Provision

Makler müssen Verkäufer und Käufer einer Wohnung nicht informieren, dass sie von beiden Parteien Provision verlangen, wenn sie nicht ausdrücklich danach gefragt werden oder eine Interessenkollision zu befürchten ist.

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Aus den Entscheidungsgründen

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung
der geleisteten Maklerprovision von 13.572 DM. Denn die Beklagte hat die
Provision nicht ohne Rechtsgrund erlangt, sondern sie hatte darauf aufgrund
des von den Parteien geschlossenen Maklervertrages einen Anspruch. Die
Voraussetzungen eines Rückzahlungsanspruchs aus dem Gesichtspunkt
der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 S. 1 erste Alternative
BGB) liegen daher nicht vor.

1. Zwischen den Parteien ist unstreitig ein Maklervertrag zustande
gekommen. Die Kläger haben selbst vorgetragen, sie hätten die
Beklagte als Maklerin beauftragt, und auch in der Berufungserwiderung
vom 31. 1. 2001 ist auf Seite 1 klargestellt,, dass die Beklagte für
die Kläger als Maklerin tätig war. Ebenso ist unstreitig, dass
die Provision, die der Beklagten zustehen sollte, vereinbarungsgemäß
mit 13.572 DM festgelegt war.

2. Die Beklagte hat die ihr obliegende Maklerleistung erbracht.
Es ist unstreitig, dass die Beklagte den Klägern die Gelegenheit
zum Erwerb der Immobilie ... in ... nachgewiesen hat.

3. Die Kläger haben – auch dies ist unstreitig –
den Grundbesitz ... in ... zu einem Kaufpreis vom 390.000 DM erworben,
d.h. aufgrund der Tätigkeit der Beklagten ist es zum Abschluss des
Kaufvertrages (Hauptvertrages) gekommen. Der Kaufpreis vom 390.000 DM
entsprach exakt dem von der Beklagten genannten, so dass an der wirtschaftlichen
Gleichwertigkeit des tatsächlich geschlossenen und des in Aussicht
genommenen Kaufvertrages keine Zweifel bestehen.

4. Die Auffassung der Kläger, die Beklagte habe ihren Anspruch
auf Zahlung der Maklerprovision verwirkt (§ 654 BGB), weil sie nicht darauf
hingewiesen habe, dass sie auch für den Verkäufer der Immobilie
provisionspflichtig tätig war, geht fehl.

a) Die (provisionspflichtige) Doppeltätigkeit ist
dem Immobilienmakler nach ganz herrschender Meinung grundsätzlich
gestattet, soweit nicht im Einzelfall eine abweichende Vereinbarung vorliegt
oder eine Interessenkollision gegeben ist (vgl. z.B. BGH NJW RR 2000,
430; NJW 2000, 3067; Senat NJW RR 1994, 125; VersR 1991, 545, jeweils
m.w.N.; Schwerdtner, Maklerrecht, 4. Aufl., Rdnr. 858 m.w.N.; MünchKomm./Roth,
BGB, § 654 Rdnr. 8, 9). Die provisionspflichtige Doppeltätigkeit
ist zudem im hiesigen Raum, wie der Senat aus langjähriger Erfahrung
weiß, üblich und weit verbreitet (vgl. Senatsurteil vom 27.
11. 2000, Az. 18 U 56/00, vom 10. 5. 2001, Az. 18 U 196/00; vgl. auch
Schwerdtner a.a.O.; MünchKomm./Roth a.a.O., Rdnr. 7). Eine Vereinbarung,
die der Beklagten eine provisionspflichtige Tätigkeit für den
Verkäufer der Immobilie untersagte, ist zwischen den Parteien nicht
getroffen worden. Für eine Interessenkollision ist von den Klägern
nichts dargelegt worden. Die Beklagte war für die Kläger als
reine Nachweismaklerin tätig und hatte nicht die Aufgabe, sie zu
beraten oder mit dem Verkäufer Verhandlungen zu führen, insbesondere
nicht über die Höhe des Kaufpreises. Es ist auch nichts dafür
dargelegt, dass die Beklagte sich über die vereinbarte Nachweistätigkeit
hinaus tatsächlich in die Verhandlungen, insbesondere in die Preisverhandlungen
eingeschaltet und zum Nachteil der Kläger gegen das Gebot der Unparteilichkeit
verstoßen hätte.

b)Die Beklagte hat auch nicht deswegen den Provisionsanspruch
verwirkt, weil sie die Kläger nicht von sich aus darauf hingewiesen
hat, dass sie von dem Verkäufer der Immobilie vereinbarungsgemäß
ebenfalls eine Provision zu beanspruchen hatte, wenn ein von ihr nachgewiesener
Käufer das Grundstück erwarb.

aa) Den Klägern war, wie auch ihre Anhörung im Senatstermin
ergeben hat, bekannt, dass die Beklagte vom damaligen Eigentümer
beauftragt war, für die Immobilie einen Käufer zu suchen. Dies
war im Übrigen auch aus der sogenannten Reservierungsvereinbarung
vom 7. 5. 1998 erkennbar. Was die Kläger nicht gewusst haben wollen
und woran sich auch nicht gedacht haben wollen, ist der Umstand, dass
die Beklagte auch mit dem Eigentümer eine Provisionsvereinbarung
getroffen hatte. Ob aber der für den Käufer tätige Makler
auch dann, wenn der Käufer weiß, dass der Makler (auch) vom
Verkäufer beauftragt worden ist, von sich aus und ungefragt darauf
hinzuweisen verpflichtet ist, dass er auch von letzterem bei Zustandekommen
eines Kaufvertrages eine Provision zu beanspruchen hat, ist in hohem Maße
zweifelhaft. Aus dem Gesetz unmittelbar ergibt sich für eine solche
Offenbarungspflicht nichts. In der Literatur wird, ohne auf Besonderheiten
des Einzelfalles abzustellen, eine Offenbarungspflicht teilweise bejaht
(z.B. Schwerdtner, a.a.O., Rdnr. 866, 874; Staudinger/Reuter, BGB, § 654
Rdnr. 5; MünchKomm./Roth a.a.O., § 654 Rdnr. 9). Die Rechtsprechung
der Oberlandesgerichte lässt eine einheitliche Linie demgegenüber
nicht erkennen. Das OLG Frankfurt (NJW RR 1988, 1199) hat eine Hinweispflicht
bejaht, wenn der Makler mit dem Auftraggeber die übliche Gesamtprovision
vereinbart. Ein solcher Fall ist hier indes nicht gegeben, denn die mit
den Klägern vereinbarte Provision ist nicht die übliche Gesamtprovision,
die deutlich höher als 3 % liegt. Das OLG Oldenburg (OLGR Celle/Braunschweig/Oldenburg
1994, 164) hat eine Offenbarungspflicht generell angenommen, wobei jedoch
anzumerken ist, dass im dortigen Bereich die provisionspflichtige Doppeltätigkeit
weniger verbreitet ist als im hiesigen Bezirk. Bejaht wird eine Hinweispflicht
ferner vom OLG Naumburg (NJW RR 1996, 1082) und vom OLG Karlsruhe (NJW
$$ 1995, 500) für den Fall der Kreditvermittlung. Verneint wird eine
Offenbarungspflicht vom OLG Köln (NJW 71, 1943), das dem Makler sogar
bei einer Täuschung über die Provisionsverpflichtung der anderen
Seite die übliche Provision zubilligt.

Der Senat hat diese Frage bisher nicht abschließend entschieden,
hat jedoch angesichts der Üblichkeit der provisionspflichtigen Doppeltätigkeit
der Immobilienmakler im hiesigen Bezirk erhebliche Bedenken gegen eine
Offenbarungspflicht des Maklers für den (hier vorliegenden) Fall
geäußert, dass der Auftraggeber von der Doppeltätigkeit
an sich weiß, ihm nur nicht bekannt ist, ob der Makler mit der anderen
Seite eine Provision vereinbart hat (vgl. insbesondere Urteil vom 27.
11. 2000, Az. 18 U 56/00). Der Senat hat sich dabei von der Überlegung
leiten lassen, dass die provisionspflichtige Doppeltätigkeit des
Immobilienmaklers – wie bereits erwähnt – im hiesigen Bereich
der Regelfall ist und der Kunde, der von der Doppeltätigkeit weiß,
jederzeit die Möglichkeit hat, den Makler nach einer von der anderen
Seite zu zahlenden Provision zu fragen, wobei der Makler dann zu einer
wahrheitsgemäßen Antwort verpflichtet ist. Dass der Makler
insoweit von sich aus initiativ werden muss, ist schwer begründbar.

Der Senat sieht sich in seinen Bedenken gegen eine Offenbarungspflicht
durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestätigt. Soweit
der BGH in bisher entschiedenen Fällen mit der Frage befasst war,
ob der Makler denjenigen Kunden, der von der Doppeltätigkeit an sich
weiß, darüber unterrichten muss, ob er auch mit der anderen
Seite eine Provisionsvereinbarung getroffen und welchen Inhalt sie hatte,
hat er eine Hinweispflicht regelmäßig nicht angenommen. So
hat der BGH in einem Fall, in dem der Makler im Auftrage des Eigentümers
durch eine Zeitungsanzeige den Verkauf einer Immobilie angeboten hatte,
entschieden, dass daraus für den Käufer ersichtlich gewesen
sei, dass der Makler auch (und in erster Linie) für den Verkäufer
tätig gewesen sei. Daher sei der Makler nicht verpflichtet gewesen,
die Käufer zu unterrichten, welche Vereinbarungen (im konkreten Fall
war es eine sogenannte Übererlösprovision) er mit dem Verkäufer
über die Vergütung seiner Vermittlungstätigkeit getroffen
hatte (NJW 1970, 1075). Auch in neuesten Entscheidungen zieht der BGH
in einem Fall, in dem die Doppeltätigkeit an sich offengelegt ist,
eine gesonderte Verpflichtung, zusätzlich auf die Provisionspflichtigkeit
der anderen Seite hinzuweisen, gar nicht erst in Erwägung (z.B. BGH
NJW 2000, 3067 = VersR 2000, 1105). Lediglich in Ausnahmefällen,
in denen der Makler mit seinem Kunden einen langfristigen Alleinauftrag
(15 Monate) geschlossen und sich ausbedungen hatte, dass der Kunde keine
eigene Initiative entfalten dürfe und die Verhandlungen ausschließlich
ihm – dem Makler – überlassen müsse, verlangt der
BGH wohl, der Makler müsse unmissverständlich zum Ausdruck bringen,
dass er auch für den anderen Teil provisionspflichtig tätig
sei (sowohl NJW 1964, 1467; vgl. auch BGH MDR 2000, 201 = VersR 2182).
Begründet hat der BGH dies mit der besonderen Stellung des Maklers
als sogenannter Vertrauensmakler. Ein derartiger Fall liegt hier indessen
nicht vor. Die Beklagte war für die Kläger als einfache Nachweismaklerin
tätig. Für einen solchen Fall hat der BGH eine entsprechende
Hinweispflicht – soweit ersichtlich – noch niemals bejaht, sondern
im Ergebnis abgelehnt.

c) Letztlich kann aber offen bleiben, ob und wann der Doppelmakler
gegenüber seinem Kunden nicht nur zu erkennen geben muss, dass er
auch für den anderen Teil tätig ist, sondern ihm ungefragt sagen
muss, dass er von dem anderen Teil auch eine Provision erhält. Solange
die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – wie dargelegt –
in die gegenteilige Richtung tendiert und eine entsprechende Aufklärungspflicht
nicht in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung klar bejaht
wird, lässt sich nicht sagen, der Makler verstoße in grober,
dem Vorsatz nahekommender Weise gegen wesentliche Vertragspflichten und
erweise sich seines Lohnes als unwürdig, wenn er nicht vom Bestehen
einer solchen Pflicht ausgeht. Der Senat hält insoweit an seiner
bisherigen Rechtsprechung fest (vgl. Urteile vom 27. 10. 2000, Az. 18
/ 56/00, vom 10. 5. 2001, Az. 18 U 196/00). Denn ein schwerwiegender Verstoß
gegen eine wesentliche Vertragspflicht, die den Makler seines Lohnes unwürdig
erscheinen lässt, setzt wegen des Strafcharakters der Verwirkung
ein subjektiv schwerwiegendes Verschulden voraus (vgl. MünchKomm./Roth,
§ 654 Rdnr. 20). Ein subjektiv schwerwiegendes Verschulden erfordert,
dass der Makler klar erkennen kann und muss, dass ihm ein bestimmtes Verhalten
von der Rechtsordnung abverlangt wird. Solange der Makler vertretbar davon
ausgehen darf, er verhalte sich rechtlich korrekt, fehlt selbst bei einem
objektiven Pflichtenverstoß ein subjektiv schwerwiegendes Verschulden.
Es kann von einem durchschnittlichen Makler nicht erwartet werden, sich
mit juristischer Spezialliteratur auseinander zusetzen. Er braucht auch
nicht vereinzelt gebliebene obergerichtliche Rechtsprechung, die ihm zumeist
kaum zugänglich sein wird, zu kennen, und erst recht kann von ihm
nicht erwartet werden, bei einer nicht einheitlichen Rechtsprechung, insbesondere
bei Fehlen einer eindeutigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu
erkennen, welcher Auffassung zu folgen ist. Das wäre eine Überspannung
der Anforderungen, die an den Makler gestellt werden können und dürfen.

5. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 546 Abs. 2 und 708
Ziff. 10 ZPO.
 

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