Öko-Baustoffdatenbanken und Siegel

Mit der Natur bauen

Natürliche Baustoffe liegen im Trend. Wer umweltbewusst planen, bauen und renovieren will, sollte Öko-Bauproduktdatenbanken, Siegel und Standards kennen.

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Auswahl durch Datenbanken: Baustoffe sollten möglichst natürlich, nachhaltig, baubiologisch unbedenklich und gut wiederverwertbar sein, bei der Herstellung wenig Energie verbrauchen und geringe Emissionen verursachen. Bild: stock.adobe.com / Malp
Auswahl durch Datenbanken: Baustoffe sollten möglichst natürlich, nachhaltig, baubiologisch unbedenklich und gut wiederverwertbar sein, bei der Herstellung wenig Energie verbrauchen und geringe Emissionen verursachen. Bild: stock.adobe.com / Malp

Menschen verbringen einen großen Teil ihrer Lebenszeit in geschlossenen Räumen. Dies verdeutlicht, wie wichtig die Wohnatmosphäre und eine bewusste Auswahl von Wand-, Boden- oder Deckenmaterialien, Belägen oder Farben für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bewohner ist. Auch die Umwelt und das Klima profitieren, wenn bei der Auswahl von Baustoffen Umweltaspekte ebenso berücksichtigt werden, wie die Herkunft und Produktion, Transport-, Bau- und Montageabläufe, Lebenszyklusaspekte sowie ethische und soziale Faktoren. Hilfen bei der Auswahl nachhaltiger Baustoffe und Produkte bieten Ökobaustoff-Datenbanken, Ökosiegel und -standards.

Was bieten Ökobaustoff-Datenbanken

Für das nachhaltige Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden ist eine fundierte Beurteilung und Auswahl von Baustoffen entscheidend. Sie sollten möglichst natürlich, nachhaltig, baubiologisch unbedenklich und gut wiederverwertbar sein, bei der Herstellung wenig Energie verbrauchen und geringe Emissionen verursachen. Deshalb sollten sich auch Gebäudebetreiber mit nachhaltigen Baustoffen auskennen, was angesichts des unüberschaubaren Baustoff- und Bauproduktangebots nicht einfach ist. In den Datenbanken recherchiert werden können Bauprodukte nach verschiedenen Kriterien wie Produktarten, Hersteller, Materialien, Inhaltsstoffe, Kostengruppen, Zertifizierungen, Material- oder Gebäudelabels etc. Zahlreiche Filtermöglichkeiten vereinfachen die Produktsuche zusätzlich.

Die Nutzung der Bauproduktdatenbanken ist für die Nutzer nach einer Anmeldung in der Regel kostenfrei. Gebühren entrichten müssen Hersteller oder Anbieter lediglich für das Einstellen von Produkten. Bauproduktdaten wie Umweltproduktdeklarationen (EPD), Produktdatenblätter, Prüfzeugnisse oder Zertifikate werden meist in den Datenformaten PDF zum Download bereitgestellt. Teilweise können auch produktneutrale Textbausteine für Ausschreibungen heruntergeladen werden, z.B. bei Wecobis. Digitale Bauteildaten für die BIM-Planung stellen bisher nur wenige Öko-Datenbanken bereit, beispielsweise Building Material Scout. Entscheidend für den Erfolg bei der Produktsuche ist allerdings die Anzahl der in der Datenbank gelisteten Produkte und Hersteller. Mit einer produkt- und herstellerübergreifenden Suche lässt sich der Umfang der Inhalte meist schnell einschätzen. Strukturiert aufbereitete, herstellerneutrale und herstellerspezifische Informationen zu ökologischen und nachhaltigen Bauprodukten bieten folgende Datenbanken (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

Baubook ist eine österreichische Plattform für energieeffizientes und ökologisches Bauen. Sie enthält eine Datenbank für Bauprodukte und Bauteile, die unter den gängigen Kennwerten und Kriterien, wie z.B. BNB, BREEAM, DGNB, LEED (s.u.) aufgelistet werden. Zusätzlich bietet sie auch nützliche Werkzeuge – etwa einen Bauteilrechner, Ökobilanzen für Gebäude, Amortisations- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen (www.baubook.at).

Building Material Scout ist eine Service-Plattform, für die Material- und Bauproduktsuche sowie für Produktbewertungen, basierend auf Nachhaltigkeitsstandards, wie DGNB, LEED und BREEAM etc. Wer sich kostenlos registriert, kann zusätzlich auf Produkteigenschaften, Gebäude-Bewertungen, Ökolabels, Produktbewertungen oder BIM-Daten zugreifen (www.building-material-scout.com).

Der DGNB Navigator ist eine von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. für Architekten, Planer, Investoren, Handwerker und DGNB-Auditoren kostenlos bereitgestellte Produktdatenbank. Standardisierte, auf das DGNB-System abgestimmte Datenabfragen ermöglichen eine schnelle Suche. Aufgelistet werden allgemeine Informationen, Produktkennwerte, Herstellerinformationen, Prüfprotokolle etc. (www.dgnb-navigator.de).

Natureplus Database listet von Natureplus zertifizierte Produkte auf und enthält produktspezifische Daten und Prüfergebnisse für die Bewertung und den Vergleich wohngesunder und nachhaltiger Baustoffe. Zu den Produktdaten gehören Einsatzbereiche, Produktbeschreibungen oder Fotos, ferner technische Eigenschaften wie Maße oder bauphysikalische Kennwerte, ökologische Eigenschaften und Emissionswerte. Alle Daten können als PDF-Datei heruntergeladen werden (www.natureplus-database.org).

Ökobaudat enthält rund 900 DIN EN 15804-konforme Ökobilanz-Datensätze zu Baumaterialien, Bau-, Transport-, Energie- und Entsorgungsprozessen. Mithilfe von Ökobilanzierungstools kann der gesamte Lebenszyklus von Gebäuden ermittelt werden, Produkt-Ökobilanzen lassen sich aber nicht erstellen. Enthalten sind sowohl generische als auch firmen- oder verbandsspezifische Datensätze aus Umweltproduktdeklarationen (www.oekobaudat.de).

Die Onlineplattform des Sentinel Haus Instituts enthält eine Datenbank mit gesundheitlich geprüften Bauprodukten. Zahlreiche Filter ermöglichen die komfortable Auswahl, Speicherung und Ausgabe eigener Produktlisten, die zum Beispiel über das Qualitätssiegel Nachhaltige Gebäude (QNG) verfügen. Zu der vom DGNB als Referenz anerkannten Datenbank werden aktuell Schnittstellen zum Austausch von Produktinformationen mit dem DGNB Navigator (s.o.) entwickelt. Neben einer Datenbank mit schadstoffgeprüften Bauprodukten enthält die Seite auch Tipps, Checklisten und Fachartikel, eine Experten- und Objektdatenbank(www.sentinel-haus.de).

Die Baustoffdatenbank Wecobis schließlich enthält zu allen Lebenszyklusphasen von Rohbau- und Ausbauprodukten Informationen zu Rohstoffen, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung und Wiederverwertbarkeit. Enthalten sind keine spezifischen Bauprodukte, lediglich allgemeine Produktgruppen. Die Inhalte basieren auf Auswertungen der Fachliteratur, Informationen von Herstellerverbänden, Herstellern, wissenschaftlichen Instituten und Behörden (www.wecobis.de).

Welche Ökosiegel und -standards gibt es…?

Ökologische Baustoffdatenbanken verwenden für die Beurteilung von Materialien häufig ökologisch orientierte Siegel oder Standards. Deren Vielzahl ist inzwischen kaum überschaubar. Ganz grob kann man das Angebot an Umwelt- und Öko-Siegeln in drei Kategorien einteilen:

  • Siegel, die der Bewertung von Materialien in Bezug auf eine nachhaltige Herkunft und Produktion dienen,
  • Siegel, die zusätzlich auch bestimmte Produkteigenschaften zertifizieren oder
  • Siegel, die für komplette Gebäude einen Nachhaltigkeitsnachweis liefern.

Material-Siegel werden für nachhaltig produzierte Rohstoffe und Materialien vergeben und sollen für eine an der Bewahrung der natürlichen Regenerationsfähigkeit orientierten Nutzung von Ressourcen bürgen. Zu den ältesten gehört der 1993 begründete FSC-Standard, der nachhaltig produziertes Holz von Holzprodukten zertifiziert. Mit Material-Siegeln ausgezeichnete Produkte sind allerdings nicht zwangsläufig ökologisch oder gesundheitlich unbedenklich, da nur die Herkunft und Produktkette zur Rohstoffgewinnung überprüft und zertifiziert werden.

Produkt-Siegel prüfen und zertifizieren auch alle für die Produktion eines Produktes erforderlichen Materialien auf Herkunft und Nachhaltigkeit. Darüber hinaus untersuchen sie auch die Qualität und die biologischen oder chemischen Eigenschaften des kompletten Produktes, das häufig aus mehreren Komponenten besteht.

Gebäude-Siegel prüfen das gesamte Bauwerk auf seine Nachhaltigkeit – und damit auch alle darin verbauten Baumaterialien und -produkte. Bei deren Herstellung anfallende Emissionen oder Energieverbräuche sowie Lebenszykluskosten, die sich aus Betriebs-, Inspektions-, Wartungs- oder Reinigungskosten zusammensetzen, werden ebenso berücksichtigt. Ein Beispiel ist das Bewertungssystem DGNB von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen.

… und wofür stehen sie?

Die Palette reicht von Siegeln unabhängiger Institutionen, über Siegel von Interessensverbänden mit einer freiwilligen Selbstkontrolle, bis hin zu marketing- oder werbeorientierten Prüfplaketten der Baustoffindustrie. Beispiele:

BNB ist ein Bewertungssystem für die Planung und Bewertung nachhaltiger und meist öffentlicher Bauvorhaben. Ergänzend zum Leitfaden Nachhaltiges Bauen des Bundesbauministeriums dient es als ganzheitliche Bewertungsmethodik für Gebäude. Ökologische, ökonomische und soziokulturelle Aspekte werden dabei besonders betrachtet (www.bnb-nachhaltigesbauen.de).

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) schreibt vor, dass zu Prozessen, bei denen personenbezogene Daten verarbeitet werden, der Verantwortliche Verfahrensverzeichnis führen muss. Insbesondere bei einer Prüfung durch die Datenschutzbehörden muss der Verantwortliche...

BREEAM steht für Building Research Establishment Environmental Assessment Method. Das ist ein Zertifizierungssystem zur Bewertung der Gebäude-Nachhaltigkeit, bei dem verschiedene Aspekte berücksichtigt werden, z.B. der Energie- und Wasserverbrauch, Bauweisen und Materialien, Gesundheit und Komfort sowie die ökologischen Auswirkungen des Gebäudes (www.breeam.de).

Das DGNB Gütesiegel Nachhaltiges Bauen der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. untersucht Gebäude auf ökologische Faktoren von Bauprodukten, wie etwa Außenwandbekleidungen, Bodenbeläge, Dämmstoffe, Bauplatten, Beschichtungen, Türen und Tore sowie Wasser- und Abwasseranlagen. Bei der DGNB-Gebäudebewertung werden neben ökologischen auch ökonomische, sozio-kulturelle Aspekte sowie die technische und Prozessqualität berücksichtigt. Das Gütesiegel wird in den Qualitätsstufen Bronze, Silber, Gold und Platin verliehen, wobei Bronze nicht für Neubauten vergeben wird (www.dgnb.de).

Das von der Europäischen Kommission initiierte EU Ecolabel prüft Produkte, darunter auch Bau- und Ausbauprodukte. Geprüft werden die Herkunft, chemische und biologische Eigenschaften, Güte und Qualitätskriterien, Zusammensetzung oder Fragen zum Recycling und zur Entsorgung. Ebenso geprüft werden Inhaltsstoffe und Emissionen gefährlicher oder gesundheitsgefährdender Stoffe, wie etwa Weichmacher (www.umweltzeichen.at).

Der Kriterienkatalog des international geltenden US-amerikanischen Gebäude-Zertifizierungssystems LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) berücksichtigt unter anderem den Standort, eine effiziente Nutzung von Wasser, Energie, Materialien und Ressourcen, ferner die Innenraumqualität sowie Innovation, Design und Regionalität. Das Siegel ermöglicht einen globalen Vergleich von Immobilien(www.usgbc.org/leed).

Das internationale Siegel PEFC des PEFC-Council (Programme for the Endorsment of Forest Certification Schemes) garantiert, dass verwendetes Holz überwiegend aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern kommt. Die PEFC-Variante „regional“ enthält zudem 100 Prozent zertifiziertes Material aus der auf dem Label genannten Region (www.pefc.de).

Das neue RAL-Gütezeichen CO2-senkende Holzbauwerke basiert auf einem gesamtheitlichen ökologischen Berechnungsmodell und zeichnet besonders klimaschonendes und nachhaltiges Bauen aus. Bei Gebäuden mit diesem RAL-Gütezeichen werden ausschließlich Baustoffe und -teile mit gültiger Umweltdeklaration nach EN 15084 verwendet, die darüber hinaus aus europäischer und nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammen (www.ral-guetezeichen.de).

Erst informieren, dann wählen

Angesichts des Überangebots an Baumaterialien und Bauprodukten wollen Bauproduktdatenbanken, Öko-Siegel und -Standards Ordnung, Übersicht und Vertrauen schaffen und das jeweilige Material und Produkt von der Konkurrenz abheben. Einige Bauprodukte-Siegel sind in den vergangenen Jahren jedoch in die Kritik geraten, weil beispielsweise Prüfkriterien nicht streng genug waren oder sind. Bemängelt werden häufig auch fehlende einheitliche EU- oder internationale Standards. Solange sind Verbraucher gezwungen, sich das hinter einem Label steckende Konzept, die Auswahl- und Zertifizierungskriterien genauer anzuschauen.

Achten sollte man aber nicht nur auf das Produkt, sondern auch auf seine Verpackung. Besteht sie aus Kunststofffolien und Styropor oder einem nicht trennbaren Materialmix, wird der Nachhaltigkeitsanspruch des damit verpackten Produktes ad absurdum geführt.

Klar ist auch: Umweltschonende, nachhaltig hergestellte Bauprodukte sind gut. Besser ist die direkte oder stoffliche Wiederverwertung von Abbruchmaterial. Obwohl Bau- und Abbruchabfälle hierzulande einen großen Teil am gesamten Brutto-Abfallaufkommen pro Jahr ausmachen, werden aus Recyclingmaterialien hergestellte Bauprodukte oder gebrauchte, aber noch intakte Bauelemente noch viel zu wenig genutzt. Diverse Online-Portale wie das Bauteilnetz, Restado und andere (www.bauteilnetz.de,www.restado.de) ermöglichen eine direkte Wiederverwendung gebrauchter Baumaterialien.

Weitere Siegel und Anbieter*

BNB (www.bnb-nachhaltigesbauen.de), Cradle to Cradle Certified (www.c2ccertified.org), Ecolabel (www.ecolabel.eu), Environmental Product Declerations (https://ibu-epd.com), Greenguard (www.greenguard.org), Gutes Innenraumklima (https://gutes-innenraumklima.ch), Holz von Hier (www.holz-von-hier.eu), IBO (www.ibo.at), IBU (https://ibu-epd.com), Natureplus (www.natureplus-database.org), Ökoplus (www.oekoplus.de), PEFC (https://pefc.de), TÜV Rheinland (www.tuv.com), TÜV Süd (www.tuvsud.com)

Weitere Infos*

www.baunetzwissen.de Online-Fachlexikon „Nachhaltig Bauen“

www.nachhaltigesbauen.de BMVBS-Infoportal Nachhaltiges Bauen

www.oekologisch-bauen.info Infoportal ökologisches Bauen

www.recyclingbaustoffe.de Bundesvereinigung Recycling-Baustoffe

www.wikipedia.de Suchworte: „Naturbaustoff“ etc.swahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit

Marian Behaneck

Marian Behaneck
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Artikel Mit der Natur bauen
Seite 33 bis 35
1.8.2022
Öko-Baustoffdatenbanken
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