Pavillon-Zelt

Mieter eines Reihenhauses dürfen ein Pavillon-Zelt auf der Terrasse aufstellen. Selbst ein dauerhaftes Aufstellen überschreitet nicht den normalen Mietgebrauch. Da das Zelt nicht in den Garten eingreife (z.B. durch feste Bodenverankerung), ist es mit dem Aufstellen eines großen Sonnenschirms vergleichbar.

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Bild: M. Eisinger
Bild: M. Eisinger

Aus den Entscheidungsgründen

I.
Die Parteien verbindet ein Mietvertrag. Die Klägerin begehrt die Entfernung einer Terrassenüberdachung in Form eines Pavillon-Zeltes an der Rückseite des von den Beklagten gemieteten Reihenhauses.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung.
Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 20. März 2007, dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zugestellt am 23. März 2007, der Klage stattgegeben.
Die Beklagten wenden sich mit ihrer am 23. April 2007 eingegangenen und am 11. Mai 2007 begründeten Berufung gegen dieses Urteil und begehren die Abweisung der Klage.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend verwiesen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Berufungsverhandlung vom 10. August 2007.

II.
Die zulässige Berufung ist begründet. Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Entfernung des auf der Terrasse aufgestellten Pavillon-Zeltes besteht entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht, da eine Überschreitung des vertragsgemäßen Mietgebrauchs nicht ersichtlich ist.
Auch in der hier vorliegenden Reihenhaussituation, bei der die Terrassen- und Gartenflächen direkt aneinander angrenzen, überschreitet ein dauerhaftes Aufstellen eines Pavillon-Zeltes nicht den normalen Mietgebrauch, der den Beklagten gemäß § 535 BGB zusteht. Die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs sind jeweils im Einzelfall zu bestimmen und richten sich in erster Linie nach dem – gegebenenfalls auszulegenden – Inhalt des Mietvertrages (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 9. Auflage, § 535 BGB Rdnr. 246). Sind die Parteivereinbarungen lückenhaft, so ist der vertragsgemäße Gebrauch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zu ermitteln (Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 541 BGB Rdnr. 3). Der Gebrauch eines Gartens eines gemieteten Hauses umfasst regelmäßig u. a. das Aufstellen von Gartenmöbeln oder auch die Errichtung eines kleinen Gartenhauses oder von Einfriedungen (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 535 BGB Rdnr. 301 ff.).
Ein Anspruch auf Entfernung des Pavillon-Zeltes ergibt sich nicht aus dem Mietvertrag bzw. der diesem beigefügten „Gartenordnung“ (Bl. 22. d. A.). Nach deren Ziffer 4 dürfen insbesondere „Sommerlauben und ähnliche Aufbauten, Pfähle, Planken usw.“ nicht errichtet werden. Mit diesen in der Gartenordnung genannten Vorrichtungen ist aber das hier streitgegenständliche handelsübliche Pavillon-Zelt, welches nicht dauerhaft im Boden verankert oder am Mauerwerk befestigt wird, nicht vergleichbar. Die Ansicht der Beklagten, es werde durch das Pavillon-Zelt in die Terrasse bzw. den Garten „eingegriffen“, erscheint insofern nicht plausibel.
Soweit das streitgegenständliche Pavillon-Zelt über die Sichtschutzwand zum Nachbargrundstück hinaus ragt, ist eine schon dadurch bedingte besondere Beeinträchtigung für die Nachbarn nicht gegeben. Vielmehr ist die Situation mit dem Aufstellen eines großen Sonnenschirms vergleichbar, was einem normalen Mietgebrauch entsprechen würde. Auch der Umstand, dass die Beklagten das Pavillon-Zelt nicht nur vereinzelt für einen oder nur wenige aufeinander folgende Tage aufgebaut stehen lassen, sondern dieses während der Sommermonate durchgehend verwenden, führt nicht dazu, dass der normale vertragsgemäße Gebrauch überschritten wäre. Eine im Grundsatz zulässige Nutzung wird nicht dadurch unzulässig, dass von ihr besonders intensiv Gebrauch gemacht wird.
Die angeführten Geräuschbelästigungen bei Regen vermag die Kammer bereits nicht nachzuvollziehen, zumal bei heftigen Regenfällen ein lautes Rauschen und Prasseln stets zu hören ist und dies durch ein Pavillon-Zelt jedenfalls nicht in einem Ausmaß verstärkt wird, dass eine – dauerhafte – Entfernung desselben angezeigt erscheint. Weshalb die Geräuschbelastung bei Regen im Fall des streitgegenständlichen Pavillon-Zeltes im Übrigen höher sein sollte als eine Geräuschentwicklung bei auf der Terrasse stehenden, mit Plastikplanen abgedeckten Gartenmöbeln, ist nicht überzeugend dargelegt. Soweit die Klägerin beanstandet, es könne Regenwasser nicht richtig abfließen und gelange so vermehrt auf das Nachbargrundstück, ist dies nach den als Anlage Bf 1 (Bl. 71 d. A.) vorgelegten Lichtbildern nicht plausibel, da diese einen ausreichenden Abstand zum Nachbargrundstück erkennen lassen.
Sofern die Beklagten nicht für eine ausreichende Reinigung des Pavillon-Zeltes Sorge tragen und dadurch ein unansehnlicher Zustand entsteht kann bzw. unangenehme (Moder-)Gerüche auftreten können, stünde es der Klägerin frei, die Beklagten zu geeigneten Reinigungsmaßnahmen anzuhalten und gegebenenfalls gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Ein Anspruch auf eine – dauerhafte – Entfernung des Pavillon-Zeltes bzw. ein Unterlassen des Aufstellens eines etwaigen neu beschafften Pavillon-Zeltes – auch über einen längeren Zeitraum – bestünde hingegen nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und entgegen der Auffassung der Klägerin weder die Rechtsfortbildung noch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der hier zu beurteilende Sachverhalt geeignet wäre, eine allgemein gültige rechtliche Ausfüllung des Begriffs des vertragsgemäßen Gebrauchs im Mietrecht zu begründen.

 

Gericht: LG Hamburg
Aktenzeichen: 311 S 40/07

Redaktion (allg.)

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