Wohnraummietrecht: Schönheitsreparaturen des Mieters

Streitigkeiten über Schönheitsreparaturen beschäftigen den Vermieter spätestens bei Mietende. Dass der Vermieter bei Ende des Mietverhältnisses Ansprüche wegen Schönheitsreparaturen stellen kann, setzt stets voraus, dass er diese wirksam auf den Mieter übertragen hat.

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Hier ist dem Vermieter zu empfehlen, zunächst den eigenen Mietvertrag zu überprüfen. Die formularmäßige Übertragung der Anfangsrenovierung oder der Endrenovierung bzw. eine Kombination zwischen laufenden Renovierungen und den vorgenannten Anfangs- oder Endrenovierungen sind unwirksam (1). In diesem Zusammenhang sei lediglich auf zwei neuere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) aufmerksam gemacht.
Der BGH hat mit Urteil vom 23.06.2004 (Az: VIII ZR 361/03) Schönheitsreparaturklausel mit starrem Fristenplan (Fälligkeit „spätestens“ statt „im Allgemeinen“) wegen unangemessener Benachteiligung des Wohnraummieters gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB für  unwirksam erklärt, weil sie dem Mieter vom tatsächlichen Renovierungsbedarf unabhängige Pflichten aufbürden. Hat der Vermieter den Fristenplan gelockert, in dem er sich bei fehlendem Renovierungsbedarf zur Fristverlängerung verpflichtet („Lässt in besonderen Ausnahmefällen der Zustand der Mietsache eine Verlängerung der Fristen zu ....“), liegt gem. dem Urteil des BGH vom 20.10.2004 (Az: VIII ZR 378/03) keine unangemessene Benachteiligung des Mieters vor. Dies gilt auch dann, wenn die Verlängerung in das billige Ermessen des Vermieters gestellt wird; denn dieses Ermessen reduziert sich auf Null, wenn der Zustand der Räume eine Renovierung nicht erfordert, vgl. BGH Urteil vom 16.02.2005, Az: VIII ZR 48/04.

Wer renoviert?
Sofern die Parteien für die Ausführung der Schönheitsreparaturen einen wirksamen Fristenplan vereinbart haben, muss der Mieter bei Ende des Mietverhältnisses die Schönheitsreparaturen ausführen, deren Renovierungsfristen seit der letzten Vornahme der Arbeiten abgelaufen sind. Da die entsprechenden Klauseln in der Regel unterschiedliche Fristen für die einzelnen Räume haben (üblicherweise 3, 5 und 7 Jahre), beschränkt sich der Anspruch auf diejenigen Räume, deren Fristen bereits abgelaufen sind. Für die anderen Räume kommt bei entsprechender mietvertraglicher Vereinbarung eine zeitanteilige Abgeltung der Renovierungskosten in Betracht.
Unbenommen ist dem Mieter, dass im konkreten Einzelfall eingewandt wird, dass noch kein Renovierungsbedarf besteht (z.B. aufgrund Verwendung besonders hochwertiger Materialien bzw. aufgrund schonender Nutzung). Dies ist die Folge der jüngeren Rechtssprechung des BGH, die starre Fristenpläne verbietet.

Beispiel
Im Mietvertrag ist ein Fristenplan vereinbart, der Schönheitsreparaturen je nach Raum nach 3, 5 und 7 Jahren vorsieht. Der Mieter kommt stets fristgemäß diesen Schönheitsreparaturen nach. Endet das Mietverhältnis nach 5 Jahren, so schuldet der Mieter nur die Ausführung der Schönheitsreparaturen für die Räume, die in die 5-Jahresfrist fallen. Die 7-Jahresfrist ist noch nicht abgelaufen und die 3-Jahresfrist seit der letzten Renovierung im dritten Mietjahr ist noch nicht wieder abgelaufen.
Sofern das Mietverhältnis nach 8 Jahren endet, schuldet der Mieter keine Ausführung der Schönheitsreparaturen. Alle drei Fristen sind seit der letzten Renovierung in den Mietjahren 5, 6 und 7 noch nicht wieder abgelaufen.

Hinsichtlich der Qualität der Ausführung der Schönheitsreparaturen bei Beendigung des Mietverhältnisses ist anzumerken, dass diese für einen möglichst großen Interessentenkreis akzeptabel sein müssen. Bei der farblichen Gestaltung hat der Mieter helle und dezente Anstriche oder Tapeten zu verwenden. Zwar kann der Mieter nicht zur Ausführung der Arbeiten durch einen Fachhandwerker verpflichtet werden, der Mieter schuldet aber eine fachmännische Ausführung. Nicht ordnungsgemäß sind Schönheitsreparaturen, wenn Anstriche ungleichmäßig, wolkig, verschlämmt oder Laufnasen aufweisen. Die über gewöhnliche Malerarbeiten hinausgehende Beseitigung von „Untergrundschäden“ an Holz, Putz oder Mauerwerk gehört nicht zu den Schönheitsreparaturen (BGH RE v. 06.07.1988 – VIII ARZ 1/88). Auch die Erneuerung eines verschlissenen Teppichbodens unterfällt nicht diesem Begriff.

Ausgeschlossen ist der Anspruch auf Schönheitsreparaturen im Einzelfall gem. § 242 BGB (Treu und Glauben) wenn diese nach Beendigung sofort wieder zerstört würden (2). Im Wege einer Ergänzung der Vertragsauslegung gem. § 157 BGB kann dem Vermieter ein Ausgleich in Geld zustehen, weil die Schönheitsreparaturen Teil des Mietentgeltes sind, der Vermieter seine Gegenleistung erbracht hat (siehe BGH RE v. 30.10.1984 – VIII ARZ 1/84).  

Abgeltung
Sofern das Mietverhältnis vor Ablauf der im Fristenplan vorgesehenen Zeiten beendet ist, schulden die jeweiligen Mieter keine Vornahmen der Schönheitsreparaturen, solange keine entsprechende Kostenbeteiligungsklausel (Quotenklausel) vereinbart wurde (3).

Beispiel
Liegen die letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit länger als 1 Jahr zurück, so trägt der Mieter 20 % der Kosten, liegen sie länger als 2 Jahre zurück 40 %, länger als 3 Jahre 60 %, länger als 4 Jahre 80 %.

Als Berechnungsgrundlage wird in den einschlägigen Formularklauseln meist Bezug genommen auf einen Kostenvoranschlag eines vom Vermieter ausgewählten Malerfachgeschäftes. Dem Mieter bleibt es unbenommen, die Richtigkeit und Angemessenheit des Kostenvoranschlages zu bestreiten. Auf die Unverbindlichkeit muss im Mietvertrag nicht ausdrücklich hingewiesen werden (4).
Der Mieter kann diese Beteiligung abwenden, sofern er bei Beendigung des Mietverhältnisses die noch nicht fälligen Schönheitsreparaturen im Wege der Eigenleistung erbringt. Durch die Vereinbarung einer Kostenbeteiligungsklausel erreicht der Vermieter indirekt, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen erbringt, da diese im Wege der Eigenleistung kostensparender erledigt werden können.
Hat der Vermieter eine Abgeltungsklausel versäumt bzw. ist die formularmäßig vereinbarte Schönheitsreparaturklausel unwirksam, scheidet eine Kostenbeteiligung des Mieters aus.

Nichterfüllung
Verweigert der Mieter die Schönheitsreparaturen nach Beendigung des Mietverhältnisses, ist er gem.§§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 Satz 2 BGB zum Schadensersatz statt der Leistung verpflichtet. Der Vermieter hat dem Mieter eine angemessene Nachfrist zur Durchführung der Schönheitsreparaturen zu setzen, sofern nicht die Fristsetzung im Einzelfall wegen endgültiger ernsthafter Erfüllungsverweigerung entbehrlich ist. Dem Vermieter kann nur empfohlen werden, vorsorglich beweisbar eine Frist zu setzen, da die Ausnahmetatbestände häufig seitens der Gerichte sehr eng ausgelegt werden bzw. im Streitfall nicht beweisbar sind (5).
Die früher noch notwendige zusätzlich erforderliche Ablehnungsandrohung ist seit der Schuldrechtsreform vom 01.01.2002 gem. § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB entfallen. Der Vermieter sollte aber seinen Mietvertrag überprüfen, da insbesondere bei älteren Mietverträgen noch derartige Vereinbarungen mit Ablehnungsandrohung existieren können. Es ist deshalb ratsam, eine Ablehnung und Durchführung durch Dritte anzudrohen.
Da es sich dabei um einen Schadensersatzanspruch handelt, ist bei der Schadensberechnung zu beachten, dass aufgrund des am 01.08.2002 in Kraft getretenen zweiten Gesetzes zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften, die Umsatzsteuer entsprechend § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB nur als Schadensposition geltend gemacht werden kann, soweit sie tatsächlich angefallen ist. Die früher noch mögliche Abrechnung der fiktiven Umsatzsteuer bei Selbstbeseitigung des Schadens ist damit unzulässig. Dieser Schadensersatzanspruch sollte nicht verwechselt werden mit dem Anspruch aus der Kostenbeteiligungsklausel, bei dem es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch sondern um einen Erfüllungsanspruch handelt. Bei diesen kann die Umsatzsteuer berücksichtigt werden.

Schlechterfüllung
Sofern der Mieter die geschuldeten Schönheitsreparaturen unzureichend ausführt, so ist er dem Vermieter gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB zum Schadensersatz wegen Verletzung der Schönheitsreparaturpflicht verpflichtet. Auch ist formelle Voraussetzung grundsätzlich, dass der Vermieter dem Mieter beweisbar eine angemessene Nachfrist zur ordnungsgemäßen Durchführung der Schönheitsreparaturen gesetzt hat. Im Ausnahmefall kann dies entbehrlich sein, wobei auch hier die gleichen Probleme wie bei der Nichterfüllung der Schönheitsreparaturen hinsichtlich der Ausnahmetatbestände gelten. Sicherheitshalber empfiehlt es sich für den Vermieter den Weg über die Nachfristsetzung zu gehen.
Hinsichtlich der Schadensberechnung gilt das gleiche wie bei der Nichterfüllung der Schönheitsreparaturen. Die Umsatzsteuer kann nur angesetzt werden, sofern diese tatsächlich angefallen ist.

Verhaltensregeln
Dem Vermieter ist grundsätzlich zu empfehlen, frühzeitig vor Mietvertragsende mit dem Mieter Kontakt aufzunehmen, um evtl. eine Vorbesichtigung vorzunehmen. Hierbei können evtl. auftretende Probleme frühzeitig abgeklärt werden, so dass es später nicht zu Verzögerungen kommt. Es droht sonst dem Mieter wegen Mietausfall bei einer an sich möglichen nahtlosen Weitervermietung an Nachmieter ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Verzugs mit der Renovierungspflicht aus §§ 280, 286 Abs. 1 BGB. Hierauf sollte der Mieter in seinem eigenen Interesse aufmerksam gemacht werden.
Bei Beendigung des Mietverhältnisses kommt dem Rückgabeprotokoll entscheidende Bedeutung zu. Das Rückgabeprotokoll bezweckt vor allem, den Zustand der Mietsache im Zeitpunkt der Rückgabe einvernehmlich festzuhalten. Eine Pflicht des Mieters beim Erstellen mitzuwirken, besteht allerdings nicht. Selbst wenn der Mieter hierzu nicht bereit ist, sollte ein entsprechendes Rückgabeprotokoll unter Mitnahme von Zeugen gefertigt werden. Bestätigt der Mieter das Vorhandensein bestimmter Mängel der Mietsache im Rückgabeprotokoll, so liegt darin ein sogenanntes deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Die festgehaltenen Tatsachen kann der Mieter später nicht mehr bestreiten, er kann aber noch behaupten, dass die Mängel bereits bei Mietbeginn vorhanden waren oder von ihm nicht zu vertreten sind. Nicht protokollierte Mängel sind von der Geltendmachung durch den Vermieter ausgeschlossen. Es wird seitens der Rechtssprechung ein sogenanntes negatives Schuldanerkenntnis des Vermieters angenommen. Aufgrund der Ausschlusswirkung des Rückgabeprotokolls ist beim Überprüfen der Mietsache und Erstellen des Protokolls größte Sorgfalt für den Vermieter geboten. Hilfreich für den Vermieter ist es zur Vorbereitung des Termins Zeugen, einen Fotoapparat und Belege über Renovierungskosten mitzubringen. Im Rückgabetermin sollte der Vermieter den Mieter möglichst frühzeitig fragen, wann er zuletzt gestrichen hat und in welchen Räumen. So ist eher mit einer wahrheitsgemäßen Antwort zu rechnen.
Im Rückgabeprotokoll sollten unbedingt pauschale Feststellungen vermieden werden. Nicht aussagekräftige Bewertungen (z.B. „verwohnt“, „verblasst“, usw.) sind zu vermeiden. Entscheidend sind allein Tatsachenbeschreibungen. Dies bedeutet, der Vermieter muss Art und Ausmaß der Mängel detailliert feststellen.

Beispiel
Küche: Farbe weiß, vergilbt, rechts neben der Küchentür zum Flur befindet sich ein dunkelgrauer Fleck mit einem Durchmesser von ca. 30 cm. Der alte Anstrich ist nicht deckend überstrichen.
Wohnzimmer: Links neben der Tür befinden sich drei Laufnasen mit einer Länge von jeweils ca. 4 cm. 

Ist der Mieter nicht zum Unterzeichnen eines Rückgabeprotokolls bereit, sind die wesentlichen Mängel durch Fotos festzuhalten und das Protokoll durch mitgebrachte Zeugen zu unterzeichnen, um die Richtigkeit der getroffenen Feststellungen zu bestätigen.
Sofern beim Rückgabetermin entsprechende Vereinbarungen getroffen werden, beispielsweise eine pauschale Abgeltung der Schönheitsreparaturen, sollte dies sofort schriftlich vor Ort in das Rückgabeprotokoll aufgenommen werden und von allen Parteien unterzeichnet werden.
Ist keine Einigung möglich, sollte beweisbar eine Fristsetzung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen erfolgen. Hierbei sind im Einzelnen konkret die vorzunehmenden Arbeiten je Raum aufzuführen. Nach Aufzählung der einzelnen vorzunehmenden Schönheitsreparaturen ist der Mieter aufzufordern, die aufgeführten Arbeiten innerhalb einer bestimmten Frist auszuführen oder durch geeignete Fachkräfte ausführen zu lassen. Im Schreiben können die Modalitäten für die Abholung des Schlüssels geregelt werden. Ergänzend sollte die Geltendmachung eines weiteren Schadens, insbesondere des durch die zögerliche Abwicklung der Schönheitsreparatur bedingten Mietausfalls, vorbehalten werden (6).

Wenn der Mieter das Mietverhältnis kündigt, bittet er oft um Bestätigung der Kündigung. Auch der Vermieter sollte ein Interesse daran haben, die Mieterkündigung zu bestätigen. Dieses Schreiben bietet ihm die Gelegenheit nicht nur den Beendigungszeitpunkt aus Sicht...

(1) vgl. eingehend zur Vertragsgestaltung, einschließlich Beispielen und Mustern: Andreas Stangl, Intensivkurs Mietrecht für Vermieter, HUSS-Medien 2005, Seiten 48 ff.

(2) siehe dazu Andreas Stangl, Intensivkurs Mietrecht für Vermieter, 213

(3) siehe dazu näher Andreas Stangl, Intensivkurs Mietrecht für Vermieter, 51 f.

(4) siehe BGH NJW 1988, 2790; Andreas Stangl, Intensivkurs Mietrecht für Vermieter, 52

(5) Andreas Stangl, Intensivkurs Mietrecht für Vermieter, 213 f.

(6) vgl. Andreas Stangl, Intensivkurs Mietrecht für Vermieter, 214 f. sowie Muster 20 Fristsetzung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen

Redaktion (allg.)

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