Wasserversorgungskosten

Ein Vertrag über die Erbringung von Ver- und Entsorgungsleistungen für ein Grund-stück kommt dann nicht durch Annahme einer sog. Realofferte mit dem Grundstückseigentümer zustande, wenn das Versorgungsunternehmen diese Leistungen gegenüber einem Dritten (hier: Grundstücksnutzer) aufgrund eines mit diesem bestehenden Vertrages erbringt. Dafür ist es ohne Bedeutung, ob der mit dem Dritten bestehende Vertrag ausdrücklich oder konkludent geschlossen ist.

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Bild: sebra/stock.adobe.com
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Aus dem Tatbestand

Die Beklagte ist seit Sommer 2001 Eigentümerin des Grundstücks H. straße in B. . Die Klägerin versorgt das Grundstück mit Trinkwasser und entsorgt das auf dem Grundstück anfallende Schmutz- und Niederschlags-wasser. Sie beansprucht von der Beklagten, die sie auf Grund deren Eigentümerstellung als ihre Vertragspartnerin ansieht, für die im Zeitraum von Dezember 2004 bis September 2005 auf privatrechtlicher Grundlage erbrachten Ver- und Entsorgungsleistungen Leistungsentgelte in Höhe von insgesamt 80.725,97 Euro. Die betreffenden Entgelte hatte die Klägerin - wie schon in der Zeit davor - der Grundstücksmieterin, der inzwischen insolventen C. GmbH (im Folgenden: C ), ohne Beteiligung der Beklagten direkt in Rechnung gestellt.

Aus den Entscheidungsgründen

Die Revision ist begründet.

I.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. Denn ein Anspruch der Klägerin gegen die Be-klagte auf Zahlung der Entgelte für die erbrachten Ver- und Entsorgungsleistungen (§ 433 Abs. 2, § 631 Abs. 1 BGB) hängt nicht entscheidend davon ab, ob die Klägerin mit der C. einen Vertrag über die Inanspruchnahme dieser Leistungen ausdrücklich geschlossen hat. Es genügt, dass sich ein solcher Vertragsschluss - wie hier - den Umständen entnehmen lässt. In solch einem Fall ist daneben für eine eigenständige, nur aus einer bestimmten Interessenlage abgeleitete Vertragsbeziehung zwischen der Klägerin und der Beklagten kein Raum mehr.

1. Das Berufungsgericht geht im Ansatz zutreffend davon aus, dass in dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens grundsätzlich ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrages in Form einer sogenannten Realofferte zu sehen ist, welche von demjenigen konkludent angenommen wird, der aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt. Durch diesen Rechtsgrundsatz, der im seinerzeit geltenden § 2 Abs. 2 der Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Energie- und Wasserversorgung (AVBEltV, AVBGasV, AVBWasserV, AVBFernwärmeV) lediglich wiederholt worden ist, wird der Tat-sache Rechnung getragen, dass in der öffentlichen leitungsgebundenen Versorgung die angebotenen Leistungen vielfach ohne ausdrücklichen schriftlichen oder mündlichen Vertragsschluss in Anspruch genommen werden. Er zielt dar-auf ab, einen ersichtlich nicht gewollten vertragslosen Zustand bei den zugrunde liegenden Versorgungsleistungen zu vermeiden (Senatsurteil vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05) Empfänger der im Leistungsangebot des Versorgungsunternehmens liegenden Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrages ist typischerweise der Grundstückseigentümer bzw. derjenige, der die Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt. Diese Richtung kommt einem Leistungsangebot des Versorgungsunternehmens aber dann nicht zu, wenn der Abnehmer der Versorgungsleistung bereits anderweitig feststeht, weil das Versorgungsunternehmen oder der Abnehmer zuvor mit einem Dritten eine Liefervereinbarung geschlossen haben, aufgrund derer die Leistung in ein bestehendes Vertragsverhältnis eingebettet ist (zuletzt Senatsbeschluss vom 15. Januar 2008 - VIII ZR 351/06).

2. Das Berufungsgericht versteht das aus seiner Sicht auch hier einschlägige Senatsurteil zur Stromversorgung vom 17. März 2004 (VIII ZR 95/03) dahin, dass ein solcher konkludenter Vertragsschluss durch Entnahme von Energie mit dem Grundstückseigentümer nur dann nicht in Betracht komme, wenn bereits ein ausdrückliches Vertragsverhältnis zwischen dem Versorgungsunternehmen und einem Dritten bestehe, aufgrund dessen die Energielieferungen erbracht würden. Dies rügt die Revision zutreffend als rechtsfehlerhaft.

a) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Senat habe in seinem Urteil vom 17. März 2004 zum Ausdruck gebracht, dass nur ein ausdrücklicher Vertragsschluss des Versorgungsunternehmens mit dem Mieter der Annahme eines konkludenten Vertragsschlusses aufgrund einer Realofferte mit dem Grundstückseigentümer entgegenstehen könne, trifft nicht zu. Soweit es dort heißt, dass zwecks Vermeidung unterschiedlicher Versorgungsverträge für das gleiche Versorgungsverhältnis grundsätzlich von dem Vorrang des durch ausdrückliche Vereinbarung begründeten Vertragsverhältnisses gegen-über einem Vertragsabschluss durch schlüssiges Verhalten auszugehen sei, nimmt dies ersichtlich Bezug auf die dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhaltsgestaltung, die durch einen ausdrücklichen Vertragsschluss geprägt war. Dass der Senat Vertragsverhältnissen mit Dritten, die auf andere Weise zustande gekommen sind, eine solche Vorrangwirkung nicht beimessen wollte, kann den Ausführungen nicht entnommen werden, zumal es dort auch eingangs nur heißt, dass die Voraussetzungen für einen konkludenten Vertragsschluss fehlten, wenn bereits ein Vertragsverhältnis zwischen dem Versorgungsunternehmen und einem Dritten bestehe, aufgrund dessen die Energielieferungen erbracht würden. Eine Einschränkung der Vorrangwirkung auf ausdrücklich begründete Versorgungsverhältnisse geht im Übrigen auch aus späteren Entscheidungen des Senats nicht hervor, die auf das Urteil vom 17. März 2004 Bezug nehmen. Im Gegenteil heißt es dort nur, der Senat habe bereits ausgesprochen, dass die Voraussetzungen für einen konkludenten Vertragsschluss fehlten, wenn ein Vertragsverhältnis zwischen dem Versorgungs-unternehmen und einem Dritten bestehe, aufgrund dessen die Energielieferungen erbracht würden (Senatsurteile vom 26. Januar 2005 - VIII ZR 1/04 und VIII ZR 66/04).

b) Es besteht keine Veranlassung, die genannte Vorrangwirkung auf Vertragsverhältnisse mit Dritten zu beschränken, die ausdrücklich abgeschlossen sind. Entscheidend ist, dass sie abgeschlossen sind, weil allein schon dadurch dem Umstand hinreichend Rechnung getragen wird, dass eine von den Beteiligten ersichtlich nicht gewollte Erbringung von Versorgungsleistungen ohne vertragliche Grundlage vermieden wird. Dagegen besteht weder Anlass noch Bedürfnis, den Grundstückseigentümer selbst in den Fällen als (weiteren) Vertragspartner heranzuziehen, in denen das Versorgungsunternehmen seine Leistungen unmittelbar gegenüber einem Grundstücknutzer erbringt, es jedoch verabsäumt, diese vertragliche Leistungsbeziehung in gehöriger Form zu dokumentieren. Denn für das Zustandekommen einer Vertragsbeziehung zu dem Grundstücksnutzer macht es keinen Unterschied, ob der Vertrag ausdrücklich oder konkludent geschlossen worden ist. Beide Verträge äußern vielmehr trotz der unterschiedlichen Art ihres Zustandekommens die gleichen rechtlichen Wirkungen. c) Dem steht nicht entgegen, dass beim Abschluss eines Vertrages über die Versorgung mit Wasser und die Entsorgung von Abwasser eine Abschluss- und Versorgungspflicht des Versorgungsunternehmens nur gegenüber dem Grundstückseigentümer besteht, mit dem hier für die Grundstücksentwässerung sogar noch ein Anschluss- und Benutzungszwang des Grundstückseigentümers nach § 2 Abs. 6 Nr. 2, § 3 des Berliner Betriebegesetzes vom 9. Juli 1993 und aus § 40 Abs. 2 der Bauordnung für Berlin idF vom 3. September 1997 einher geht. Zwar hat der Senat bei diesen Gegebenheiten in seinem Urteil vom 30. April 2003 (VIII ZR 279/02, WM 2003, 1730, unter II 1 b, 3) für die Wasserversorgung und die Grundstücksentwässerung ausgeführt, dass sich das Angebot des Versorgungsunternehmens auf Erbringung von Versorgungsleistungen typischerweise an den Grundstückseigentümer richtet, weil nur diesem ein Anspruch auf Anschluss an die Versorgung zusteht und Wasserversorgungsunternehmen ihre Versorgungsaufgabe durch Abschluss des Wasserversorgungsvertrages mit diesem Personenkreis erfüllen. Ebenso wird in der Kommentarliteratur betont, dass die Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrages über die Belieferung mit Wasser, das häufig schon aus technischen Gründen über einen einzigen Messpunkt geleitet und von dort aus grund-stücksintern weiterverteilt werde, grundsätzlich an den Grundstückseigentümer bzw. sonstige dinglich Berechtigte gerichtet sei und dass nur diese Personen Vertragspartner eines durch schlüssiges Verhalten über die Belieferung eines Grundstücks abgeschlossenen Wasserlieferungsvertrages würden, gleich ob der Grundstückseigentümer selbst Wasser beziehe oder das Grundstück verpachtet oder vermietet habe und das Wasser von den Pächtern oder Mietern entnommen werde.

Diese auf den Grundstückseigentümer als Vertragspartner weisende Ausgangslage besteht jedoch dann nicht, wenn gegenläufige Auslegungsgesichtspunkte vorliegen, die unübersehbar in eine andere Richtung weisen. Hierzu gehört der Fall, dass das Versorgungsunternehmen über die für das Grundstück erbrachten Leistungen ungeachtet einer an sich nur gegenüber dem Eigentümer bestehenden Abschluss- und Versorgungspflicht eigenständig mit einem Grundstücksnutzer abschließt. Dabei steht es gleich, ob dies ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten geschieht, wenn und soweit nur erkennbar bleibt, dass der Nutzer selbst Vertragspartner und nicht lediglich Rechnungsempfänger zum Zwecke einer aus Vereinfachungsgründen praktizierten Direktabrechnung sein soll. Ein etwaiger Wille des Versorgungsunternehmens, zumindest daneben auch stets mit dem Grundstückseigentümer abzuschließen, bleibt da-gegen unbeachtlich, solange mit diesem nicht eigens Entsprechendes vereinbart ist.

3. Das Berufungsgericht hat sich, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, mit der danach entscheidungserheblichen Frage nicht mehr befasst, ob zwischen der Klägerin und der C. ein Vertrag über die erbrachten Ver- und Entsorgungsleistungen zumindest durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen ist. Eine Zurückverweisung kommt indessen nicht in Betracht, weil die Sache im Sinne der Klageabweisung entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Senat kann die unterbliebene Auslegung der für einen konkludenten Vertragsschluss zwischen der Klägerin und der C. sprechenden Umstände selbst nachholen, weil die hierzu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (vgl. BGH, Senatsurteil vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 387/04; Urteil vom 5. Oktober 2006 - III ZR 166/05).

Danach hat die Klägerin nur mit der C. , nicht hingegen (auch) mit der Beklagten ein Vertragsverhältnis begründet. Die Klägerin hat die von ihr er-brachten Ver- und Entsorgungsleistungen die ganze Zeit über ausschließlich direkt gegenüber der C. abgerechnet, die diese Leistungen mit Ausnahme der hier streitigen Rechnungsbeträge auch bezahlt hat. Sie hat der C. in diesem Zusammenhang ein eigenes Vertragskonto eingerichtet und eine eigene Vertragskontonummer zugeteilt, wie sie nach einem von ihr beigefügten Erläuterungsschreiben "alle Kunden der Berliner Wasserbetriebe haben". Sie hat die C. dabei als "ihre Kundin" angesprochen und in weiteren Erläuterungsblättern der an sie gerichteten Rechnungen auf eine Speicherung der "aus dem bestehenden Vertragsverhältnis" anfallenden Daten hingewiesen. Dass sie die C. nur als Rechnungsempfänger für einen hiervon abweichenden Grundstückseigentümer oder als Mitverpflichtete neben diesem ansehen wollte, hat sie dagegen nirgends zum Ausdruck gebracht. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Klägerin sich jemals an die Beklagte zwecks Begründung einer eigenen Kundenbeziehung gewandt oder ihr gesonderte Rechnungen übersandt hat. Vor diesem Hintergrund hat der Umstand, dass in den der C. gestellten Rechnungen als Bezugsgegenstand der berechneten Leistungen jeweils das Grund-stück benannt war, lediglich leistungsbeschreibenden Charakter. Eine Aussage zu einem anderen oder weiteren Vertragspartner der erbrachten Leistungen liegt darin nicht.

III. Da hiernach nur zwischen der Klägerin und der C. ein Vertragsverhältnis über die erbrachten Ver- und Entsorgungsleistungen begründet worden ist, fehlt es an einer rechtlichen Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der hier streitigen Beträge. Das angefochtene Urteil kann deshalb keinen Bestand haben. Es ist auf die Revision der Beklagten vielmehr unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils aufzuheben, und die Klage ist abzuweisen.

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Gericht: BGH
Aktenzeichen: VIII ZR 293/07
Urteil vom: 10.12.2008

Redaktion (allg.)

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