Abweichung zwischen Teilungserklärung und Aufteilungsplan

1. Weichen Teilungserklärung und Aufteilungsplan voneinander ab, kann der Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums nicht durch Auslegung bestimmt werden.

2. Ein Raum, der lediglich im Aufteilungsplan, nicht aber nach der Teilungserklärung dem Sondereigentum zugeordnet ist, steht im Gemeinschaftseigentum.

(Leitsätze des Bearbeiters)

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Bild: vegefox.com/stock.adobe.com
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Aus dem Tatbestand

Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind als Mitglieder einer Erbengemeinschaft Eigentümer zweier Miteigentumsanteile, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 28 sowie an dem Tiefgaragenstellplatz Nr. 13 laut Aufteilungsplan. Zu notarieller Urkunde vom 6.8.2010 veräußerten sie das Wohnungs- und Teileigentum an den Beteiligten zu 4. Die Urkunde führt an, dass zum Vertragsobjekt gehört: ein Keller und ein Hobbyraum mit der Nr. 28.
Die Vertragsteile erklärten die Auflassung. Zur Sicherung des Anspruchs des Erwerbers auf Übertragung des Eigentums bewilligten die Veräußerer und beantragten beide Vertragsteile die Eintragung einer Vormerkung für den Erwerber.
Im Teilungsvertrag vom 7.7.1993 ist das Sondereigentum Wohnung Nr. 28 wie folgt beschrieben: 4-Zimmer-Wohnung im 2. Obergeschoß mit ca. 83,71 qm Wohnfläche. Weiter: Zu allen Wohnungen … Sondereigentumseinheiten Nr. 24 bis 30 gehört jeweils ein Kellerabteil, das mit der Sondereigentumsnummer bezeichnet ist.
Im beigefügten Aufteilungsplan enthält der Grundriss Kellergeschoß einen mit Nr. 28 als Keller bezeichneten Raum, ferner einen weiteren Raum, versehen mit der Nr. 28, jedoch ohne Funktionsbezeichnung.
Unter dem 9.8.2010 hat der Notar gemäß § 15 GBO u. a. den Vollzug der Eigentumsvormerkung beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 24.8.2010 unter Fristsetzung beanstandet, dass zur Wohnung Nr. 28 kein Hobbyraum gehöre. Die Teilungserklärung weise einen solchen nicht aus. Auch wenn der Aufteilungsplan einen Hobbyraum mit der Nr. 28 bezeichne, gehöre dieser nicht automatisch zur Wohnung Nr. 28. Wegen der fehlenden Übereinstimmung von Teilungserklärung und Aufteilungsplan hinsichtlich des Hobbyraums Nr. 28 sei Sondereigentum hieran nicht entstanden; der Raum gehöre vielmehr zum Gemeinschaftseigentum. Die Urkunde sei demzufolge dahingehend abzuändern, dass der im Aufteilungsplan mit Nr. 28 bezeichnete Hobbyraum nicht Kaufgegenstand sei. Andernfalls müsste vor Eintragung der Eigentumsvormerkung die Teilungserklärung durch Begründung von Sondereigentum an dem Raum Nr. 28 entsprechend geändert werden.
Der hiergegen eingelegten Beschwerde vom 3.9.2010 hat das Grundbuchamt am 6.9.2010 nicht abgeholfen.

Aus den Entscheidungsgründen

Die gegen die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) gerichtete und namens sämtlicher Verfahrensbeteiligter erhobene zulässige Beschwerde (§ 71 Abs. 1 GBO) hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht beanstandet das Grundbuchamt die fehlerhafte Beschreibung des Sondereigentums (vgl. § 28 Satz 1 GBO; § 7 Abs. 1 WEG; § 3 Abs. 1 Buchst. c WGV; Hügel/Wilsch GBO § 28 Rn. 42 Rn. 165). Insoweit geht der Senat, dem Grundbuchamt folgend, davon aus, dass der Gegenstand der Übertragung neben dem Stellplatz das im Grundbuch verlautbarte Eigentum an der Wohnung Nr. 28 sein soll und lediglich die urkundliche Beschreibung insoweit unrichtig ist, als zu diesem ein Hobbyraum gehören soll. Wäre der vertraglichen Erklärung hingegen die Bedeutung zuzumessen, die Wohnung habe unter Einschluss gerade des Hobbyraums veräußert werden sollen, so hätte nämlich eine Zwischenverfügung nicht ergehen dürfen. Denn mit dieser darf nicht aufgegeben werden, das einzutragende Recht inhaltlich zu verändern (vgl. BayObLG FGPrax 1998, 6), etwa so, dass der zu sichernde Anspruch auf Eigentumsübertragung den fraglichen Raum nicht mit umfassen solle.
Ob die Beanstandung des Grundbuchamts zu Recht ergangen ist, bemisst sich danach, was Gegenstand des fraglichen Wohnungseigentums geworden ist, insbesondere, welche sondereigentumsfähigen Räume dazu zählen (§ 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 WEG).
Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums ergeben sich aus der Eintragung im Grundbuch. In dieser wird auf die Bewilligung vom 7.7.1993 (zulässig) Bezug genommen (§ 7 Abs. 3 WEG, § 874 BGB). Teil der Eintragungsbewilligung ist der als Anlage regelmäßig beigefügte Aufteilungsplan (§ 7 Abs. 4 WEG). Auf ihn verweist der Teilungsvertrag, was die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und die Größe der im Sondereigentum stehenden Räume angeht. Durch die Bezugnahme nach § 7 Abs. 3 WEG wird damit nicht nur der Teilungsvertrag nach § 3 WEG, sondern der Aufteilungsplan zum Inhalt des Wohnungsgrundbuchs (sog. doppelte Bezugnahme; vgl. BayObLGZ 1980, 226; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 14. Aufl. Rn. 2872). Deshalb nimmt auch der Aufteilungsplan am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil. Sowohl der Aufteilungsplan als auch die Eintragungsbewilligung bzw. Teilungserklärung sind gleichermaßen für die Auslegung eines nicht eindeutigen Grundbucheintrags heranzuziehen. Stimmen diese nicht überein und lässt sich der Widerspruch nicht durch Auslegung (§ 133 BGB) ausräumen, dann ist weder die Eintragungsbewilligung noch der Aufteilungsplan für die Auslegung der Grundbucheintragung vorrangig. Sondereigentum ist dann nicht entstanden (BGHZ 130, 159 f./167 ff.) und der durch Vormerkung zu sichernde Auflassungsanspruch ginge hinsichtlich des Hobbyraums über das im Grundbuch verlautbarte Wohnungseigentum hinaus. Hier besteht ein derart unauflöslicher Widerspruch. Die Bewilligung vom 7.7.1993 führt in der Beschreibung des Sondereigentums zur Wohnung Nr. 28 einen Hobbyraum nicht auf. Entsprechend der Bewilligung dem Sondereigentum zugehörig ist im Untergeschoß lediglich ein Kellerabteil, wie dieses auch im Plan ausgewiesen ist. Der Teilungsvertrag kann nicht dahin ausgelegt werden, dass ein weiterer Raum mit derselben Nummer, sei es als Keller, sei es als Hobbyraum, im Untergeschoß noch der Wohnung Nr. 28 zugehört. Dem steht die textliche Beschreibung des Sondereigentums entgegen. Insbesondere ergibt sich aus der Legende der Teilungsurkunde (zu Wohnungen Nr. 2 bis Nr. 4), dass für diese die entsprechenden Hobbyräume ausdrücklich als solche aus- und nummernmäßig dann auch damit übereinstimmend im Plan zugewiesen sind.
Zwar bezeichnet der Aufteilungsplan einen weiteren Raum - ohne Zweckbestimmung - mit derselben Nummer (28) wie die Wohnung. Weil aber der Erklärungsgehalt der Eintragungsbewilligung dies nicht mit abdeckt, ihr vielmehr widerspricht, kann eine Zuordnung zu einem Sondereigentum nicht durchgeführt werden (vgl. auch OLG Stuttgart OLGZ 1981, 160/162) mit der Folge, dass der Raum im Gemeinschaftseigentum verblieben ist. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, dass der Raum nach dem Willen der teilenden Eigentümer nicht dem Gemeinschaftseigentum zugeordnet, sondern einem Sondereigentum zugewiesen werden sollte.

Gericht: OLG München
Aktenzeichen: 34 Wx 115/10
Urteil vom: 24.09.2010

Redaktion (allg.)

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