Schönheitsreparaturen contra Miete erhöhen

Da schreiben Vereinsobere vom Blick auf die Geschichte der Schönheitsreparaturen wie von einer längst vergangenen Zeit. Motto: Es war ja alles ganz anders, keiner wusste, wie wer was renovieren sollte. Dabei war die Regel früher glasklar: Der Vermieter renoviert. Dann - vor 50 Jahren - tauchte sie zuerst auf, die Klausel, um die sich derzeit alles dreht:
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„Der Vermieter/Mieter übernimmt die Schönheitsreparaturen.“
Nun war „Nichtzutreffendes“ zu streichen, und Vermieter strichen sich aus der Klausel. Übrig blieb zunächst: Die Schönheitsreparaturen waren wirksam auf den Mieter übertragen.
Doch es ging weiter: Was sollte der Mieter denn erledigen, und in welcher Frist? Die Vermieter wollten viel und bekamen Fristen, Streichen von Wänden und Decken, Türen (innen) und Heizkörpern, Fenstern (innen) und Fußböden.
Heute kosten diese Arbeiten in einer 70-Quadratmeter-Wohnung, übernommen vom fachgerecht arbeitenden Maler, schnell mal drei- oder viertausend Euro - wenn nämlich auch Wände verspachtelt und Türen zuvor abgeschliffen werden müssen, um überhaupt fachgerecht streichen zu können. Beteiligt sich aber der Vermieter an solchen, im Vergleich zu früher, hohen und überzogenen Kosten, die den normal verdienenden Mieter überfordern? Nicht unbedingt, verpflichtet ist er nicht. Mieter müssen ihm schon Substanzschäden an Wänden und Türen nachweisen, damit sie nicht alles bezahlen müssen. Und die neuerdings mögliche steuerliche Absetzbarkeit der 20 % von den Lohnkosten des Malers - bis maximal 600 Euro - „rettet den Feind“ oft auch nicht. Guter Rat ist sprichwörtlich teuer, oft zu teuer, geworden.

So trifft es sich doch gut, wenn Klauseln in den Mietverträgen im Punkt Schönheitsreparaturen sowieso nichtig sind. Und das ist nach allen Entscheidungen des BGH aus den letzten Jahren inzwischen fast immer der Fall. Zuletzt kippten auch noch Quotenklauseln mit starren Fristen und das praktische „Ausführungsdiktat“ der Schönheitsreparaturen in den Mietverträgen von Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften.

Jetzt aber wacht die Vermieterseite auf. Sie fordert einen Ausgleich, eine höhere Miete, wenn sie schon auf den Kosten für Schönheitsreparaturen sitzen bleibt. Rechnen wir kurz, was sie sich da vorstellt. Von Zuschlägen bis 0,80 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche ist die Rede. Wer eine 70-qm-Wohnung als Mieter bewohnt, soll also summa summarum im Monat fast 60 Euro mehr bezahlen. Das sind 720 Euro im Jahr und 7.200 Euro in zehn Jahren. Ein schönes Geschäft wiederum, wenn die erwähnten Kosten für eine Schönheitsreparatur dieser Wohnung so hoch sind - meist wird der Vermieter aber billiger renovieren lassen. Ein noch besseres Geschäft, und das sollte nicht verschwiegen werden.
Also versenden die ersten Wohnungsgesellschaften wie die Berliner GSW an ihre Mieter kurzerhand Ergänzungen zu den bisherigen Mietverträgen mit dem einfachen Passus „Der Mieter trägt die Schönheitsreparaturen“. Wer das nicht unterschreibt, soll dann die Mieterhöhung bekommen.Rechtsgrundlagen
Wie aber ist die Rechtslage nun aktuell wirklich? Können Vermieter überhaupt solche Forderungen wirksam aufmachen? Der BGH selbst beschäftigt sich zurzeit in einem Grundsatzverfahren mit diesem Problem. Und dort heißt es: Ob Vermieter Zuschläge zur Miete bei unwirksamer Renovierungsklausel verlangen dürfen, sei „die umstrittenste Frage des Wohnraum-Mietrechts“. Diese Frage soll mit der Urteilsverkündung am 16. Juli 2008 endgültig entschieden sein, hoffen die Beteiligten, hoffen Mieter und Vermieter.
Bis dahin gilt aber, was zuvor bereits entschieden worden ist:
Erst einmal wäre das Vorgehen der GSW nicht rechtswirksam, wenn auch die Mieterhöhung den Mietern wieder nur per Post ins Haus flatterte, die eine neue Klausel nicht unterschreiben. Denn nach einem Urteil des Landesgerichts Düsseldorf hat der Vermieter nachweislich dem Mieter Vertragsverhandlungen anzubieten, um Schönheitsreparaturen wirksam zu vereinbaren. Erst danach kann er einen Zuschlag verlangen. Einfach Schreiben schicken? Zu dürftig für Verhandeln vor Mieten erhöhen.
LG Düsseldorf
21 S 288/05

Wenn die Vertragsverhandlungen zur neuen Klausel ergebnislos bleiben, kann möglicherweise die Mieterhöhung gefordert werden, obwohl auch das rechtlich noch umstritten bleibt. Aber wie hoch?
Auch hierzu gibt es schon Urteile. Gerichte wie das Oberlandesgericht Frankfurt/Main befanden, dass es nur möglich sei, einen Zuschlag in Höhe der Eigenleistungen des Mieters zu erheben, der deutlich unter den Kostensätzen der II. Berechnungsverordnung liegt, eben jenen 80 Cent, auf die Haus & Grund hinaus will - eigentlich liegen sie auch nur bei 0,74 Euro pro qm Wohnfläche. Diese Eigenleistungen - denn es steht ja nach wie vor dem Mieter frei, selbst zu renovieren und nicht den Maler zu beauftragen - werden mit nur 0,20 bis 0,25 Euro pro qm veranschlagt. Das wären bei einer 70-qm-Wohnung, ausgegangen von 0,20 Euro, nur 14 Euro monatlich mehr. Im Jahr sind es 168 Euro und in zehn Jahren 1.680 Euro. Das liest sich für Mieter schon anders und ist bei den hohen Malerkosten überlegenswert - wenn man nicht selbst renovieren will oder kann.
OLG Frankfurt/Main
2 U 200/07
LG Düsseldorf
21 S 375/05
Andere Auffassung - 0,74 Euro/qm:
OLG Karlsruhe
7 U 186/06

Da ist es hanebüchen, wenn Haus & Grund ständig behauptet, dass bei diesem „ungeheuren Konfliktstoff“ die Politik schon längst hätte eingreifen müssen. Besser stünden verwendungsfähige Klauseln in den Haus-und-Grund-Mietverträgen, die ja immer noch vereinbart werden könnten.

Variante 1 - die einfachste:
„Der Mieter übernimmt die Schönheitsreparaturen.“
Das gilt wie eh und je. Das Problem hatte eben die Vermieterseite, die nun unbedingt alles haarklein aufschreiben wollte, was der Mieter so zu tun habe. Dabei gilt in jedem Fall die aktuelle Rechtsprechung, auch was den Umfang und die Fristen für die zu erledigenden Arbeiten betrifft. Das muss nicht extra im Vertrag stehen, und das sollte es eben auch nicht. Ändert sich nämlich die Rechtsprechung, so wie in den letzten Jahren geschehen, bleibt nun mal eine Klausel nicht „teilwirksam“, sondern sie wird - AGB-gerecht, auch das ist anerkannte Verbraucher-Politik - insgesamt zum Nachteil des Verwenders unwirksam. Folge der Detailregelung: Der Vermieter renoviert, die Klausel ist nichtig - der Mieter renoviert nichts.
Wer übrigens jetzt meint, dann sollte der Mieter bitteschön mehr zahlen, weil doch der Vermieter in seiner Miete alles so prima mit Schönheitsreparaturen exklusive kalkuliert hätte, dem dürfte der BGH in seinem kommenden Urteil auch einiges zu sagen haben. Zu denken sei nur an „überraschendes Verwenden“ von Klauseln, also Auslegungen, mit denen der Mieter zum Vertragsabschluss nicht rechnen konnte. Diese Argumentation spricht gegen die Mieterhöhungs-Variante.

Unpünktliche Zahlung kann das Geschäftsraummietverhältnis stören. Zahlt sich der Mieter unpünktlich, kann der Vermieter eine Abmahnung aussprechen. Eine solche Abmahnung ist die Vorstufe für weitergehende Maßnahmen, wie eine Kündigung des Mietverhältnisses. Dieses...

Variante 2 - nach wie vor sicher:
Wenn die Schönheitsreparaturen schon genau beschrieben sein sollen, dann bitte wenigstens ergänzt um „in der Regel“, „im allgemeinen“ - Formeln, die unsere Redaktion seit Jahren nutzt. Auch die Quotenklausel ist - so relativiert - weiter durchaus gültig. Und das wird nach wie vor vom BGH nicht bestritten. Es geht ausschließlich um starre Fristen, weil sie dem Mieter keine Gelegenheit zum Nachweis lassen, dass er die Wohnung weniger als üblich abgenutzt hat und deshalb noch gar nicht zu renovieren braucht, obwohl Fristen verstrichen sind. Dass hier im Ernstfall Sachverständige ins Spiel kommen, etwa wenn der Mieter auszieht, ist nichts Neues - das war längst klare Rechtsauffassung.

Fazit
Auch von der Entscheidung im Juli sollten Vermieter keine Wunder erwarten. Besser sind nach wie vor klar verständliche, faire Regelungen im Mietvertrag. Wer aber eine Seite übervorteilen will, hat eben keine Chance. Heißt: Wer eine - richtige - Fristenklausel, wie von Haus & Grund immer noch behauptet, mit einer „sinnvollen“ Endrenovierungsklausel „Bei Aufgabe der Wohnung ist diese in renoviertem Zustand zurückzugeben“ koppelt, landet mit seiner Überregulierungs-Wut auf dem Allerwertesten.
Ist so viel Dummheit wirklich zu bedauern? Und bekämpft nicht eben jene Organisation die Bürokratie in Behörden - aber in den eigenen Verträgen formuliert sie bürokratischer, und damit fehleranfälliger, als jeder Buchhalter? Erfolglos, und das wird der BGH bald wieder einmal festschreiben.

Redaktion (allg.)

Pixabay/ Mohamed_hassan

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