Das Interview

Anfang September legte die „Projektgruppe Berufsbild“ auf der Hauptversammlung der IFMA Deutschland e. V. einen ersten Entwurf vor. Bettina Kieke sprach für die Redaktion „Immobilien vermieten“ mit Dr. Karin Albert und Prof. Dr. Klaus Homann, Leiter des Arbeitskreises.

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Facility Management hat viele Facetten. In der Literatur findet man sehr unterschiedliche Definitionen zu dem Begriff. Gibt es also auch unterschiedliche Berufsbilder, was ein Facility Manager ist?

Homann:
Nein, wir entwickeln ein Berufsbild. Aber verschiedene Berufsbilder bestehen zur Zeit in den Köpfen vieler Beteiligter. Es gibt keine einheitliche Auffassung darüber, was ein Facility Manager macht und in welchen Verantwortungsbereichen eines Unternehmens er beispielsweise angesiedelt ist. Wie grenzt er sich von anderen Berufsgruppen ab, die von ihrer Tätigkeit her in dieses Feld hineingehören. Es gibt keine klaren Aussagen darüber, welche konkreten Kompetenzen einen Facility Manager auszeichnen: fachliche, soziale, Methoden- und Individualkompetenzen ~ Kompetenzen, die ihn in die Lage versetzen, diesen Beruf auszuüben und konkrete Problemstellungen zu lösen. Und es gibt auch keine einheitliche Meinung darüber, welches Qualifikationsprofil denn eigentlich ein Facility Manager hat.

Woran liegt das?

Homann:
Das hat unter anderem sehr viel mit der Historie des Facility Managements in Deutschland als wahrnehmbare Profession zu tun. Facility Management ist ja nichts Neues. FM wird schon lange betrieben ~ und zwar immer dann, wenn es in Unternehmen und Organisationen des öffentlichen und privaten Bereichs darum geht, für das, was man tut, die entsprechende Infrastruktur und Dienste zur Verfügung zu stellen – also einen Arbeitsplatz, Produktionsstätten, die Versorgung der Arbeitsplätze und Arbeitstätten.
Facility Management, auch vom Begriff her, entstand in Deutschland vorwiegend in einem immobilienwirtschaftlich geprägten Rahmen. Das hat damit zu tun, dass Infrastrukturen, die man braucht, um produzieren zu können, häufig bauliche Anlagen sind. Aber halt eben nicht nur. Und daraus ist im Endeffekt ein Wirrwarr aus Begriffsauffassungen entstanden und sehr verschiedene Ansichten darüber, was ein Facility Manager eigentlich können muss.
Interessant in diesem Zusammenhang ist die Erkenntnis, dass das Facility Management in Deutschland eine sehr viel dynamischere und schnellere Entwicklung genommen hat als in den USA, dem eigentlichen Mutterland des Facility Managements.

Albert:
Eine schnelle, aber auch eine sehr einseitige Entwicklung.
Eine Ergänzung: Das, was die Arbeitsgruppe bis jetzt vorgelegt hat, ist nicht mehr als ein Entwurf, wie ein solches Berufsbild aussehen kann, der noch untersetzt werden muss. Das neue, was wir ganz deutlich machen möchten, ist: Weg von der alleinigen Sicht auf die Gebäude. Wir sagen, Facility Management ist Bereitstellen aller Infrastruktursysteme, aller Dienste für das Kerngeschäft des Unternehmens/der Organisation. Dazu gehören alle Aktivitäten, die eine optimale Verzahnung zwischen Kerngeschäft und Sekundärgeschäft ermöglichen.
Es gibt drei Betrachtungsebenen. Erstens – der Facility Manager, der beim Eigner der Kernprozesse tätig ist, der also einen ganz engen Bezug zu den wertbildenden Unternehmensprozessen hat. Zweitens – der Facility Manager, der beim Verwalter der Immobilie ist. Das ist das, was wir klassisch als Property Management bezeichnen. Und drittens eben der Dienstleister im Facility Management, also der Facility Manager, der beim Dienstleister direkt tätig ist und auf vertraglicher Basis arbeitet. Wenn wir dann noch die Differenzierung im Kerngeschäft des Kunden sehen, erhalten wir ein ganz vielfältiges Bild eines Facility Managers.

Da möchte ich gleich mal einhaken: Wird es Spezialisierungen geben?

Homann:
Es wird Spezialisierungen geben, jedoch nicht im Sinne von Berufsbildern, aber sehr spezielle Einsatzgebiete für den Facility Manager. Ich denke da zum Beispiel an Dienstleister, die sich auf die Health-Care Branche ausrichten. Das spezifische Fachwissen wird sehr unterschiedlich sein. Was aber die allgemeinen Kompetenzen, das grundlegende Qualifikationsprofil des Facility Managers anbelangt, wird es keine Differenzen geben.
Sie benannten am Anfang eine Reihe von Kompetenzen, die ein Facility Manager nachweisen müsse, die sich allerdings nicht von ganz normalen Führungseigenschaften unterscheiden.

Wenn der Mieter das Mietverhältnis kündigt, bittet er oft um Bestätigung der Kündigung. Auch der Vermieter sollte ein Interesse daran haben, die Mieterkündigung zu bestätigen. Dieses Schreiben bietet ihm die Gelegenheit nicht nur den Beendigungszeitpunkt aus Sicht...

Homann:
Das ist vollkommen richtig, denn es ist vorrangige Aufgabe des Facility Managers sowohl Mitarbeiter und Subunternehmer anzuleiten und zu führen als auch Prozesse zu steuern. Es gibt eine einheitliche Auffassung, ein Grundmuster, welche Kompetenzen eine Führungskraft haben sollte. Und dieses Grundmuster behalten wir hier selbstverständlich bei. Wir müssen jetzt herausarbeiten, wodurch sich zum Beispiel Methodenkompetenz im Facility Management ausdrückt. Oder was ist das Besondere, das die fachliche Kompetenz ausmacht? Worin bestehen die Inhalte einer solchen fachlichen Qualifikation? Das wirkt sich dann auch auf das Qualifikationsprofil aus. Wir erwarten beim Berufseinsteiger den Abschluss eines Studiengangs Facility Management.

Gibt es zertifizierte Bildungseinrichtungen, die dieses Studium anbieten?

Homann:
Wir haben eine Vielzahl von Aus- und Weiterbildungseinrichtungen für Facility Management. Und hier wird auch sehr gute Arbeit geleistet. Es ist eine sehr erfreuliche Situation, dass in den letzten Jahren die Zahl der Studiengänge an  Fachhochschulen und Berufsakademien sehr stark zugenommen hat, was die Erstausbildung, die grundständigen Studiengänge anbelangt. Die Ausbildung wird von Studieninteressenten und von den Unternehmen nachgefragt. Auch im Weiterbildungsbereich verzeichnen wir eine dynamische Entwicklung. Wir kennen eine ganze Reihe Einrichtungen, die seit Jahren sehr gute Arbeit leisten - sowohl hochschulverbundene als auch andere Anbieter.
Die Erfolge, die im Bildungsbereich in den letzten Jahren erzielt werden konnten, müssen auf eine neue qualitative Stufe gehoben werden. Es geht darum, die neuen Entwicklungen im Facility Management im internationalem und nationalem Rahmen verstärkt in die Lehre zu integrieren und dabei noch stärker mit der Praxis zu verbinden Das bis zum Jahr 2010 etablierte gestufte Studiensystem aus Bachelor und Master mit europaweit vergleichbaren Abschlüssen, wird dazu führen, dass sehr viel Transparenz in diesen Bereich kommt.

Wie lange wird es noch dauern, bis es eine konkrete Definition des Berufsbildes „Facility Manager“ gibt?

Albert:
Das kommt ganz stark darauf an, wie viele Mitstreiter wir haben. Wir brauchen aus allen Bereichen, sowohl aus dem Dienstleistungssektor als auch aus den Kernprozessbereichen, also aus den Unternehmen, die Facility Management anwenden, Unterstützung, damit wir das Berufsbild erarbeiten können.

Redaktion (allg.)

Pixabay/ Mohamed_hassan

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