Teppich nur saugen

Ist ein Teppichboden in der Wohnung "normal abgenutzt", so braucht er beim Auszug nur mit einem handelsüblichen Staubsauger gereinigt werden. Behauptet der Vermieter, der Teppich sei übermäßig abgenutzt gewesen, so muss er das beweisen. Behauptungen allein reichen nicht aus.

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Bild: Bits and Splits/stock.adobe.com
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Aus den Entscheidungsgründen

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten gegen das
Urteil des Amtsgerichts Görlitz ist zulässig, aber unbegründet.

Der nach Art und Höhe unstreitig gegen den Beklagten bestehende
Anspruch gemäß § 3 Ziffer 6 des Mietvertrages vom 3.6.1996
auf Rückzahlung der geleisteten Mietkaution in Höhe von 1.580,00
DM ist nicht durch Aufrechnung erloschen. Es besteht kein Schadensersatzanspruch
des Beklagten gegen die Kläger aus positiver Forderungsverletzung
des Mietvertrages durch Rückgabe der Mietsache in einem nicht ordnungsgemäßen
Zustand. Eine übermäßige Abnutzung des Teppichbodens in
den durch die Kläger vormals bewohnten Räumlichkeiten konnte
nicht bewiesen werden. Die Abnutzung der Mietsache durch den gewöhnlichen
Gebrauch fällt dem Vermieter zur Last, dieser findet auch Einfluss
in die Kalkulation des Mietzinses (Palandt/Putzko, Kom. BGB, 59. Aufl.
1000, § 548, Rdnr. 1 BGB). Die Beweislast für die übermäßig
Abnutzung des Mietgegenstandes trägt der Vermieter, d.h. hier der
Beklagte. Dieser Nachweis ist dem Beklagten jedoch nicht gelungen.

So legte zwar der Zeuge ... ein Wohnungsbesichtigungsprotokoll über
die von den Klägern bewohnte Wohnung vor, welches jedoch mit keinem
Datum versehen war. Dieses beschreibt den Teppichboden als im Eingangsbereich
verschmutzt und mit Laufspuren versehen. Hinsichtlich eines weiteren Raumes
findet sich die Beschreibung, es seien Flecken auf der Auslegware. Eine
konkrete Beschreibung über Anzahl, Farbe und Lage von Flecken auf
dem Teppichboden findet sich jedoch nicht. Der Zeuge war auch nicht in
der Lage diesbezügliche Nachfragen zu beantworten und die Verfleckung
der Auslegware näher zu beschreiben. Der Zeuge ... gab an, bereits
im Eingangsbereich der Wohnung hätte sich ein großer brauner
Fleck mit einer Länge von 15 cm befunden. Der Zeuge blieb jedoch
eine Erklärung dafür schuldig, wieso er gerade diese Wohnung
bei seinem Besuch in Görlitz im April 1998 besichtigte. Angesichts
dessen, dass nach Aussage dieses Zeugen bereits im April 1998 auffällige
Verschmutzungen auf dem Teppichboden festgestellt wurden, erscheint es
merkwürdig und gibt zu Zweifeln Anlass, dass der Zeuge und Immobilienmakler
... in sein Protokoll über seine Wohnungsbesichtigung keine konkreten
Angaben über Art, Ausmaß und Lage der Verschmutzung aufgenommen
hat.

Die Zeugen ... sagten übereinstimmend aus, dass sie die Wohnung
der Kläger unmittelbar nach deren Auszug besichtigt haben. Diese
Begehung sollte eine Absicherung der Kläger dahingehend sein, dass
die Wohnung in einem ordnungsgemäßen Zustand an den Vermieter
zurückgegeben würde und war deshalb notwendig, da der Zeuge
... nicht zu einer Übergabe der Wohnung erschien. Die Zeugen gaben
an, bei dieser Übergabe nicht vorrangig auf Verfleckungen des Teppichbodens
geachtet zu haben. Jedoch habe es keine auffälligen, ins Auge springenden
Beschädigungen des Teppichbodens gegeben, vielmehr seien leichte
Verschmutzungen im Eingangsbereich festgestellt worden. Beide Zeugen gaben
an, sie seien, nachdem durch den Beklagten ein ordnungsgemäßer
Zustand des Teppichbodens in Abrede gestellt wurde, erneut in der Wohnung
der Kläger gewesen. Bei dieser zweiten Begehung, so gab die Zeugin
... an, seien bräunliche Verfärbungen im Teppichboden im Wohnzimmer
festgestellt worden und es hätten sich überall Fußspuren
befunden. Ein großer brauner Fleck bereits im Eingangsbereich, so
wie er durch den Zeugen ... beschrieben wurde, sei jedoch nicht festzustellen
gewesen. Nach Aussage der Zeugin ... befand sich die Wohnung bei dieser
zweiten Begehung in einem deutlich verschlechterten Zustand gegenüber
der ersten Begehung unmittelbar nach dem Auszug der Kläger.

Das Gericht hat keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen,
wenn es auch verwundert, weshalb der Zeuge ... eine derart gute und genaue
Erinnerung an diesen weit zurückliegenden Besuch in der Wohnung haben
will. Aus diesem Grund war wegen der sich widersprechenden Zeugenaussagen
eine Entscheidung nach der Beweislast zu treffen. Denn hier steht Aussage
gegen Aussage. Der Kläger ist als beweispflichtige Partei für
die übermäßige Abnutzung bzw. Beschädigung des Vertragsgegenstandes
beweisfällig geblieben.

Der Verpflichtung aus § 13 Ziffer 4 des Mietvertrages, Schönheitsreparatur
durch Reinigung von Teppichböden, sind die Kläger nachgekommen.
Insoweit genügte das Reinigen des Teppichbodens mit einem handelsüblichen
Staubsauger. Hierzu konnte die Zeugin ... aussagen, dass sie gesehen hat,
wie die Kläger den Fußboden mit einem Nasssauger gereinigt
haben. Eine weitergehende Verpflichtung der Kläger, den Teppich auf
eigene Kosten von einer Fachfirma reinigen zu lassen, besteht, wie das
Amtsgericht bereits zutreffend ausführte, nicht (LG Stuttgart, Urteil
v. 3.5.1989, NJW-RR 1989, 1170). Damit sind die Kläger den ihnen
auferlegten Verpflichtungen aus dem Mietvertrag hinreichend nachgekommen.

Die Kostenentscheidung fußt auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Beschluss über den Streitwert für die Berufungsinstanz
basiert auf §§ 19 Abs. 3 GKG, 3 ZPO.

Gemäß § 545 Abs. 1 ZPO ist dieses Urteil mit seiner Verkündung
rechtskräftig.

Gericht: LG Görlitz
Aktenzeichen: 2 S 4/00

Redaktion (allg.)

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