Wohnungsneubau 2012 bis 2018

Gewachsen ist der Überhang an nicht gebauten Wohnungen

In den zurückliegenden Jahren hat der Wohnungsneubau einen beachtlichen Aufschwung genommen – das Ergebnis reicht aber bei Weitem nicht aus für einen Ausgleich des Marktes. Unser Statistikexperte zeichnet die Entwicklung der Jahre 2012 bis 2018 nach.
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Baukran, baue,n Kran, Bauboom, Berlin, Bild: Pixabay crane-1046674_640
Baukran, baue,n Kran, Bauboom, Berlin, Bild: Pixabay crane-1046674_640

Genehmigt wurde die Errichtung von 816.886 Wohngebäuden, fertiggestellt wurden 745.831 Einheiten. In diesen Gebäuden sollten 1.883 007 Wohnungen entstehen. Tatsächlich entstanden 1.528 938 Wohnungen. Ein prozentualer Vergleich zwischen Genehmigungen und Fertigstellungen ist wenig sinnvoll, da durch Überhänge am Anfang und Ende des betrachteten Zeitraumes sowie durch das Erlöschen von Baugenehmigungen Verzerrungen auftreten.

Zur Lösung der Wohnungsprobleme ist vor allem der Bau von Wohngebäuden mit drei und mehr Wohnungen voranzutreiben. Es wurden für 103.906 derartige Gebäude Baugenehmigungen erteilt. Das war im betrachteten Zeitraum ein Wachstum um 55 Prozent. Entstehen sollten damit 1.008 774 Wohnungen, ein Wachstum sogar um 85,3 Prozent.

Realisiert wurden 80.318 Gebäude (Wachstum um 64,1 %) mit 728.142 Wohnungen (Wachstum um 88,7 %). Im Durchschnitt entstanden 9,1 Wohnungen pro Wohngebäude. Der Anteil der Wohngebäude mit drei und mehr Wohnungen an den fertiggestellten Gebäuden erhöhte sich von 8,3 auf 12,8 Prozent und der Anteil an den Wohnungen von 36,2 auf 47,9 Prozent.

Der Neubau geht also in die richtige Richtung, obgleich die erbrachten Leistungen noch nicht ausreichen. Hierbei darf jedoch nicht vergessen werden, dass die Reaktionszeiten im Baugewerbe sehr lang sind.

Wohnfläche pro Wohnung

Insgesamt war bei den Genehmigungen ein Rückgang von 111m² auf 100m² zu verzeichnen. Bei den Fertigstellungen erfolgte ein Rückgang von 114 auf 103 m². Die Bemühungen zur Reduzierung des Flächenverbrauchs und die Erhöhung des Anteils des Geschosswohnungsbaus scheinen sich langsam auszuwirken.

Die Zahl der Wohnungen pro Gebäude schwankt im sechsjährigen Betrachtungszeitraum stark, zeigt aber im Prinzip steigende Tendenz. 2017 wurden im Durchschnitt pro Gebäude 10,9 Wohnungen realisiert, 2018 waren es nur 10,0.

Bauüberhang

Der Bauüberhang zum jeweiligen Jahresende wuchs ständig. Lag der Überhang 2012 noch bei 398.716 Wohnungen, so waren es am 31. Dezember 2017 gewaltige 692.948 Wohnungen, ein Wachstum um 63,9 Prozent. Besonders stark war das Wachstum ab 2015.

Der Anstieg des Bauüberhangs zeigt, dass die Kapazitäten der Bauunternehmen nicht entsprechend der Nachfrage gewachsen sind und ein jahrelanger Kapazitätsabbau nicht kurzfristig aufzuholen ist. Aber auch mangelnde Kapazitäten in den vorgelagerten Stufen (Planung, Baubehörden usw.) bremsen den Anstieg der Fertigstellungen.

Erloschene Baugenehmigungen

Von 2012 bis 2017 sind 89.982 Baugenehmigungen erloschen. Die Ursachen sind vielfältig und reichen vom Wegfall der Notwendigkeit bzw. des Interesses zu bauen, über gesundheitliche und familiäre Probleme bis zu finanziellen Schwierigkeiten, wobei Letzteres bei den derzeitigen niedrigen Zinsen kaum eine Rolle spielen dürfte.

Abgang von Gebäuden und Wohnungen

Von 2012 bis 2017 war ein Abgang von 41.348 Wohngebäuden mit 138.956 Wohnungen zu verzeichnen. Zwischen den einzelnen Jahren traten zum Teil große Schwankungen auf. So lag der Abgang 2013 bei 26.340 und 2014 bei 20.305 Wohnungen. Die zurückgebauten Wohngebäude enthielten im Durchschnitt 3,4 Wohnungen. Der Abgang bestand also zu einem großen Teil aus Wohngebäuden mit ein bis zwei Wohnungen. Der Abgang machte 21,8 Prozent der Fertigstellungen aus.

Entwicklung des Bestandes an Wohngebäuden und Wohnungen

Von 2012 bis 2018 erfolgte eine geringe Erhöhung des Bestandes, hinter der aber große Anstrengungen und Leistungen aller am Baugeschehen Beteiligten stehen. Trotzdem reicht der Wohnungsbestand nicht aus, den Bedarf zu decken (die Tabelle gibt den Überblick). Das Wachstum des Bestandes an Wohngebäuden mit drei und mehr Wohnungen blieb hinter der Gesamtentwicklung zurück. Hier sind besondere Anstrengungen notwendig.

Fazit

Der Wohnungsneubau hat erhebliche Fortschritte erzielt, auch wenn Tempo und Ergebnisse noch nicht ausreichen. Die Realisierung der genehmigten Bauvorhaben wird durch Kapazitätsengpässe im Bauhaupt- und Baunebengewerbe aufgehalten, trotz Kapazitätsaufbau in den letzten Jahren. Der Schwerpunkt der Neubautätigkeit ist noch stärker auf den Geschosswohnungsbau auszurichten, damit die Lösung der Wohnungsprobleme schneller vorankommt.

Literaturhinweise

  • Statistisches Bundesamt Fachserie 5, Reihe1; 2018

  • Ausgewählte Zahlen Bau 05/2019

  • Genesis-Online Tabelle 31121 – Fortschreibung Wohngebäude

Dr. Wolfgang Lange

Dr. Wolfgang Lange
Dipl.-Ökonom, freier Autor
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