Ostdeutsche Verbände mit dramatischem Apell

„Angespannte Wohnungsmärkte sind ein Mantra des Westens“

Drei Jahrzehnte nach der Wende in der DDR und der Wiedervereinigung zeigen sich die Unterschiede zwischen der ost- und westdeutschen Wohnungswirtschaft deutlicher als zuvor. Der Begriff der angespannten Wohnungsmärkte sei ein politisches Mantra des Westens, beklagen die sieben Branchenverbände aus Ostdeutschland.

Erste gemeinsame Pressekonferenz: Dr. Matthias Kuplich (vdwg Sachsen-Anhalt), Frank Emrich (vtw Thüringen), Mirjam Philipp(VSWG), Alexander Müller (vdw Sachsen), Maren Kern (BBU), Andreas Breitner (vnw), Jens Zillmann (vdw Sachsen-Anhalt). Foto: VSWG
Erste gemeinsame Pressekonferenz: Dr. Matthias Kuplich (vdwg Sachsen-Anhalt), Frank Emrich (vtw Thüringen), Mirjam Philipp(VSWG), Alexander Müller (vdw Sachsen), Maren Kern (BBU), Andreas Breitner (vnw), Jens Zillmann (vdw Sachsen-Anhalt). Foto: VSWG

Die sieben Vorstände der im GdW organisierten Verbände der sozial orientierten Wohnungswirtschaft Ostdeutschlands hatten sich zu einem gemeinsamen Auftritt vor der Presse in Leipzig entschlossen, da sie den Eindruck haben, in Berlin nicht gehört zu werden. „Es gibt im Osten keine angespannten Wohnungsmärkte. Im Gegenteil, wir haben ein Überangebot an Wohnungen“, erklärte Mirjam Philipp, Vorstand des Verbandes Sächsischer Wohnungsunternehmen. Und Maren Kern, Chefin des BBU Berlin-Brandenburg, ergänzte: „Die Durchschnittliche Leerstandquote beträgt in Westdeutschland 2,0 Prozent, in Ostdeutschland liegt der Wert bei 8,2 Prozent.“ Aus ostdeutscher Perspektive sei die staatliche Förderung viel zu stark auf den Wohnungsneubau und den Klimaschutz ausgerichtet. „400.000 neue Wohnungen pro Jahr ist ein westdeutsches Ziel, das mit der Realität in Ostdeutschland nichts zu tun hat“, bekräftigte VSWG-Chefin Mirjam Philipp. Bei sächsischen Wohnungsgenossenschaften stünden 26.000 Wohnungen leer und jedes kämen 1.000 weitere hinzu. Die Forderungen aus der SPD nach einem flächendeckenden Mietendeckel nannte Philipp „ein Monster, das in Ostdeutschland nicht funktioniert“.  In Sachsen-Anhalt sei die Situation ähnlich, hier stünden derzeit 32.000 Wohnung leer, sagte Jens Zillmann, Direktor des VdW Sachsen-Anhalt. Darüber hinaus setze sich der Bevölkerungsrückgang in vielen ländlichen Räumen fort. Regional hätten die Wohnungsunternehmen mit Leerstandquoten von bis 20 Prozent zu kämpfen.

„Durchschnittlich verbleibt ein Überschuss von 2 Cent pro Quadratmeter“

Die ostdeutschen Verbände fordern von der Bundesregierung eine Förderung, die es der Branche ermöglicht, die Wohnungsbestände zu pflegen und den weiteren Abriss und Rückbau zu finanzieren.  Die 1.052 sozial orientierten Wohnungsunternehmen, die mit einem Bestand von 1,75 Millionen Wohnungen dem Gros der ostdeutschen Bevölkerung ein Zuhause böten, seien unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht mehr in Lage, ihre Bestände zu gestalten. Bei einer durchschnittlichen Nettokaltmiete von 5,44 Euro pro Quadratmeter bleibe ein Überschuss von zwei Cent. Zusätzliche fühlten sich immer noch 82 Prozent der Unternehmen durch die DDR-Altschulden belastet; allein von den sächsischen Unternehmen seien von 435 Millionen Alt- und Wendschulden zu zahlen.

Angesichts dieser finanzielle Situation sei die von der Bundesregierung angestrebte Klimaneutralität bis 2045 für die ostdeutsche Wohnungswirtschaft unbezahlbar. Die erforderlichen Maßnahmen würden 16 Milliarden Euro erfordern. (Red.)

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