Gebäudedaten in der Cloud
Die Digitalisierung von Prozessen und die Zusammenarbeit von Projektpartnern über Online-Plattformen haben angesichts der Ungewissheit über den weiteren Pandemieverlauf und damit zusammenhängender Kontaktbeschränkungen einen neuen Schub erhalten. Virtuelle Projekträume, auch Projektkommunikations- und Management-System (PKMS) genannt, stellen für Projektbeteiligte Gebäudepläne und Dokumente online bereit. Das ermöglicht allen Teilnehmern einen kontaktfreien, zeit-, orts- und plattformunabhängigen Zugriff auf Gebäudedaten und einen strukturierten und dokumentierten Informations- und Datenaustausch. Darüber hinaus bieten PKMS Informationen und Funktionen für die Aufgabenverwaltung, Baudokumentation, Kommunikation, das Projekt-, Dokument- oder Mängelmanagement. Die während der Planungs- und Bauphase generierten Dokumente und Informationen unterstützen die spätere Gebäudebewirtschaftung sowie die komplette Lebenszyklusphase von Gebäuden.
Was kann ein PKMS?
Zu den zentralen Funktionen zählt die Ablage, Verwaltung und Verteilung aller für den Bau und die Nutzung relevanten Informationen und Dokumente. Das erübrigt den zeitaufwendigen Papier- und unübersichtlichen E-Mail-Versand. Ein externer Server dient dabei als Datenpool. Bereitgestellt und gepflegt wird der Server von einem PKMS-Dienstleister. Über einen gängigen Web-Browser können berechtigte Projektbeteiligte jederzeit entsprechend ihrer Zugriffsrechte auf Daten zugreifen: vom Architekten und Bauherrn über Fachplaner, ausführende Firmen, Facility Manager und Gebäudeverwalter. Dokumente können in den gemeinsamen Datenpool hineingestellt oder heruntergeladen werden. Über neue Inhalte werden die Teilnehmer per SMS, E-Mail oder Messenger-Dienste – bei wichtigen Informationen (Mängel, Defekte, Wartungstermine etc.) parallel auch über mehrere Kanäle informiert. Sämtliche Aktivitäten werden im Hintergrund automatisch und nachvollziehbar protokolliert, was Abläufe transparent macht. Die komplette Projekt-Kommunikation ist revisionssicher und wird über einen zentralen Verteiler abgewickelt, damit kein Projektbeteiligter vergessen wird. Der Zugang aller Projektteilnehmer erfolgt passwortgeschützt über einen gängigen Web-Browser – vom Büro-PC aus per DSL-Breitbandnetz, respektive von der Baustelle per Mobilfunk mit Note-/Netbook, Tablet oder Smartphone. Web-Browserbasierte PKMS setzen weder eine Softwareinstallation voraus, noch stellen sie besondere Hardware- oder Betriebssystemanforderungen. Nur ein stabiler, ausreichend schneller Internetzugang wird vorausgesetzt (Datenrate ab 10/1 Mbit/s, download/upload).
Funktionsweise und Kosten
Nachdem sich der Projektteilnehmer in das PKMS mit Benutzername und Passwort eingeloggt hat, kann er ein bestimmtes Projekt, ein Gebäude, einen Bauabschnitt, ein Geschoss etc. auswählen, aktuelle Projektinformationen über Projektstände, Termine etc. einsehen, Dokumente einstellen oder abrufen etc. Alle Dokumente lassen sich mit einer „Suchfunktion“ über bestimmte Abfragekriterien (Bezeichnung, Nummer, Erstellungs-/Änderungsdatum, Autor, Inhalt(e), Format etc.) gezielt aus dem Datenpool herausgreifen.
Neben der Dokumentablage und Kommunikation bieten PKMS teilweise auch Ausschreibungs-, Projekt- und Mängelmanagement-, Controlling-, Webconferencing- oder Desktopsharing-Funktionen. Mit Letzteren kann man Besprechungen standortunabhängig zwischen einzelnen Personen oder Projektteams führen und gemeinsam an Dokumenten arbeiten.
Zuständig für die Bereitstellung, Wartung, und Verfügbarkeit der Online-Dienste ist der PKMS-Betreiber. Dieser rechnet seine Leistungen monatlich ab, beispielsweise nach dem belegten Speicherplatz oder der Teilnehmeranzahl. Die meisten Betreiber bieten eine kostenlose Testnutzung für einen begrenzten Zeitraum (z. B. 30 Tage), eine maximale Datenmenge (z. B. 25 MByte) oder eine maximale Teilnehmerzahl an. Wichtig ist, dass der Nutzungsvertrag monatlich kündbar und der Leistungsumfang (Speicherplatz, Teilnehmerzahl etc.) je nach aktuellem Bedarf ausgebaut oder reduziert werden kann.
Wie unterscheiden sich die Systeme?
PKMS werden meist vom Bauherrn, Investor oder Generalplaner vorgegeben. Dieser sollte allerdings den Markt und die unterschiedlichen Lösungen kennen. Neben branchenneutralen Lösungen wie etwa Microsoft Project oder Basecamp, die strukturell und funktional die Projektarbeit am Bau nur unzureichend abdecken, gibt es zahlreiche auf die Bau- und Facility Management-Branche spezialisierte Projekträume (siehe Infokasten).
Je nachdem, ob neben der Projektplanung und Bauausführung auch die spätere Gebäudebewirtschaftung unterstützt wird, unterscheiden sich die Lösungen in der Technik und im Funktionsumfang. Wichtig nicht nur für die Bauphase sind Planmanagement-Funktionen: So sollten Pläne über mehrere, individuell definierbare Attribute beschrieben, über eine zuvor definierte Plancodierung eindeutig bezeichnet und mit mehreren Dateien verknüpft werden können (CAD-, DWG-, DWF-, PDF-Datei, Massen-/Mengen-/Stücklisten, Visualisierungen etc.). Eine automatische Versionsverwaltung sollte für die geordnete Ablage älterer Plan- oder Dokumentversionen sorgen und die Versionshistorie nachvollziehbar machen. Eine automatische Anzeige geänderter Planbereiche vereinfacht den Vergleich von Planständen. Über eine zentrale Benutzer- und Rechteverwaltung sollte man neue Benutzer und Benutzergruppen anlegen, Zugriffsrechte für Einzelne oder Gruppen vergeben und verwalten können.
Datenbank für Gebäudebetreiber
Die während des Projektverlaufs angesammelten Dokumente und Informationen sind in der Nutzungsphase wertvoll für Gebäudeverwalter, Eigentümer oder Makler. Bereits während der Bauphase entsteht mithilfe des Planarchivs, der Baudokumentations- und Mängelverwaltungsfunktionen oder dem Fotoarchiv eine as-built-Dokumentation des Gebäudes, so wie es gebaut wurde. Die darin enthaltenen Informationen sind eine wertvolle Hilfe nicht nur beim Gebäudebetrieb, der Reinigung, Wartung oder Instandhaltung, sondern auch bei späteren Umbau- oder Sanierungsmaßnahmen.
Für die gesamte Gebäude-Nutzungsphase bieten PKMS einen sicheren Online-Zugang zum gesamten Dokumentbestand, der allerdings FM- und Life-Cycle-Management-gerecht strukturiert werden muss. Wichtig ist, bereits bei der PKMS-Auswahl abzuklären, wie die PKMS-Daten nach Projektabschluss genutzt werden müssen. Es gibt zwar bereits Arbeitskreise und Lösungsansätze, die sich mit der PKMS- und FM- bzw. CAFM-Anbindung befassen, das Thema ist und bleibt aber bis auf Weiteres eine Herausforderung.
Neue Funktionen und Trends
Ähnlich wie BIM-Server oder BIM-Clouds – das sind speziell auf die BIM-Planungsmethode zugeschnittene Projekträume – offerieren auch PKMS-Systeme zunehmend BIM-Funktionen. Standard sind inzwischen IFC-Viewer und Modellchecker (siehe auch IVV 5/2019: Jetzt kann das jeder Checken). Damit können BIM-Modelle im Büro oder über Apps auch mobil aus beliebigen Perspektiven betrachtet, Grundrisse, Ansichten, Schnitte oder Bauteileigenschaften angezeigt werden.
Mit Modellcheckern lassen sich BIM-Fachmodelle zusammenführen, um sie zu analysieren, zu prüfen, zu kommentieren und eventuelle Kollisionen, Fehler und Probleme samt korrespondierendem Screenshot an Projektbeteiligte als digitale BCF-Nachricht, inklusive Arbeitsanweisungen und Prioritäten weiterzuleiten.
PKMS und Datensicherheit
Wer sensible Objektdaten einem PKMS-Dienstleister übergibt, muss ihm vertrauen können. PKMS sollten deshalb nicht nur gemäß der internationalen Norm für Informationssicherheit ISO 27001 zertifiziert sein. Achten sollte man auch auf die Datensicherheit und den -schutz, die Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit des Projektraums sowie die Sicherheit sensibler Personen- und Projektdaten. Da auch personenbezogene Daten über Projekträume verarbeitet werden, sollten Nutzer gemäß DSGVO mit dem Anbieter eine Vereinbarung über eine Auftragsdatenverarbeitung abschließen. Zwar transferieren Anbieter Daten nur verschlüsselt über sichere Datenverbindungen und nur zugriffsberechtigte Teilnehmer erhalten einen Zugang. Zudem werden die Daten von hiesigen Anbietern auf deutschen oder europäischen Servern mit strengeren Sicherheitsstandards abgelegt. Einen hundertprozentigen Schutz gibt es aber nicht. Da auch Störungen beim eigenen Internet-Provider auftreten können, sollte man auch Notfallpläne vorbereiten: z. B. alternative Kommunikationswege, alternative PKMS-Anbieter, alternative Internet-Zugänge etc.
PKMS-Lösungen und Anbieter Link- und Literaturtipps
Marian Behaneck
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