Energieausschreibung durch Immobilienverwalter

Im günstigen Einkauf liegt der Gewinn. Das gilt besonders für den Bezug teurer Brennstoffe. Der Wechsel des Gaslieferanten kann eine deutliche Entlastung für Mieter bringen, doch schrecken Verwalter meist vor eigenen Ausschreibungen zurück. Warum eigentlich? Unser Experte erklärt, wie man den Wechsel des Lieferanten systematisch vorbereitet.

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Prof. Dr. Gerald Graf, Geschäftsführer DIG Deutsche Industriegas GmbH. FOTO: DIG
Prof. Dr. Gerald Graf, Geschäftsführer DIG Deutsche Industriegas GmbH. FOTO: DIG

Ein Wechsel des Gaslieferanten soll nicht nur den Mietern geringere Heizkosten bescheren. Der Verwalter erhält dadurch auch die Chance, die Arbeitsprozesse im eigenen Unternehmen zu optimieren. Dennoch scheuen Immobilienverwalter häufig vor einer eigenen Ausschreibung im Energiebereich und dem sich anschließenden Lieferantenwechsel zurück. Ein Grund mag darin liegen, dass der damit verbundene Arbeitsaufwand nicht vergütungsfähig ist. Entsprechend gering ist die Motivation, sich dieser Aufgabe anzunehmen. Auch fühlen sich einige Verwalter nicht kompetent genug für eine eigene Ausschreibung. Doch die Angst ist unbegründet, eine Energie-Ausschreibung ist recht leicht umgesetzt. Was spricht für eine Ausschreibung durch den Verwalter?

Reduktion der „zweiten Miete“: Kostenersparnis beim Kunden
Aufgrund des hohen Anteils der Energiekosten (Strom und Heizgas) an den Betriebskosten eines Wohnobjektes verwundert es nicht, dass Eigentümergemeinschaften und Beiräte, aber auch Vermieter die sogenannte „zweite Miete“ immer stärker in den Blick nehmen und die Forderung nach günstiger Energie - beschafft durch den Verwalter - immer lauter wird. Ziel einer jeden Ausschreibung ist es deshalb, die besten Marktpreise für Energie zu erhalten.
 

Optimierung des Verwaltungsaufwandes: Erhöhung der Profitabilität
Ein nicht zu unterschätzender Grund für eine Ausschreibung ist, dass sich dadurch Optimierungspotenziale im eigenen Unternehmen erschließen lassen. Dieses Potenzial liegt in der deutlichen Reduktion des Verwaltungsaufwandes. Untersuchungen zeigen, dass sich bis 15 % des Verwaltungsaufwandes durch die Bündelung von Einzelverträgen abschmelzen lassen. Damit sind dann alle bislang aufwändig einzeln verwalteten Abnahmestellen - die in der Regel jeweils einen eigenen Energieliefervertrag haben - zu einem Bündel zusammengefasst. Alle diese Abnahmestellen bekommen einen einheitlichen Tarif, alle Verträge sind zeitlich synchronisiert und die Schlussabrechnung wird zu einem Zeitpunkt für alle Abnahmestellen gleichzeitig erstellt und in einem Dokument an den Verwalter übermittelt - idealerweise über eine Schnittstelle direkt an die Verwaltungssoftware. Vorbei die Zeiten der aufwändigen Einzelzuordnung von Belegen und umständlich erstellten Abrechnungen und Wirtschaftsplänen.

Günstigere Warmmieten für Kunden: Erhöhung der Nachfrage und Rentabilität
Günstigere Energiebezugspreise führen eins zu eins zu einer Reduktion der Gesamtmiete in einem Objekt und machen es damit für einen Mietinteressenten deutlich interessanter. Oder unternehmerisch aus Sicht eines Vermieters ausgedrückt: Geht der Anteil der Energiekosten bei gegebener Warmmiete zurück, steigt die Rentabilität des Mietobjektes, weil Spielraum für höhere Nettokaltmieten entsteht. Es spricht also vieles dafür, eine Ausschreibung selbst durchzuführen. Aber wie genau ist eine Ausschreibung zu planen und auf was ist zu achten?
1. Schritt: Planen Sie Ihre Ausschreibung
Vor Beginn einer Energieausschreibung sollte eine realistische Zeitplanung erfolgen. Neben den vorgegebenen vertraglichen Eckwerten wie Kündigungszeitpunkte, Vertragslaufzeiten etc. sollten Sie in den Plan auch organisatorische Notwendigkeiten wie z.B. die Personaleinsatzplanung einarbeiten: Welcher Mitarbeiter soll mit der Ausschreibung betraut werden?
2. Schritt: Geben Sie die Tarifstruktur vor
Angesichts der Vielzahl von möglichen Vertragskonstellationen bei der Lieferung von Energie ist es unabdingbar, dass die Eckpunkte der Energietarife (Strom und Gas) festgelegt werden, damit Sie nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Mit anderen Worten: Sie geben vor, was Sie als Tarif wollen, alle Bieter müssen sich Ihren Vorgaben entsprechend anpassen. Dies ist sicherlich inhaltlich der kniffligste Teil der Ausschreibung. Hier die wichtigsten Eckpunkte:

Unpünktliche Zahlung kann das Geschäftsraummietverhältnis stören. Zahlt sich der Mieter unpünktlich, kann der Vermieter eine Abmahnung aussprechen. Eine solche Abmahnung ist die Vorstufe für weitergehende Maßnahmen, wie eine Kündigung des Mietverhältnisses. Dieses...
  • Vertragslaufzeit: Lassen Sie sich nicht auf zu lange Vertragslaufzeiten ein, dadurch können Sie bei schwankenden Energiepreisen nicht flexibel genug reagieren. 2-Jahres-Verträge sind das gesetzliche Maximum bei Privatkunden.
  • Vertragsverlängerung: Jeder Vertrag, der nicht rechtzeitig gekündigt wird, verlängert sich automatisch. Geben Sie die Bedingungen klar vor.
  • Kündigungsfrist: Achten Sie darauf, dass Sie genügend Vorlauf brauchen bei einer Neuausschreibung und setzen Sie die Kündigungsfristen so, wie es in Ihren Verwaltungsablauf am besten passt. Je kürzer die Kündigungsfrist, desto flexibler sind Sie.
  • Preisgarantie: Viele Anbieter garantieren einen Festpreis für einen bestimmten Zeitraum. Achten Sie darauf, welche Preisbestandteile von der Preisgarantie erfasst sein sollen. Idealerweise schreiben Sie nur für den reinen Energiebezug den sogenannten Energiepreis aus. Alle anderen Preisbestandteile wie z.B. Netznutzungsgebühren, Abgaben oder Steuern stehen fest und lassen sich vom Versorger nicht beeinflussen. Durch die Ausschreibung des reinen Energiepreises können Sie die Angebote direkt vergleichen.
  • Stichtagsabrechnung: Um Ihre besonderen Wünsche als Verwalter zu befriedigen, nämlich die schnelle und genaue Abrechnung zu Jahresbeginn, ist eine Stichtagsabrechnung zwingend vorzusehen.

3. Schritt: Bereiten Sie die Daten zu einem „Ausschreibungs-Bündel“ auf
Ohne eine vollständige Datenaufbereitung ist jede Ausschreibung wertlos, dies ist insbesondere bei einer Erstausschreibung der Teil, der zeitlich am meisten Aufwand verursacht. Erstellen Sie eine Lieferstellenliste aller Abnahmestellen mit folgenden Daten, die Sie in der Regel aus den Vorjahresrechnungen bzw. den aktuellen Lieferverträgen entnehmen können (Beispiel: Erdgas).

  • Lieferstellenanschrift mit Straße und Hausnummer, Leistungsempfänger
  • Zählernummer
  • Name des Vorversorgers und Kundennummer
  • Marktgebietszuordnung (NCG oder Gaspool), Gasqualität (H-Gas, L-Gas)
  • Klassifizierung der Abnahmestelle (in der Regel Standardlastprofilkunde SLP), bei großen Abnahmestellen Kunde mit registrierender Leistungsmessung (RLM)
  • Verbrauchsdaten: Jahresverbrauch in kWh
  • Termine: Kündigungstermin und -frist, Lieferbeginn, Lieferende

Ziel des Bündels ist es, alle aufgeführten Abnahmestellen mit einem Vertrag zu versorgen, d.h. dass alle Lieferstellen den gleichen Tarif, den gleichen Energiebezugspreis und gleiche Laufzeiten erhalten. Gute Versorger unterstützen Sie bei diesem Prozess, übermitteln Ihnen Excel-Vorlagen und einige helfen Ihnen sogar bei der Datenanalyse.
4. Schritt: Wählen Sie geeignete Anbieter für die Ausschreibung aus
Der zukünftige Liefervertrag sollte nur an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen vergeben werden. Verlangen Sie Nachweise (z.B. Auszug aus dem Gewerbezentralregister) oder Referenzen von mindestens drei vergleichbar großen Kunden. In der Energiewirtschaft ist es sehr wichtig, dass der Anbieter den Wechselprozess beherrscht. Darüber kann man viel im Internet erfahren. Suchen Sie sich Bewertungen im Internet heraus. Noch viel wichtiger für Sie ist, dass der neue Versorger die Bedürfnisse der Immobilienwirtschaft kennt und mit seinen Dienstleistungen auf diese Branche ausgerichtet ist. Nicht jeder Versorger kann bundesweit Verträge bündeln oder zu einem Stichtag abrechnen. Übersenden Sie nun allen ausgewählten Anbietern die Ausschreibungsunterlagen mit Lieferstellenübersicht und Definition des gewünschten Tarifs. Setzen Sie eine Abgabefrist.
5. Schritt: Auswahl des geeigneten Bieters
Das wirtschaftlich günstigste (nicht das billigste!) Angebot sollte ausgewählt werden. Dass bei unterschiedlichen Kriterien der Preis das höchste Gewicht bei der Auswahl besitzt, ist nachvollziehbar. Doch es sind weitere Kriterien für Sie als Verwalter wichtig, nämlich jene, die sicherstellen, dass der Wechselprozess tatsächlich funktioniert und Sie nicht in eine „Service-Falle“ laufen. Hilfreich für das Treffen der richtigen Entscheidung kann unsere Tabelle sein, mit der Sie jedes Angebot individuell bewerten können. Der Anbieter mit der höchsten Punktzahl erhält dann den Zuschlag.
Bleibt zum Schluss noch die Frage, ob man die Ausschreibung selbst vornimmt oder einen Experten damit beauftragt. Viele Verwalter bedienen sich der Beratungsleistungen externer Energiemakler, die „Full-Service-Lösungen“ anbieten. Diese Berater übernehmen, nachdem eine umfassende Vollmacht erteilt wurde, das gesamte Leistungsspektrum: Datenanalyse vor Ort, Bündelung der Verträge, Ausschreibung und Vergabe. Energieberater, die neutral sind und sich für diese Dienstleistungen vom Auftraggeber transparent honorieren lassen, sind hier die beste Wahl. Doch Vorsicht: Es treten immer mehr schwarze Schafe auf dem Markt auf. Manche Energieberater, die zugleich auch Fördermitglied in namhaften Verbänden sind, nutzen die Intransparenz des Marktes, um ihren Kunden vermeintlich günstige Angebote zu unterbreiten. So erhalten Sie als Auftraggeber oftmals die Ausschreibung nicht zur Einsicht, sondern werden lediglich über das Ergebnis der Ausschreibung und die realisierte Kosteneinsparung informiert.
Was Ihnen nicht gesagt wird: Diese Energiemakler erhalten Provisionen von den Versorgern. Klar, dass ein Energieberater nicht mehr unabhängig ausschreiben kann, wenn ein Versorger bis zu 0,3 ct/kWh an Provisionszahlungen dem Energiemakler für seine Vermittlungsleistung anbietet. Um die Höhe der Provision deutlich zu machen: Verwalten Sie einen Gasbestand von z. B. 3 GWh/a, so würde sich daraus eine Provisionszahlung von 90.000 € für den Energieberater ergeben.

Vorsicht bei Energiemaklern, die von Lieferanten Provision erhalten
Dass der Versorger, der die höchsten Provisionen zahlt, bevorzugt wird, versteht sich von selbst. Diese Provisionen sind natürlich in die Energiepreise einkalkuliert, werden also letztendlich vom Endkunden bezahlt. Damit kann eine Ausschreibung durch einen Energiemakler, der Provisionen von Versorgern erhält, preislich nie mit einer direkten Ausschreibung mithalten. Mit anderen Worten: Durch den Wegfall einer Handelsstufe (Energiemakler) können günstigere Preise realisiert werden, wovon Sie oder Ihre Kunden profitieren.
Der wirtschaftlichste Weg ist und bleibt demnach die eigene Ausschreibung, und sie ist kein Buch mit sieben Siegeln. Wer mit den Energieversorgern seiner Wahl die Ausschreibung selbst vornimmt, lernt nicht nur das Serviceniveau des Anbieters kennen, sondern auch jene Prozesse im eigenen Unternehmen, die sich zukünftig leicht optimieren lassen und somit auch zu einer Erhöhung der eigenen Profitabilität führen.

Autor: Prof. Dr. Gerald Graf
Geschäftsführer DIG
Deutsche Industriegas GmbH

Redaktion (allg.)

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