Neue Studie

Was macht das Bauen so teuer?

Die Energiesparverordnung als Baukostentreiber – lange Zeit waren verschiedene Baubeteiligte davon überzeugt. Eine neue Studie des Bundesverbandes für Erneuerbare Energien (BEE) will nun zeigen, dass die energetischen Standards nur einen geringen Anteil ausmachen.

Die Baukosten sind gesteigen (Bild: Jakob Kamender/stock.adobe.com)
Die Baukosten sind gesteigen (Bild: Jakob Kamender/stock.adobe.com)

Jährlich werden 400.000 neue Wohnungen benötigt. Im Jahr 2017 wurden gerade einmal 300.000 neue Wohnungen fertiggestellt. Gründe für die zu niedrige Zahl an Neubauten gibt es viele. Die in den letzten Jahren rasant gestiegenen Baukosten könnten einer davon sein.

Doch warum schnellen die Kosten in die Höhe? Sind die seit 2014 gesetzlich vorgeschriebenen energetischen Standards für Neubauten, die 2016 (EnEV 2016) noch einmal ergänzt wurden, der Hauptgrund, wie viele Akteure der Bauwirtschaft behaupten?

Ein neues Gutachten des Institutes für technische Gebäudeausrüstung im Auftrag des Bundesverbandes für Erneuerbare Energie (BEE) kommt zu einem anderen Ergebnis. Fakt ist, dass die Baukosten zwischen 2000 und 2014 um 36 Prozent (Zahlen der ARGE Kiel) gestiegen sind. Allerdings seien nur 6 Prozent der höheren Kosten dem Gebäudeenergierecht zuzuschreiben. „Bauen ist teuer geworden, aber die Anteile, die die Energieeffizienz und der Einsatz der erneuerbaren Energien an dieser Preissteigerung haben, ist sehr gering“, fasst Bert Oschatz, ItG-Professor und Mitautor der Studie, zusammen.

Mehrere Faktoren sorgen für enormen Kostenanstieg

In der Untersuchung wird auch darauf hingewiesen, dass die Mehrkosten zur Erreichung des EnEV-2016-Standards von mehreren Faktoren abhängen. Dazu gehört  die Entscheidung, ob anlagentechnische oder bauliche Maßnahmen für die Energieeinsparung gewählt werden und für welches Anlagenkonzept bei Heizung und Lüftung man sich entscheidet. Gerade bei letzterem gibt es immer auch eine kostenoptimierte Variante, die eine Senkung der Mehrkosten ermöglicht. Oftmals hängen die Kosten außerdemvom Know-how der zuständigen  Planer und Architekten ab. Bert Oschatz plädiert für eine entsprechende Qualifizierung, statt Kritik an den EnEv-2016-Standards zu üben. Er setzt sich sogar dafür ein, dass sie weiter angehoben werden.

Wie lassen sich die Kostentreiber nun konkret identifizieren? In einem Gutachten des Bundesinstitutes für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) aus dem Jahr 2017 werden zu einem hohen Teil die zu wenig vorhandenen Bauflächen dafür verantwortlich gemacht. Sie sind erstens nicht ausreichend und werden zweitens zu sehr hohen Preisen angeboten, wdie stetig steigen. Den größten wachsenden Kostenfaktor sehen die Experten jedoch im allgemeinen Preisanstieg. Dazu gehören beispielsweise die höhere Grunderwerbssteuer oder der Anstieg der Löhne. Aus Sicht der Gutachter sind auch nicht energiebedingte höhere Anforderungen Teil der Kostensteigerung.

In einem bereits im Jahr 2015 erstellten Bericht der Baukostensenkungskomission wird zusätzlich auf die in den letzten Jahren deutlich höheren Anforderungen an den Wohnkomfort (nicht energiebedingte höhere Anforderungen) hingewiesen. Der Standard wurde aufgewertet, sodass im deutschen Wohnungsbau höhere marktgetriebene, als auch durch Förderrichtlinien getriebene Ausstattungsmerkmale, im Wohnungsneubau ermittelt werden konnten. Dazu gehört unter anderem ein verbesserter Schallschutz, der Einbau von Aufzügen, Tiefgaragen-Stellplätzen oder Außenanalgen mit höherer Aufenthaltsqualität.

Die Kostentreiber laut BEE im Überblick:

Anstieg der Baukosten zwischen 2012 und  2014 um insgesamt 36 Prozent, davon:

  • 27 % allgemein gestiegene Kosten
  • 6 % Vorgaben durch des EnEV-2014
  • 3 % nicht energiebedingte höhere Anforderungen

Baukosten niedrig halten – ein Beispiel aus der Praxis

Ein Beispiel dafür, wie sich die Baukosten unabhängig von äußeren Faktoren niedrig halten lassen, liefert Vonovia. Das bundesweit aufgestellte Wohnungsunternehmen ist nicht nur Vermieter, sondern baut auch neue Mehrfamilienhäuser mit Wohnungen zur Miete.

Um dem Anspruch gerecht zu werden, attraktiven Wohnraum zu schaffen, der zu moderaten Preisen vermietet werden kann, sind möglichst niedrige Baukosten ein wichtiger Hebel.
Vonovia baut überwiegend in bereits bestehenden Quartieren neu. Bei diesen Nachverdichtungen werden Grundstücke genutzt, welche sich bereits im Bestand des Wohnungsunternehmens befinden. Damit kann der Kostenfaktor für den Kauf neuer Grundstücke umgangen werden.

Das Wohnungsunternehmen setzt auf modularen Neubau und hat einen Baukasten entwickelt, welcher sich individuell zusammensetzen und auf das jeweilige Projekt anpassen lässt. Von der Familienwohnung bis hin zur altersgerechten barrierearmen Singlewohnung lässt sich damit der Bau verschiedener Wohnungstypen verwirklichen.

Die Module werden auf die Baustelle geliefert und vor Ort montiert. Das bedeutet einen weiteren Kostenvorteil, denn es liegt erstens eine Standardisierung der Module vor und zweitens finden nur noch 35 Prozent der Arbeiten auf der Baustelle statt.

Ausblick

Das Thema der Baukostensteigerung regt immer wieder zu öffentlichen und politischen Debatten an. Auch wenn die aktuellen energetischen Standards nur einen kleineren Teil des Baukostenanstiegs ausmachen und es gute Beispiele gibt, wie sich große Kostentreiber umgehen lassen, wird die Forderung nach einem neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) wieder lauter. Einen Entwurf gab es bereits 2017. Er wurde abgelehnt.
Aktuell hat die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) einen Diskussionsvorschlag veröffentlicht, wie ein neues GEG aussehen könnte.

Die folgenden vier Kernforderungen bilden die Basis für ein neues Gebäude-Emissions-Gesetz 2050:

  1. Die Zielgröße soll die CO2-Emission statt des Primärenergiebedarfs sein.
  2. Die Bewertung sollte über absolute CO2-Emissions-Grenzwerte statt über theoretische Referenzgebäude erfolgen.
  3. Werden Zielvorgaben nicht erfüllt, ist eine CO2-Abgabe zu leisten.
  4. Als Grundlage für alle Bewertungen, Vorgaben und Steuerungsmechanismen müssen real gemessene Verbrauchsdaten genutzt werden.

Abzuwarten bleibt, ob sich mit diesem neuen Ansatz bezahlbares Bauen und Klimaschutz zukünftig noch besser in Einklang bringen lassen.

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