Mehr verloren als gedacht - irgendwann wird Bunt aus Grau

Wenn es nur ein bisschen kulturelle Gerechtigkeit bei Wahlkämpfen gibt, dann hätte es für Schwarz-Gelb nicht reichen können. Denn Schwarz-Gelb hat keine Emphase, keine emotionale Idee, die wirklich in der Mitte der Gesellschaft angekommen wäre.

Ungefähr Merkel-Westerwelle-(Ver)Schnitt
Ungefähr Merkel-Westerwelle-(Ver)Schnitt
Michael Spreng schreibt etwa über die FDP: “Sie ist faszinierend unmodern. Die FDP tritt an mit demselben Spitzenpersonal, mit demselben Programm und mit denselben Slogans wie vor 10 Jahren. An ihr ist die Finanz- und Wirtschaftskrise fast spurlos vorübergegangen, sie hat kaum etwas daraus gelernt.”
Wie konnte Schwarz-Gelb uns dennoch so überrumpeln – ohne erkennbaren Ansatz von Exzellenz, von kulturell begründeter Hegemonie? Weil Schwarz-Gelb nicht gewonnen, sondern die SPD verloren hat. Dies ist der eigentliche Hintergrund der Bundestagswahl.
Bei der letzten Bundestagswahl 2005 erreichten Union und FDP zusammen 21,2 Mio. Stimmen. Die SPD hatte 16,1 Mio. Stimmen. In diesem Jahr erreichten Union und FDP 21,0 Mio. Stimmen und die SPD 10,0 Mio., wie sich beim Bundeswahlleiter nachlesen lässt. Obwohl also Schwarz-Gelb weniger Stimmen als 2005 erhalten hat, hat das Bündnis diesmal die Wahl gewonnen. Denn im Vergleich zur letzten Wahl fanden rund 4 Mio. Bundesbürger weniger an die Urnen. Die Strategie von Angela Merkel, die Wähler der SPD zu demobilisieren, ist aufgegangen. Und deshalb kam der Sieg für viele auch so überraschend.

Merkel und Westerwelle in der Berliner Runde: Einen "Swing", den man hätte spüren können, hin zum altbügerlichen Lager hat es gar nicht gegeben.
Das große Kennzeichen von Schwarz-Gelb ist das Ungefähre. Ihr Wahlkampf war so aufgebaut. Und auch die Berliner Runde der Spitzenkandidaten zeigte noch einmal sehr plakativ, wie Merkel und Westerwelle sich selbst nach der Wahl nur auf gröbste Richtungsbeschreibungen festlegen wollen. Offenbar sind sich Union und FDP noch nicht sicher, was sie mit der gewonnenen Macht überhaupt anfangen können oder wollen. Das aber wird sich ändern. Und die SPD kann froh darüber sein, dass sie dann in der Opposition lustvoll dagegen sein kann – anstatt als gedemütigter Juniorpartner in der Notlösung große Koalition weiterzuregieren. Ihre Fundamentalkrise ist der Wahlsieg von Schwarz-Gelb.
Ein Verlierer dieser Bundestagswahl, den man nicht übersehen sollte, sind die Grünen: Sie haben am wenigsten vom Frust über die große Koalition profitiert, sie haben am wenigsten hinzugewonnen, sie haben wenig programmatische Akzente zu setzen vermocht und ihr Führungspersonal überzeugte nicht. Dabei sind die Grünen die Partei mit den höchsten Sympathiewerten. Sie haben in der Krise wenig daraus gemacht. Auch die Grünen werden sich neu berappeln müssen.
Netzpolitisch wird sich zeigen, ob die FDP tatsächlich ihre Ankündigung wahr macht, das Zensursula-Gesetz bei Wiedervorlage in zwei Jahren zurückzunehmen. In Sachen Urheberrecht und Medienindustrie wird innerhalb von Schwarz-Gelb in den nächsten vier Jahren ein spannendes Ringen zwischen der hier traditionell starken Sympathie für Verwertungsinteressen und dem bürgerrechtlichen Flügel der FDP geben.
Die Piratenpartei erreichte aus dem Stand heraus über 840.000 Wähler, was beeindruckender klingt als 2,0 Prozent. Im Bundesland Berlin kamen sie auf 3,4 Prozent der Stimmen. In Friedrichshain-Kreuzberg erreichten sie sogar 6,2 Prozent. Die Piraten haben sich damit schneller etabliert und höhere Wahlergebnisse erzielt als die Grünen in ihrer Gründungsphase. Das ist nicht verwunderlich: Schließlich erleichtert das Netz den Aufbau von Parteistrukturen erheblich. Die Piraten werden den Weg über die Kommunal- und Länderparlamente gehen, so wie damals auch die Grünen. Das Ende der TV-Gesellschaft ist eben auch das Ende der Großparteiengesellschaft. Mehr und günstigere Kommunikation erlaubt kleinteiligere und komplexere gesellschaftliche Vernetzung.

Am Ende werden wir eine ziemlich bunte Parteienlandschaft haben. Sieben-Parteien-Parlamente sind dann nicht mehr ausgeschlossen.
Häuser, in denen Wohnungen sind, können einer einzelnen Person oder einer einzelnen Gesellschaft gehören. Es gibt jedoch auch Häuser, die in Wohnungseigentum aufgeteilt sind und bei denen jede einzelne Wohnung einem einzelnen Eigentümer gehört - diese Wohnung...
Printer Friendly, PDF & Email
23.2.2024
Anhörung im Rechtsausschuss
Ob Wohnungseigentümerversammlungen künftig ausschließlich virtuell stattfinden sollen, wenn 75 Prozent der Eigentümer dies so wollen, ist unter Sachverständigen umstritten. Das wurde während einer...
14.3.2024
Holzbauinitiative der Bundesregierung
Der Bauausschuss des Bundestages befasste sich erstmals mit der Initiative der Bundesregierung zur Stärkung des Holzbaus vom Juni 2023.
25.5.2021
Übernahmeangebot an Aktionäre liegt vor
Die Vonovia SE unternimmt nach fünf Jahren den zweiten Versuch zur Übernahme der Deutsche Wohnen SE. Vorstände und Aufsichtsräte der beiden börsennotierten Wohnungskonzerne sind Pfingsten...
19.4.2021
Bundesverfassungsgericht beseitigt Berliner Mietendeckel
14 Monate waren die Mietpreise im Bundesland Berlin per Gesetz eingefroren. Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist der Mietendeckel seit Mitte April Geschichte. Welche Wirkung hatte dieser...
3.8.2021
Bundestagswahl 2021
In Zeiten von steigenden Wohnkosten und Wohnungsnot ist die Wohnungspolitik bei der Bundestagswahl 2021 hoch brisant. Das Immobilienportal immowelt hat nachgefragt und die Wohnungspolitik der großen...
20.12.2021
Bundestags-Bauausschuss hat sich konstituiert
Die FDP-Abgeordnete Sandra Weeser steht an der Spitze des Bauausschusses des Deutschen Bundestages.