Freie Farbwahl

Bei formularmäßiger Übertragung der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen wird der Mieter durch die Vorgabe, Fenster und Türen "nur weiß" zu streichen, unangemessen benachteiligt. Dies führt zur Unwirksamkeit der Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt.

1167
Bild: itchaznong/stock.adobe.com
Bild: itchaznong/stock.adobe.com

Aus dem Tatbestand

Die Beklagte war vom 15. Dezember 2001 bis zum 28. Februar 2006 Mieterin einer Wohnung der Klägerin. Der Mietvertrag enthält hinsichtlich der Schönheitsreparaturen folgende Formularklauseln: "Der Mieter ist verpflichtet, die während des Mietverhältnisses anfallenden Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchzuführen. Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht und wie folgt auszuführen: Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fussböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen ... ."

Ein weiterer Paragraph enthält folgen Wortlaut: "Im Allgemeinen werden Schönheitsreparaturen in den Mietshäusern in folgenden Zeitabständen erforderlich: In Küchen, Bädern und Duschräumen alle drei Jahre, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre, in andern Räumen alle sieben Jahre."

Die Anlage zum Mietvertrag lautet: "Bei der Ausführung von Schönheitsreparaturen sind die Türblätter, Türrahmen, Fensterflügel und Fensterrahmen (ausgenommen Kunststoff-, Aluminium-, und Dachfenster, sowie fertig beschichtete Türblätter) nur weiß zu lackieren ..."

Die Klägerin hat Zahlung von 1.706 Euro (davon 1.392,99 Euro wegen unterlassener Schönheitsreparaturen) nebst Zinsen begehrt. (…)

Aus den Entscheidungsgründen

Die Revision hat keinen Erfolg.

I. ...
II. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die in der Anlage des Mietvertrages enthaltene Farbvorgabe ("Weiß") beim Anstrich der Innentüren sowie der Innenseiten der Fenster und der Außentür den Mieter unangemessen benachteiligt und dies gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Unwirksamkeit der Abwälzung der Schönheitsreparaturpflicht insgesamt führt.

1.) Eine Formularklausel, die den Mieter auch während der Mietzeit generell zu einer Dekoration in einer ihm vorgegebenen Ausführungsart oder Farbwahl verpflichtet und ihn dadurch in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs einschränkt, ohne dass dafür ein anerkennenswertes Interesse besteht, benachteiligt den Mieter unangemessen (Senatsurteile 18. Februar 2009 - VIII ZR 166/08, NZM 2009, 313, Tz. 12). Dies ist bei der hier zu beurteilenden Klausel der Fall, denn sie gibt für die Innentüren sowie die Innenseiten der Fenster und der Außentür allgemein einen weißen Anstrich vor und enthält keine Beschränkung auf den im Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung geforderten Zustand.

Entgegen der Auffassung der Revision kommt es nicht darauf an, ob diese Arbeiten seltener anfallen als die Renovierung von Wänden und Decken und ob das Interesse des Mieters an eigener Gestaltung der Dekoration von Decken und Wänden größeres Gewicht hat. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters an der einheitlichen Gestaltung der Innentüren und Innenseite der Fenster während des Mietverhältnisses nicht erkennbar ist und die Einschränkung der Gestaltungsfreiheit seiner Wohnräume während der Dauer des Mietverhältnisses den Mieter deshalb unangemessen benachteiligt.

2.) Die formularmäßige unangemessene Einengung des Mieters in der Art der Ausführung der Schönheitsreparaturen führt zur Unwirksamkeit der Abwälzung der Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen schlechthin. Entgegen der Auffassung der Revision ist das hier nicht deswegen anders zu beurteilen, weil die unangemessene Farbvorgabe sich nicht auf sämtliche Schönheitsreparaturen, sondern nur auf die Fenster und Türen bezieht.

Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei der dem Mieter auferlegten Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen um eine einheitliche Rechtspflicht, die sich nicht in Einzelmaßnahmen oder Einzelpakete aufspalten lässt, sondern deren Ausgestaltung durch den Mietvertrag insgesamt zu bewerten ist (Senatsurteil vom 18. Februar 2009 - VIII ZR 210/08, NZM 2009, 353, Tz. 15). Stellt sich diese Verpflichtung auf Grund unzulässiger Ausgestaltung - sei es ihrer zeitlichen Modalitäten, ihrer Ausführungsart oder ihres gegenständlichen Umfangs - in ihrer Gesamtheit als übermäßig dar, so ist die Verpflichtung insgesamt unwirksam (Senatsurteil vom 18. Februar 2009, aaO). So liegt der Fall auch hier. Die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter ließe sich nur dann aufrechterhalten, wenn die Pflicht des Mieters entweder im Hinblick auf die Ausführungsart (Wegfall der Farbvorgabe) oder - wie es die Revision erwägt - im Hinblick auf den gegenständlichen Umfang der Verpflichtung des Mieters (Wegfall der Renovierungspflicht bezüglich der Fenster und Türen) modifiziert würde. Dies käme aber, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, einer inhaltlichen Umgestaltung der Schönheitsreparaturklausel und damit einer unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion gleich.

Bei Beginn eines Mietverhältnisses sind sich die Parteien noch sympathisch, haben Sie sich ja gerade erst auf den Abschluss eines Mietvertrages geeinigt. Streitigkeiten entstehen erst später, nach dem Einzug der Mieter oder bei ihrem Auszug. Und plötzlich ist man...

Gericht: BGH
Aktenzeichen: VIII ZR 50/09
Urteil vom: 20.01.2010

Redaktion (allg.)

Pixabay/ Mohamed_hassan

◂ Heft-Navigation ▸

Artikel Freie Farbwahl
25.10.2021
Schönheitsreparaturen
1.12.2023
Einbruchhemmende Komponenten für Fenster und Türen
Die Widerstandsfähigkeit von Fenstern und Türen gegen Einbrecher lässt sich mit diversen technischen Komponenten enorm steigern. Wir erklären Technik und Normen.
4.3.2024
Editorial
Seit Monaten steckt die gesetzliche Zulassung der rein virtuellen Wohnungseigentümerversammlung in der parlamentarischen Beratungsschleife. Die Zulassung der rein virtuellen Eigentümerversammlung ist...
25.2.2022
Interview Haus aus dem 3D-Drucker
Architekt Waldemar Korte über ein mit Druckbeton „gegossenes“ Haus, das alle Genehmigungen besitzt, alle wichtigen Normen einhält und in dem sich wirklich wohnen lässt.
20.10.2022
Intelligentes Energiemanagementsystem gegen klimaschädlichen Rebound-Effekt
Wie das intelligente Energiemanagementsystem KAIROS dabei helfen kann, den Energieverbrauch um bis zu 30 Prozent zu senken.
1.12.2023
Künstliche Intelligenz
Neben der Digitalisierung und der BIM-Planungsmethode bestimmt zunehmend die KI das Planen, Bauen und Nutzen von Gebäuden. Welche Lösungen und Entwicklungen gibt es derzeit?