Dramatischer Mietanstieg um 11,4 Prozent in einem Jahr
Die deutliche Zunahme um 11,4 Prozent ist eines der zentralen Ergebnisse der Untersuchung des Moses Mendelssohn Instituts in Kooperation mit dem Immobilienportal WG-Gesucht.de und dem Projektentwickler GBI. Dabei wurden die Wohn-Angebote in allen 95 deutschen Hochschulstädten mit mindestens 5.000 Studierenden ausgewertet. Durchgeführt wird die unabhängige Marktbeobachtung seit 2013.
„Diese Zeitreihe erlaubt einen langfristigen Vergleich über ein Jahrzehnt und belegt, dass es eine Preiserhöhung in dieser Form bisher nicht gegeben hat“, resümiert Dr. Stefan Brauckmann, Geschäftsführender Direktor am Moses Mendelssohn Institut (MMI). 2019 dokumentierten MMI und WG-Gesucht.de mit 7,1 Prozent die bisher deutlichste bundesweite Mietensteigerung für Studierende. Dr. Brauckmann: „Das war schon damals eine bemerkenswerte Zunahme im erhitzten Markt, diesmal toppt die Veränderung aber alles bisher Dagewesene.“
Teilweise ist die jetzige Preis-Explosion Resultat eines Nachhol-Effekts. „Zwei Jahre sorgte die Corona-Pandemie bei Neuvermietungen eher für eine Seitwärtsbewegung der Preise“, erklärt Dr. Brauckmann die Zahlen: „Damit ist es jetzt vorbei. In 89 von 95 Städten der Hochschulstädte-Liste sind Zimmer in einer WG jetzt teurer als noch 2021.“
Für Wohnungssuchende an einigen Hochschul-Standorten sei die Steigerung sowohl prozentual als auch nominal klar überdurchschnittlich ausgefallen. „Die höchsten Preisaufschläge verteilen sich dabei sowohl auf Metropolen, als auch klassische Uni-Städte und kleinere Standorte“, erläutert MMI-Direktor Dr. Brauckmann: „Betroffen sind zudem unterschiedlichste Regionen und auch die unterschiedlichsten Preis-Kategorien.“ So erhöhten sich innerhalb eines Jahres die Preise beispielsweise
- in Erfurt um 21,8 Prozent (von 275 auf 335 Euro),
- in Lüneburg um 18,2 Prozent (von 330 auf 390 Euro),
- in Erlangen um 17,9 Prozent (von 380 auf 448 Euro),
- in Düsseldorf um 17,6 Prozent (von 425 auf 500 Euro),
- in Freiburg um 16,7 Prozent (von 420 auf 490 Euro),
- in Bonn um 16,3 Prozent (von 400 auf 465 Euro),
- in Ludwigsburg um 15,7 Prozent (von 420 auf 486 Euro),
- in Bayreuth um 15,4 Prozent (von 312 auf 360 Euro),
- in Flensburg um 14,9 Prozent (von 322 auf 370 Euro),
- in Heidelberg um 13,8 Prozent (von 398 auf 453 Euro),
- in Köln um 13,3 Prozent (von 450 auf 510 Euro),
- in Stuttgart um 13,0 Prozent (von 460 auf 520 Euro).
München erreicht die Schallmauer von 700 Euro
Auch am teuersten deutschen Hochschul-Standort, in München, stiegen die WG-Mieten überdurchschnittlich, binnen Jahresfrist von 620 Euro um 12,9 Prozent auf 700 Euro. Schon Anfang 2022 habe es in allen Städten Anzeichen gegeben, dass der Markt erheblich in Bewegung gerät. „Weil sich die Lage an den Hochschulen nach der Corona-Sondersituation normalisierte, sorgten mehrere Effekte für erheblichen Preis-Auftrieb“, so Dr. Brauckmann: „So wollen viele Studierende Umzüge nachholen, die sie wegen der Pandemie auf Eis gelegt hatten.“ Erheblichen Einfluss hätten auch verschobene Studienabschlüsse. Da aufgrund der Pandemie Vorlesungen, Seminare oder Prüfungen ausfielen oder wenig ergiebig waren, verlängerten viele junge Leute ihr Studium. „So werden viele Wohnungen später frei, der Mangel verschärft sich“, so Dr. Brauckmann. Auch internationale Studierende holten nun Auslandsemester in Deutschland nach. Mit dem gleichen Effekt.
Auch der langfristige Vergleich in vielen Städten zeige die Dramatik der Lage. In Berlin etwa erhöhte sich der WG-Preis laut der MMI-Analyse von 335 Euro im Jahr 2013 über 495 Euro im Vorjahr auf nun 550 Euro. Dies entspreche einer Steigerung von 64 Prozent.
Staatliche Unterstützung hilft nur unzureichend
In dieser angespannten Situation helfe das aktuelle Niveau der staatlichen finanziellen Unterstützung nur unzureichend. Zwar erhöhte sich im Juli im Rahmen der BAföG-Reform die Wohnkostenpauschale gerade von 325 auf 360 Euro. „Doch nicht zuletzt wegen der aktuellen Preissteigerungswelle hinkt die Politik der Realität deutlich hinterher“, betont Dr. Brauckmann: „An 59 Standorten ermittelten wir Preise von mehr als 360 Euro. Hier sind 64 Prozent der Studierenden eingeschrieben. Eine Wohngemeinschaft ist zudem die günstigste Alternative am freien Wohnungsmarkt, die Situation bei anderen Wohnformen somit noch extremer.“ Ein weiterer Fördernachteil für die angehenden Akademiker: der Heizkosten-Zuschuss für BAföG-Empfänger sei geringer ist als bei sonstigen Wohngeld-Berechtigten.
Trotz immer höherer Preise weiche die Mehrheit der Studierenden nicht auf günstigere Standorte aus. Allein in den 15 Hochschul-Städten mit einer Einwohnerzahl von 500.000 Personen studieren laut MMI-Analyse rund eine Million (1.031.024) junge Menschen. Das entspreche 37 Prozent der Studierenden in Deutschland.
GBI Holding AG hofft auf Förderprogramm des Bundes
Sowohl für Großstädte als auch kleinere Standorte plant und baut die GBI Holding AG als Projektentwickler Häuser der Eigenmarke „Smartments student“. Damit auch künftig trotz Bau- und Energiekostensteigerungen bezahlbare Unterkünfte für Studierende und Auszubildende entstehen, hofft die GBI auf eine rasche Umsetzung des von der Bundesbauministerin Geywitz angekündigten Förderprogramms. „Es wäre gut, wenn dieses sich an die sehr gut praktikablen Förderbedingungen in Bayern oder Baden-Württemberg oder für studentisches Wohnen in NRW anlehnt und zudem vorrangig auf Zuschüsse setzt“, betont Simon Hübner, Vorstand der GBI Holding AG. (Red.)