Rauchmelderpflicht und Barrierefreiheit in Einklang bringen
Realisieren lässt sich das nur mit funkvernetzten Rauchwarnmeldern, die den Anschluss zusätzlicher Signalgeber und Fernsteuerungen sowie ggf. die Anbindung an die Gebäudesystemtechnik ermöglichen. Nach derzeitigem Stand der Technik ist dann allerdings keine Fernauslesung möglich, die gerade bei größeren Wohnungsbeständen den Aufwand für die jährliche Inspektion deutlich reduziert. Wer auf Ferninspektion nicht komplett verzichten will, muss Rauchwarnmelder unterschiedlicher Bauweisen in seinen Wohnungen installieren. Für den wirtschaftlichen Betrieb solcher Mischinstallationen ist es wichtig, Geräte einzusetzen, die kompatibel und bei Mieterwechsel leicht austauschbar sind.
Was bedeutet barrierefrei?
Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) [1] definiert: „Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.“
Damit wird deutlich, dass „barrierefrei“ nicht nur die Erschließung von Wohnungen meint, beispielsweise durch Aufzüge und ausreichende Türbreiten. Vielmehr sind auch haustechnische Anlagen inklusive Signal- und Bedienelementen so auszuführen, dass sie von Menschen mit Einschränkungen ohne fremde Hilfe genutzt werden können. Das gilt auch für Rauchwarnmelder, deren akustische Warnung vor lebensbedrohenden Feuergefahren beispielsweise Menschen mit Hörschädigung nicht verlässlich erreicht. Zudem müssen Bewohner, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, den Melder bedienen können, etwa bei einem Fehlalarm oder für einen Funktionstest. Je nach Behinderung bzw. Einschränkung sind deshalb in barrierefreien Wohnungen zusätzliche Maßnahmen erforderlich.
Zwei-Sinne-Prinzip
Gemäß DIN 18040-2 sind „Räume innerhalb von Wohnungen barrierefrei nutzbar, wenn sie so dimensioniert und bauseits ausgestattet bzw. vorbereitet sind, dass Menschen mit Beeinträchtigungen sie ihren speziellen Bedürfnissen entsprechend leicht nutzen, einrichten und ausstatten können“. Die Norm stellt dabei auf das „Zwei-Sinne-Prinzip“ ab. Diesem Prinzip folgend sind fehlende Sinnesleistungen durch mindestens eine weitere Wahrnehmungsform zu kompensieren. Zwei von den drei Sinnen „Hören, Sehen, Fühlen“ sollten also gleichzeitig angesprochen werden. So bekommen beispielsweise Hörgeschädigte das Warnsignal eines Rauchwarnmelders zusätzlich auch visuell durch eine Blitzleuchte oder taktil über einen Vibrationsalarm angezeigt.
Barrierefrei vernetzt
Die gleichzeitige Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen „Rauchwarnmelderpflicht“ und „Barrierefreiheit“ in Wohnungen lässt sich sinnvoll nur mit (wohnungsweise) funkvernetzten Rauchwarnmeldern umsetzen. Diese erlauben etwa den Anschluss zusätzlicher Signalgeber, beispielsweise für Hörgeschädigte, und die Anbindung an die Gebäudesystemtechnik zur Weitergabe von Gefahrenwarnungen sowie zum Auslösen ereignisabhängiger lokaler Steuerungen wie „Licht einschalten“ oder „Lüftung abschalten“. Fernbedienungen ermöglichen außerdem das Testen und Stummschalten von Rauchwarnmeldern aus der Entfernung.
Herausforderungen für die Wohnungswirtschaft
Für die Wohnungswirtschaft und ihre Dienstleister schafft der zunehmende Anteil vernetzter Rauchwarnmelder in barrierefreien Wohnungen neue Herausforderungen.
Wohnungsweise funkvernetzte Rauchwarnmelder, die mit barrierefreiem Zubehör kompatibel sind, lassen sich zurzeit nur vor Ort nach Verfahren A der Norm DIN 14676-1 [2] inspizieren. Eine Ferninspektion mit verringertem Personalaufwand nach Verfahren B oder C der Norm ist in barrierefreien Wohnungen mit vernetzten Meldern aktuell nicht möglich. In Neubauten wird es deshalb teilweise keine einheitliche Art der Melderinspektion mehr geben. Vielmehr werden unterschiedliche Meldertypen und Inspektionsarten gleichzeitig zum Einsatz kommen. Durch die steigende Nachfrage nach barrierefreiem und seniorengerechtem Wohnraum wird die Anzahl der Mischinstallationen im Bestand voraussichtlich zunehmen.
Dienstleister benötigen Fachwissen
Bei der Ausstattung von barrierefreien Wohnungen mit Rauchwarnmeldern ist es deshalb erforderlich, unterschiedliche Rahmenbedingungen und Vorschriften im Blick zu behalten: Einerseits müssen Vermieter durch fachgerechte Inspektionen der gesetzlich geforderten Verkehrssicherungspflicht nachkommen, nicht zuletzt um mögliche Haftungsrisiken im Schadenfall zu minimieren. Andererseits muss die Wohnungswirtschaft auf ihre Betriebskosten achten und für eine Optimierung der technischen Abläufe im Regelbetrieb sorgen. Für die Planung von Rauchwarnmeldersystemen und die wirtschaftliche Durchführung von Inspektionen in gemischten Installationen sind deshalb Know-how und Flexibilität erforderlich. Dabei bietet es sich an, die Dienstleistungen aus einer Hand zu beziehen – beispielsweise durch einen spezialisierten Rauchwarnmelder-Servicedienstleister. Das Elektrohandwerk besitzt ebenfalls viel Erfahrung beim Ausstatten barrierefreier Wohnungen, da die Installationsarbeiten dort umfangreicher ausfallen und entsprechendes Fachwissen voraussetzen.
Flexible und skalierbare Rauchwarnmelder
Auf Produktseite sind flexibel einsetzbare Geräte erforderlich. Schließlich lassen sich beim Neubau einer barrierefreien Wohnung die erforderlichen Eigenschaften der Rauchwarnmelder per se noch nicht festlegen, weil sie von der Art der Einschränkung der zukünftigen Bewohner abhängen. Bei Nutzerwechseln können sie sich außerdem jederzeit ändern, bis hin zum Einbau einer bislang nicht vorhandenen barrierefreien Ausstattung. Die im Wohnungsbestand verwendeten Rauchwarnmelder sollten idealerweise vom gleichen Hersteller sein. Nur so ist garantiert, dass sie unabhängig von der Inspektionsart untereinander kompatibel und leicht austauschbar sind. Dabei spielen auch Details eine große Rolle. Wird beispielsweise eine einheitliche Montageplatte verwendet, muss lediglich der Melder selbst ausgetauscht werden. Das Entfernen des alten und Befestigen eines neuen Meldersockels entfällt.
Fazit
Der Anteil barrierefreier Wohnungen am Gesamtbestand wird durch gesellschaftliche Entwicklungen und aktuelle gesetzliche Anforderungen weiter zunehmen. Bei der Planung und beim Betrieb von Rauchwarnmeldern müssen unterschiedliche Meldertypen und Inspektionsverfahren berücksichtigt werden. Damit steigen auch die Anforderungen an Fachwissen und Flexibilität der Dienstleister. Produktseitig sind Rauchwarnmelder erforderlich, die untereinander kompatibel und leicht auszuwechseln sind.
Definition: Funkvernetzung und Fernauslesung
Literaturhinweise
Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz – BGG) vom 27.4.2002, zuletzt geändert durch Art. 9 G v. 2.6.2021, https://www.gesetze-im-internet.de/bgg/BGG.pdf [Zugriff am: 05.04.2022].
DIN 14676-1:2018-12 Rauchwarnmelder für Wohnhäuser, Wohnungen und Räume mit wohnungsähnlicher Nutzung – Teil 1: Planung, Einbau, Betrieb und Instandhaltung.
DIN 18040-1:2010-10 Barrierefreies Bauen Planungsgrundlagen – Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude.
Deutsches Institut für Bautechnik: Stand der Umsetzung der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) in den Ländern – Stand: 10. Februar 2022, https://www.dibt.de/fileadmin/dibt-website/Dokumente/Referat/P5/Technis… [Zugriff am: 05.04.2022].
Redaktion (allg.)
Anhang | Größe |
---|---|
Beitrag als PDF herunterladen | 305.54 KB |
◂ Heft-Navigation ▸