RICS-Umfrage: Nachfrage in Europa steigt

Mieten und Kaufpreise für grüne Gewerbeimmobilien im Aufwind

Bau und Betrieb von Gewerbeimmobilien sind noch kaum dekarbonisiert. Immerhin verlangen immer mehr Nutzer und Investoren nach grünen bzw. nachhaltigen Objekten.

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 Bild: Pixabay/ Tama66
Bild: Pixabay/ Tama66

Der RICS Sustainability Report 2022, an dem rund 4.000 Immobilienexperten weltweit und 2.000 aus Europa teilgenommen haben, zeige, dass im vergangenen Jahr einige Verbesserungen beim Thema Nachhaltigkeit erzielt worden seien, insbesondere im Bereich der Gewerbeimmobilien, da die Nachfrage nach umweltfreundlichen Gebäuden weiter steige. Die Ergebnisse zeigten jedoch auch, dass es in einigen wichtigen Bereichen in den letzten zwölf Monaten kaum oder gar keine Veränderungen gegeben habe. So verzeichne im Bauwesen ein erheblicher Anteil von 42 Prozent der Befragten sowohl in Europa als auch in Deutschland, dass die Kohlenstoffemissionen von Projekten nicht gemessen werden.

Die Nachfrage nach grünen Gebäuden im Gewerbeimmobiliensektor nehme generell weiter zu. Bei den Nutzern sehen 52 Prozent der Befragten einen leichten Anstieg der Nachfrage, und knapp ein Viertel (23 %) gibt an, dass das Interesse der Nutzer an grünen bzw. nachhaltigen Gebäuden deutlich gestiegen sei. In Deutschland stieg die Nutzernachfrage nach grünen Immobilien im letzten Jahr nach Angaben von 47 Prozent der Befragten leicht und von 31 Prozent deutlich.

Auch der Anstieg der Investorennachfrage sei in Europa stärker ausgeprägt als auf globaler Ebene. Rund 80 Prozent der Befragten in der Region sehen einen Anstieg der Investorennachfrage nach nachhaltigen Immobilien im vergangenen Jahr, wobei 45 Prozent (global: 40 %) einen leichten Anstieg und 35 Prozent (global: 17 %) einen deutlichen Anstieg feststellen. Für Deutschland falle das Ergebnis noch deutlicher aus. Hier verzeichneten sogar 87 Prozent der Befragten eine stärkere Investorennachfrage nach nachhaltigen Immobilien (38 % leichter Anstieg und 49 % deutlicher Anstieg).

Nicht-grüne Immobilien werden mit „braunem Rabatt“ belegt

Die europaweit steigende Nachfrage nach nachhaltigen Gebäuden wirke sich sowohl auf die Mieten als auch auf die Preise aus, wobei ein erheblicher Anteil der Befragten eine Marktprämie für nachhaltige Gebäude sieht und angibt, dass nicht-grüne Immobilien einem „braunen Rabatt“ unterlägen. Bei den Gebäuden, die nicht als grün oder nachhaltig eingestuft werden, stellten 58 Prozent der Befragten einen Mietrückgang fest, und 61 Prozent stellten auch einen Rückgang der Verkaufspreise fest. Damit ist Europa im weltweiten Vergleich führend, denn nur 45 Prozent der Befragten weltweit haben eine Senkung der Mieten und 47 Prozent eine Senkung der Verkaufspreise festgestellt. In Deutschland gaben 57 Prozent der Umfrageteilnehmer an, einen „brauen Mietrabatt“ zu sehen. Bei den Preisen waren es sogar 60 Prozent, die einen Abschlag für nicht-nachhaltige Immobilien feststellten.

Investoren stellen Klimarisikobewertungen an

Ein weiteres Signal dafür, dass die Branche nachhaltigeren Immobilien mehr Aufmerksamkeit schenkt, sei die Tatsache, dass die Mehrheit der Befragten in Europa (73 %) einen Anstieg der Klimarisikobewertungen von Investoren für ihre Immobilien feststellte (global: 57 %). In Deutschland liegt die Zahl höher als in ganz Europa bei 79 Prozent. Dies deutet darauf hin, dass Klimathemen jetzt auf der Tagesordnung ganz oben stehen und das Verhalten der wichtigsten Marktteilnehmer beeinflussen könnten. Die Zahlen zeigten, dass Europa stärkere Fortschritte bei der Nachhaltigkeit der bebauten Umwelt mache, da grüne Gebäude durch den Green Deal der Europäischen Kommission in den Mittelpunkt gerückt werden.

Im Bauwesen halten Nachhaltigkeitsanalysen langsam Einzug

Die Umfrageteilnehmer berichten, dass im Bauwesen damit begonnen wird, digitale Werkzeuge und Technologien zur Durchführung von Nachhaltigkeitsanalysen für Bauprojekte zu nutzen, vor allem zur Bewertung des Energiebedarfs und der Kosten. Weniger werden diese Werkzeuge zur Reduzierung des gebundenen Kohlenstoffs oder zur Messung der Auswirkungen auf die biologische Vielfalt genutzt. 42 Prozent der Befragten in Europa und auch in Deutschland gaben an, dass sie bei weniger als der Hälfte oder gar keinem ihrer Projekte digitale Werkzeuge und Verfahren zur Durchführung von Nachhaltigkeitsanalysen einsetzen.

Die Ergebnisse zeigten auch, dass es bei der Messung von Kohlenstoffemissionen noch viel Raum für Verbesserungen gibt. 76 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, dass sie keine operativen Messungen der Kohlenstoffemissionen bei Projekten vornehmen (global: 72 %; Deutschland: 71 %). 47 Prozent der Befragten äußerten zudem, dass sie den verkörperten Kohlenstoff nicht messen (global: 49 %; Deutschland: 58 %), und selbst von denjenigen, die dies tun, verwenden nur 11 Prozent (global: 16 %; Deutschland: 8 %) diesen Wert, um die Materialien auszuwählen, die sie in ihrem Projekt verwenden.

Bei der Frage nach den Hindernissen für die Verringerung der Kohlenstoffemissionen nannte mehr als die Hälfte der Befragten (54 %) das Fehlen etablierter und verwendeter Normen, Leitlinien und Instrumente als das wichtigste Problem. In Deutschland lag die Zahl bei 53 Prozent der Umfrageteilnehmer. Daneben werden auch die hohen Kosten bzw. die geringe Verfügbarkeit von kohlenstoffarmen Produkten (Europa: 39 %; Deutschland: 47 %) sowie kulturelle Fragen und etablierte Praktiken (Europa: 40 %; Deutschland: 27 %) als Herausforderungen genannt.

Fazit

Susanne Eickermann-Riepe, Vorstandsvorsitzende der RICS in Deutschland: „Es ist erforderlich, Klimastrategien weiterzuentwickeln und zu etablieren, denn wir müssen dringend die klimagefährdenden Auswirkungen der gebauten Umwelt reduzieren.“ Verhaltensänderungen seien zwar zu beobachten, wie die höhere Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien oder der Anstieg der Klimarisikobewertungen von Investoren für ihre Assets, aber auch die Messung aller Formen von Kohlenstoff sei entscheidend für die Veränderungen, die wir in der bebauten Umwelt erwirken müssten. „Wir müssen jedoch offen sagen, dass die Branche die vorhandenen Instrumente und Standards auch einsetzen muss. Sie muss die Kohlenstoffbewertung und das Kohlenstoffmanagement zu einem integralen Bestandteil der Geschäftspraxis machen.“ (Red.)

Redaktion (allg.)

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