Tatsächliche Mieterzahl

Wenn ein Vermieter für die Umlage der Betriebskosten statt Verbrauch oder Wohnfläche die Zahl der Mieter zugrunde legt, muss er selbst zählen, um die aktuelle Zahl der Bewohner zu ermitteln. Der Rückgriff auf das Einwohnermelderegister dagegen ist unzulässig.

 

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Bild: Andrey Popov/stock.adobe.com
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Aus dem Tatbestand

Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung in einem Haus der Klägerin, in welchem sich insgesamt 20 Mietwohnungen befinden. Nach dem zugrunde liegenden Mietvertrag hat die Beklagte unter anderem die Betriebskosten für Kaltwasser und Müllabfuhr zu tragen und dafür monatliche Vorauszahlungen zu leisten.
§ 16 des Mietvertrags lautet:
„...
Ein eventuell entstehender Mehrwasserverbrauch im Hause wird am Jahresende nach der Kopfzahl der einzelnen Mietparteien anteilsmäßig durch schriftlichen Bescheid verrechnet.“
Die Klägerin berechnete der Beklagten mit Datum vom 28. November 2005 für den Zeitraum 2004 insgesamt 636,58 Euro. Nach Berücksichtigung der geleisteten Vorauszahlungen verblieb zu Lasten der Beklagten ein Saldo von 421,79 Euro. Die Beklagte zahlte hierauf 220 Euro.
Wegen des Restbetrages von 201,79 Euro hat die Klägerin Klage erhoben und die Feststellung beantragt, dass die Verteilung der Betriebskosten nach der Anzahl der in einer Wohnung lebenden Personen aufgrund derjenigen Personenzahl erfolgen kann, die sich aus dem amtlichen Einwohnermelderegister für die Abrechnungsperiode ergibt.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die zugelassene Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin verfolgt mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ihre Klageanträge weiter.

Aus den Entscheidungsgründen

I.
Das Berufungsgericht hat unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil ausgeführt:
Die Klägerin habe ihrer Darlegungslast zur Höhe der von der Beklagten geschuldeten Betriebskosten nicht genügt. Wenn die Vertragsparteien die Umlage verbrauchsabhängiger Betriebskosten nach der Kopfzahl der Mieter in den betroffenen Wohnungen vereinbart hätten, müsse der Vermieter die Umlage nach der jeweils tatsächlichen Anzahl der ständigen Bewohner der Wohnungen während der Abrechnungsperiode vornehmen. Die Feststellung des wechseln-den Belegungsstandes der einzelnen Wohnungen stelle den Vermieter zwar zweifellos vor Probleme, insbesondere bei größeren Wohnanlagen. Dies könne jedoch nicht dazu führen, dass der Vermieter seiner Abrechnung generell diejenige Personenzahl zugrunde lege, die sich aus dem amtlichen Einwohnermelderegister für die Abrechnungsperiode ergebe. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass nicht sämtliche Personen, insbesondere nicht sämtliche Kinder, beim Einwohnermeldeamt angemeldet seien. Dass dies auch für die Wohnungen der streitbefangenen Anlage gelte, hätte sich der Klägerin aufdrängen müssen, als sie festgestellt habe, dass für die 20 Wohnungen jeweils nur eine oder zwei Personen gemeldet seien.

II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klägerin ihre geltend gemachte Forderung deshalb nicht schlüssig begründet hat, weil sie für die Ermittlung der Zahl der in den einzelnen Wohnungen ständig lebenden Menschen allein die Angaben aus dem amtlichen Einwohnermelderegister verwertet hat. Denn wenn - wie hier nach § 16 des Mietvertrages bezüglich der Wasserkosten - für die Verteilung der Betriebskosten die Anzahl der Bewohner maßgeblich sein soll, kommt es auf die tatsächliche Benutzung an, nicht auf die melderechtliche Registrierung (vgl. OLG Hamm, DWE 1989, 179 - zu Eigentumswohnungen -; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 10. Aufl., Rdnr. 4145). Das Register nach dem Melderechtsrahmengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 2002 - BGBl. I S. 1342 in Verbindung mit den Meldegesetzen der Länder, hier dem Bayerischen Meldegesetz vom 8. Dezember 2006 (GVBl. S. 990), ist keine hinreichend exakte Grundlage für die Feststellung der wechselnden Personenzahl in einem Mietshaus mit einer Vielzahl von (wie hier 20) Wohnungen. In einem solchen Haus findet erfahrungsgemäß eine beachtliche Fluktuation statt, etwa durch Geburt, Tod, Ein- oder Auszug von Familienmitgliedern oder Lebensgefährten, Beginn oder Ende des Studiums auswärts studierender Kinder, längeren Auslandsaufenthalt von Familienmitgliedern oder Ähnliches. Dies spiegelt sich nach aller Lebenserfahrung nicht oder nur unzureichend im Einwohnermelderegister wider. Eine Umlegung von Betriebskosten nach der Kopfzahl setzt deshalb voraus, dass der Vermieter für bestimmte Stichtage die tatsächliche Belegung der einzelnen Wohnungen feststellt. Dass dies mit einem höheren Aufwand und gewissen tatsächlichen Schwierigkeiten verbunden sein kann, vermag daran nichts zu ändern.
Eine Vereinbarung der Parteien des Inhalts, dass die Klägerin der Betriebskostenumlage nach Kopfzahl die aus dem Melderegister ersichtliche Wohnungsbelegung zugrunde legen dürfte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Sie ergibt sich auch nicht aus der vom Landgericht in Bezug genommenen Feststellung im amtsgerichtlichen Urteil, dass für das Jahr 2004 so abgerechnet worden sei, wie dies auch in den Jahren zuvor stets gehandhabt worden sei.
Somit erweist sich auch die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage als unbegründet.

Gericht: BGH Karlsruhe
Aktenzeichen: VIII ZR 82/07

Redaktion (allg.)

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