Neues Konzept: Assistenz-Technik über Energieeinsparung finanzieren
Entwickelt hat den Plan eine Forschergruppe der Westsächsischen Hochschule in Zwickau (WHZ) unter der Leitung von Professor Dr. Tobias Teich. Das Ziel: Ältere Menschen so zu unterstützen, dass sie möglichst lange in den eigenen Wänden wohnen können.
Die Forscher sind der Ansicht, dass die effizienteste Möglichkeit zur Senkung der Heizkosten nicht etwa in moderner Heiztechnik oder zusätzlicher Dämmung liegt, sondern in einer intelligenten Heizungssteuerung mit Einzelraumregelung.
Gemeinsam mit der Westsächsischen Wohn- und Baugenossenschaft eG Zwickau (WEWOBAU) wird die Idee realisiert. Die Motivation der WEWOBAU wird schnell klar, wenn man den Altersschnitt ihrer Mieter betrachtet. Dieser liegt bei 65 Jahren – die Genossenschaft kann also gut als Modell dafür dienen, was vielen Wohnungsunternehmen in Deutschland noch bevorsteht.
Den ersten Teil des Plans hat die WEWOBAU bereits erfolgreich realisiert: Mehr als 200 Wohnungen sind bereits mit modernen Einzelraumregelungen ausgestattet. Der Primärenergieverbrauch dieser Wohnungen hat sich durchschnittlich um mehr als 20 Prozent verringert. Dieser beeindruckende Wert entsteht nicht in erster Linie durch komplexe und teure Technik, sondern dadurch, dass man bekanntes Wissen zur Heizungssteuerung konsequent und automatisiert umsetzt.
Ähnlich wie beim Autofahren, lässt sich beim Heizen sehr viel Energie sparen, wenn man auf rasantes „Beschleunigen“ und „Vollbremsungen“ verzichtet. Die Forscher der WHZ haben ein System entwickelt, in dem der Nutzer lediglich die gewünschte Raumtemperatur vorgibt und eine „Intelligente IT-Infrastruktur (IITI)“ diese Temperatur möglichst sparsam realisiert.
Modell "Intelligentes Heizen"
Die BRUNATA-METRONA-Gruppe übernimmt für die IITI die Realisierung drahtloser, funkgestützter Kommunikationslösungen für Temperaturmessung, Energieabgabe, Heizungssteuerung, Lüftung und Interaktion des Wohnungsnutzers mit der IITI. Hierbei wird die klassische Geräteausstattung, die heute ausschließlich zur Heizkostenverteilung dient, mit zusätzlichen Funktionalitäten versehen, ohne wesentliche Kostensteigerungen zu verursachen.
Die IITI garantiert allen Wohnungsnutzern eine einheitliche technische Grundausstattung ihrer Wohnung. Diese Grundausstattung ist in der Lage, die unüberschaubare Vielfalt digitaler Angebote des Marktes sinnvoll und variabel auf die individuellen Bedürfnisse jedes Bewohners zuzuschneiden, sodass sie von ihm flexibel in Anspruch genommen oder wahlweise auch ignoriert werden kann.
Die WEWOBAU nutzt die IITI neben der starken Senkung der Heizkosten zur Unterstützung einer altersgerecht angepassten Wohnkultur. In Kooperation mit der WHZ hat die Wohngenossenschaft eine Ambient-Assisted-Living (AAL) Musterwohnung aufgebaut. Darunter versteht man die Ausstattung mit Assistenzsystemen zur technischen Unterstützung im Alter für ein selbstbestimmtes Leben.
Ausblick
Für das Smart-Home-Projekt hat der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen der Westsächsischen Wohn- und Baugenossenschaft Zwickau den „Genossenschaftspreis Wohnen 2015“ verliehen. Ein Kriterium dieser Auszeichnung ist die Finanzierbarkeit. Wichtig bei Innovationen, die möglichst vielen Menschen zugutekommen sollen, ist es, die Kosten nicht aus den Augen zu verlieren. Die Hochschule und BRUNATA-METRONA sind zuversichtlich, die Investition für die IITI-Grundausstattung auf 1 – 2 Prozent der Neubaukosten einer Mietwohnung reduzieren zu können, sodass IITIs auch für den allgemeinen Mietsektor und sozialen Wohnungsbau infrage kommen. Die Soft- und Hardwarekonzepte der IITI stützen sich weitgehend auf Open-Source-Produkte wie LINUX als Betriebssystem und OSGi als allgemeinzugängliche und standardisierte Plattformen. Die Rechte für die IITI-Konzeption liegen zudem weitgehend im öffentlich-rechtlichen Sektor, sodass unabhängige und offen unterstützte Weiterentwicklungen möglich sind.
► Wann beginnt das Smart-Home-Zeialter?
► SPECIAL Altersgerechtes Wohnen und Assistenzsysteme. In der Fachzeitschrift IVV immobilien vermieten & verwalten, Ausgabe 6/2016
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