen aufwändige Sondenbohrungen , Erdkollektoren oder aktivierte Bohrpfähle nötig, um die Wärmepumpe mit „Umweltwärme“ zu versorgen. Bei diesen Maßnahmen (Nutzung des Grundwassers) ist ein aufwändiges Genehmigungsverfahren durch die örtliche Wasserbehörde Pflicht. Zudem sind die Bohrungen teuer und auch mit großen Risiken für die Bausubstanz der umliegenden Gebäude verbunden. So zeigten sich etwa im Schwarzwaldstädtchen Staufen nach umfangreichen Erdwärmebohrungen Risse an 256 Häusern – ein Schaden von mehr als 40 Mio. €. Auch in Leonberg bei Stuttgart wurden 24 Häuser nach Erdbohrungen zum Teil schwer beschädigt. Baden-Württemberg untersagte daher solche Tiefbohrungen zeitweise ganz. Diese sind künftig nur noch mit einem besonderen Versicherungsschutz möglich. In Wasserschutzgebieten gilt ohnehin ein deutschlandweites Verbot. Darüber hinaus ist sowohl bei Neubauten als auch in der Modernisierung Wärmeerzeugung allein nicht immer ausreichend: Moderne Glasfassaden in Verbindung mit hohen internen Wärmelasten durch Computeranlagen oder eine hohe Besucherfrequenz und nicht zuletzt gestiegene Ansprüche an den Wohnkomfort machen zusätzlich eine ausreichende Raumkühlung erforderlich. Wobei hier festzuhalten ist, dass wirksam gedämmte Gebäude im Sommer nicht immer komfortabel sind, da sie stark überhitzen können. Das haben sehr viele Beispiele in der Praxis bewiesen.

Mit der Energie des Sommers im Winter heizen
Mit dem „Solareis“-System lässt sich bei geringstmöglicher Umweltbelastung heizen und kühlen. Das Prinzip ist so einfach wie genial: Wenn Wasser zu Eis gefriert, wird die Kristallisationswärme frei. Diese kann mithilfe einer Wärmepumpe zur Warmwasserbereitung oder eben zum Heizen genutzt werden. Indem das Eis dabei im Speichertank nicht wie üblich von außen nach innen gefriert, sondern von innen nach außen, wird die natürliche Ausdehnung des Eises beherrschbar und damit eine mögliche Zerstörung der Tankhülle wirksam verhindert. Weitere Komponenten des Systems: ein Kollektor, der seine Energie sowohl aus der vorhandenen Lufttemperatur als auch aus der Sonne bezieht. Und eine Wärmepumpe, die das Gebäude mit der nötigen Raumwärme versorgt, die zuvor durch Sonnenenergie, Lufttemperatur oder Erdwärme im „Solareis“-Speicher eingelagert wurde. Das System funktioniert auch in umgekehrter Richtung durch die Einlagerung der Wärme aus einem Gebäude im Sommer (Kühlung). Dann wird das Gebäude zum Kollektor und kann das im Winter, während des Heizens entstandene Eis wieder aufschmelzen.  Die Gebäudekühlung erfolgt damit 100 % regenerativ und vor allem sehr sicher, da das Eis sichtbar vorhanden und und kontrolliert regeneriert werden kann.

Somit ergeben sich hier völlig neue Möglichkeiten für das Energiemanagement von Gebäuden, Gebäudekomplexen, ja sogar ganzer Stadtquartiere. Dadurch, dass im Winter eine Wärmesenke (Wasser im Speicher gefriert durch Wärmeentzug) für den Sommer produziert wird, kann im Sommer im großen Stil Energie in den Speicher eingelagert werden. Ja, die Energie strömt sogar von selbst in den Speicher sowie in das Energieverteilsystem der ungedämmten Rohre, da die Umgebungstemperaturen selbst im Winter über denen im Speicher und den Rohrleitungen liegt. Entscheidend für den Energiefluss ist einzig die Temperaturdifferenz zwischen dem Rohr und der Umgebung. Sobald diese positiv ist, fließt die Energie in die gewünschte Richtung. Durch die vermiedene Dämmung entstehen hier niedrige Baukosten für die genannten Systeme.

Wärmespeicherung Tag und Nacht
Solarthermische Anlagen können in Kombination mit diesen Systemen Tag und Nacht betrieben werden, da die Speichertemperatur im Sommer sehr niedrig ist, kann immer dann Energie zugeführt werden, wenn die Außentemperatur über 0°C liegt, also immer. Durch den Einsatz des Solareis-Systems wird vor allem der Einsatz von Wärmepumpen ermöglicht, wo er vorher nicht denkbar war. Hierbei geht es vor allem um den Einsatz von Großanlagen in Wohngebieten. Hierbei kann dann auf Techniken zurückgegriffen werden, die in der Lage sind, auch regenerative Energieträger zu nutzen, wie z. B. Absorptionsmaschinen, die mit Biogas befeuert werden können. Eine solche Anlage wird derzeit in Hamburg-Harburg für 500 Wohneinheiten in 28 Gebäuden durch den Eisenbahnbauverein Harburg e.G als Bauherr und dem Planungsbüro BZE-Ökoplan realisiert. In diesem Objekt werden die Gebäude komplex vernetzt. Die damit verbundenen Gesamtbaukosten von 170 €/m² sind moderat. Die Reduzierung des Einsatzes von Primärenergie liegt bei 78 %.

In einem weiteren Objekt, das durch BZE-Ökoplan betreut wird, entsteht ein Laborgebäude mit einer Nutzfläche von rund 5.000 m². Durch die Nutzung entstehen ganzjährig hohe Kühllasten. Im Winter ergeben sich hohe Heizlasten, durch den vorgegebenen Frischluftbedarf, da die Luft aufgeheizt werden muss. Herzstück des Energiemanagements ist ein 1.000 m³ großer Eisspeicher. Das Gebäude benötigt keine Solaranlage. Es hat ganzjährig zu viel Energie. Nun wird mittels einer Elektrowärmepumpen-Anlage während der Heizphase im Winter, die Kälte (Eis) erzeugt, um im Sommer das Gebäude 100 % regenerativ und vor allem ausfallsicher zu kühlen. Dadurch werden jährlich 60 % Primärenergie und damit auch Energiekosten gespart, im Vergleich zu einem üblichen Referenzneubau. Auf konventionelle Kompressionskälte wird komplett verzichtet. Die Energie wird dem Gebäude mittels Flächentemperierung zugeführt. Die Lüftungsanlage dient nur noch der Frischluftversorgung und nicht mehr der Klimatisierung. Dadurch wird die Behaglichkeit noch zusätzlich deutlich erhöht.

Energiespeicher für Windkraft und BHKW
Auf Grundlage des vorgestellten Systems können auch Wohngebäude so gestaltet werden, dass diese ganzjährig behaglich und mit geringem Primärenergiebedarf bewirtschaftet werden können. Ein weiterer Aspekt der Nutzung des Solareis-Systems liegt in der Möglichkeit, in Kooperation mit Energieversorgern die Eisspeicher für zusätzliche Einträge aus Windkraft- oder BHKW-Anlagen zur Verfügung zu stellen. Hierdurch können die Laufzeiten dieser externen Anlagen deutlich erhöht werden. Gleichzeitig werden Wärmepumpen, die Wärme aus dem Solareis-System entziehen, effizienter, da die Quelltemperatur des Speichers durch die externe Einspeisung höher liegt. Die Stromaufnahme der Wärmepumpe reduziert sich in gleichem Maß, wie vorher Energie in den Speicher eingebracht wurde. Auf diesem Weg kann Strom durch Umwandlung in Wärme, phasenverschoben und fast verlustfrei gespeichert werden. Auch hierzu ist BZE-Ökoplan bereits mit EVU und anderen Betreibern von Versorgungsanlagen im Gespräch.

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Fazit
Kein Zweifel: Die Kombination von Kühl- und Heizanwendungen mithilfe eines umweltfreundlichen Latentwärmespeichers wie dem „Solareis“-System ist auf dem Weg zur etablierten Technik. Hier verbinden sich Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit auf effiziente Weise.

Autor:
Dipl.-Ing. Bernd Schwarzfeld
Ökoplan Büro für zeitgemäße Energieanwendung

Weiterführende Links:
http://www.vermieter-ratgeber.de/im-fokus/gefrierendes-wasser-mac...

Redaktion (allg.)

Pixabay/ Mohamed_hassan

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