Klagende Mieter berufen sich erfolgreich auf Mietpreisbremse

Vor einem Berliner Amtsgericht haben Mieter unter Hinweis auf die Mietpreisbremse eine Senkung der Mietzahlung und eine Rückerstattung zu viel bezahlter Miete erstritten. Die Vermieterin unterlag im Rechtsstreit.

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FOTO: M.EISINGER
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Am 1. Juni 2015 ist das Gesetz zur Mietpreisbremse bei der Neu- bzw. Wiedervermietung von Wohnungen in Kraft getreten. Daraus ergibt sich, dass Ver­mieter die Miete in vorher ausgewiesenen Gebieten nur noch auf die ortsübliche Ver­gleichsmiete zuzüglich 10 Prozent erhöhen dürfen. Im hier vorliegenden aktuellen Fall wurde eine Berliner Vermieterin dazu verurteilt, die zu viel gezahlte Miete an ihre Mieter zurückzuzahlen.

Ein Paar schloss im Oktober 2015 einen Mietvertrag über eine knapp 74 m² große Wohnung in Berlin-Lichtenberg. Sie liegt in einem gem. § 556d Abs. 2 BGB bestimm­ten Gebiet, sodass § 556d Abs. 1 BGB An­wendung findet. Das bedeutet, dass der Berliner Mietspiegel 2015 gilt und die Woh­nung aufgrund ihrer Lage, des Baujahrs des Hauses, der Größe der Wohnung und Aus­stattung hinsichtlich Heizung und Bad/WC in das Mietspiegelfeld H2 einzuordnen ist. Als Nettokaltmiete wurden 562,02 Euro – also 7,60 Euro/m² – vereinbart.

Mit Schreiben vom Oktober 2015 rügten die späteren Kläger gegenüber ihrer Vermie­terin, dass die Wohnungsmiete pro Monat mit 32,47 Euro über der zulässigen Miete liege. Dazu führten sie aus, dass sich bei der Berechnung der Miete anhand des Ber­liner Mietspiegels 2015 eine ortsübliche Vergleichsmiete von 6,51 Euro/m² ergebe. Addiere man dann noch die nach dieser Re­gelung mögliche Erhöhung der Miete um 10 Prozent hinzu, ergebe sich eine Miet­höhe von 7,16 Euro/m², also insgesamt 529,55 Euro. Aus diesem Grund verlangten die späteren Kläger die Rückzahlung der zu viel gezahlten Miete.

Die Vermieterin wies das Rückzahlungsverlangen jedoch mit Schreiben vom 24. No­vember 2015 mit der Begründung zurück, dass die Höhe der Wohnungsmiete auf­grund des Vorliegens eines Sondermerk­mals, nämlich „modernes Bad“, sehr wohl zulässig sei. Das Paar erklärte in einem weiteren Schreiben vom 29. Januar 2016, dass die Berechnung anhand der im Inter­net verfügbaren Onlineabfrage zum Berliner Mietspiegel vorgenommen und dabei auch der Zuschlag für das Sondermerkmal be­rücksichtigt worden sei.

Nachdem die Vermieterin damit nicht ein­verstanden war, reichte das Paar schließ­lich Klage beim zuständigen Amtsgericht Berlin-Lichtenberg ein und bekam Recht. Die Richter stellten in ihrem Urteil fest, dass die Kläger einen Anspruch auf Erstat­tung zu viel gezahlter Miete in Höhe von 227,29 Euro für die Monate November 2015 bis einschließlich Mai 2016 haben.

Zunächst stellten die Richter fest, dass die ganze Stadt Berlin durch die Regelung des § 1 Mietbegrenzungsverordnung zum 1. Juni 2015 als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt gilt und somit auch die be­treffende Wohnung. In diesem Gebiet ist die ortsübliche Vergleichsmiete anhand des Berliner Mietspiegels 2015 zu bestimmen. Im vorliegenden Fall durfte das Gericht die Berechnung anhand des einfachen Miet­spiegels nach § 558c Abs. 1 BGB vorneh­men, auch wenn dieser nicht die Vorausset­zungen eines qualifizierten Mietspiegels gem. § 558d BGB erfüllt.

Berechnung der korrekten Miete

Die maximal zulässige Höchstmiete haben die Richter anhand der unter Ziff. 11.3 der Orientierungshilfe des Mietspiegels angege­benen „Anleitung zur Ermittlung der ortsüb­lichen Vergleichsmiete und zur Spannenein­ordnung“ berechnet.

Ausgangsbetrag ist das für die Wohnung geltende Mietspiegelfeld H2. Der Spannen­unterwert beträgt hier 4,88 Euro, der Mittel­wert dagegen 5,66 Euro und der Oberwert 6,51 Euro.

In Schritt 1 wird der Wert des Sonder­merkmals von 0,40 Euro zum Mittelwert von 5,66 Euro addiert, was einen Wert von 6,06 Euro ergibt.

In Schritt 2 wird der unstreitige Zuschlag von plus 100 Prozent aus der Differenz zwischen Oberwert und Mittelwert, hier 0,85 Euro, berechnet.

In Schritt 3 wird dieser Betrag dann dem Wert von Schritt 1 hinzugerechnet, 0,85 Euro + 5,66 Euro = 6,91 Euro. Da diese Summe jedoch über dem im Mietspiegel­feld festgelegten Oberwert von 6,51 Euro liegt, wird dieser Wert auf diesen Span­nenoberwert begrenzt, was die ortsübli­che Vergleichsmiete zum Ergebnis hat.

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) schreibt vor, dass zu Prozessen, bei denen personenbezogene Daten verarbeitet werden, der Verantwortliche Verfahrensverzeichnis führen muss. Insbesondere bei einer Prüfung durch die Datenschutzbehörden muss der Verantwortliche...

Nach § 556d Abs. 1 BGB darf die zulässige Höchstmiete 10 Prozent über der ortsübli­chen Vergleichsmiete liegen. Im vorliegen­den Fall sind 10 Prozent von 6,51 Euro 0,65 Euro. Also darf die Miete höchstens 6,51 Euro + 0,65 Euro = 7,16 Euro pro Qua­dratmeter betragen und nicht wie vorlie­gend 7,60 Euro.

Für die Wohnungsgröße von knapp 74 Quadratmetern ergibt sich vorliegend eine Höchstmiete von 529,55 Euro, die 32,47 Euro unter der vereinbarten Miete lag.

Die Mieter haben auch die übrigen Voraus­setzungen eines Anspruchs auf Erstattung zu viel gezahlter Miete eingehalten. Sie ha­ben die Überschreitung der zulässigen Miete schriftlich gerügt und die Erstattung erst für einen Zeitpunkt nach Zugang der Rüge bei der Vermieterin verlangt.

Verpflichtung zur Mietrückzahlung
Gemäß § 556g Abs. 1 S. 3 BGB haben die Richter die Vermieterin verurteilt, die zu viel gezahlte Miete an die Mieter zurückzuzah­len. Im vorliegenden Fall sind das für sieben Monate – November 2015 bis Mai 2016 – insgesamt 227,29 Euro, also sieben mal 32,47 Euro. Zukünftig darf die Vermieterin nur noch 529,55 Euro Miete pro Monat ver­langen.

Amtsgericht Berlin-Lichtenberg, Urteil v. 28. 09. 2016, Aktenzeichen: 2 C 202/16

Autorin: Gabriele Weintz, Wirtschaftsjuristin und Redakteurin bei anwalt.de.

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