Wie die Landesverbände der Wohnungswirtschaft berichten, hat die sächsische Landesregierung im Rahmen der aktuellen Haushaltsverhandlungen das Landesrückbauprogramm gestrichen – und das, obwohl es erst im vergangenen Jahr aufgestockt wurde. Alexander Müller, Verbandsdirektor des VdW Sachsen, zeigt sich enttäuscht: „Unsere Mitgliedsunternehmen – Genossenschaften und kommunale Gesellschaften – haben bis 2030 einen Rückbaubedarf von bis zu 5.000 Wohnungen gemeldet.“ Dass das Rückbauprogramm im vergangenen Jahr nicht vollständig ausgeschöpft wurde, sei kein Zeichen mangelnden Interesses, so Müller weiter. Eine Kleine Anfrage im Sächsischen Landtag und die Antwort des zuständigen Staatsministeriums belegten das Gegenteil: Von den bereitgestellten drei Millionen Euro wurden rund 1,75 Millionen Euro abgerufen, über 300 Wohnungen konnten damit abgeräumt werden. Angesichts des späten Programmstarts Mitte 2024 sei dies eine bemerkenswert hohe Abrufquote. „Diese hätte noch deutlich besser ausfallen können, wenn – wie von unseren Verbänden wiederholt gefordert – auch Teilrückbaumaßnahmen förderfähig gewesen wären“, resümiert Müller.
„Die Entscheidung sendet ein fatales Signal“
In einer gemeinsamen Erklärung der Verbände übt auch der Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften Kritik an der Streichung der Abrissförderung. „Diese kurzfristige Entscheidung sendet ein fatales Signal“, betont VSWG-Vorstand Mirjam Philipp. „Statt verlässlicher und planbarer Rahmenbedingungen, die für die Wohnungswirtschaft unerlässlich sind, herrscht nun erneut Unsicherheit.“ Besonders im ländlichen Raum sei der Rückbau weiterhin dringend notwendig.
Die Landesverbände der ostdeutschen Wohnungswirtschaft betonen seit langem, dass Wohnungsmangel ein westdeutsches Problem sei. Im Osten sei nicht eine bessere Neubauförderung erforderlich, sondern neben der Sanierungsförderung vor allem staatliche Hilfe für den Abriss von Wohngebäuden in Landstrichen, die weiterhin von Abwanderung geprägt seien. VdW-Direktor Alexander Müller erklärte dazu jüngst, Regionen, in denen ein Viertel bis ein Drittel aller vermietbaren Wohnungen leer stehen, seien in Sachsen keine Seltenheit. Auch Maren Kern, Chefin des Verbands Berlin Brandenburger Wohnungsunternehmen (BBU), geht davon aus, dass der Abriss von Wohnungen konsequent fortgesetzt werden müsse, weil die Leerstandquote in etlichen Brandenburger Städten 15 und mehr Prozent betrage.
Ostdeutsche Regionen weiterhin von Abwanderung betroffen
Bereits im April 2024 hatten sieben Branchenverbände aus Ostdeutschland Leerstandzahlen veröffentlicht. Bei sächsischen Wohnungsgenossenschaften stünden 26.000 Wohnungen leer und jedes Jahr kämen 1.000 weitere hinzu. In Sachsen-Anhalt sei die Situation ähnlich, hier standen 32.000 Wohnung leer, sagte Jens Zillmann, Direktor des VdW Sachsen-Anhalt. Darüber hinaus setze sich der Bevölkerungsrückgang in vielen ländlichen Räumen fort. Regional hätten die Wohnungsunternehmen mit Leerstandquoten von bis 20 Prozent zu kämpfen.
Wachsender Leerstand trotz Abriss
Das Problem der Unvermietbarkeit von Wohnungen nimmt zu, obwohl es in der Vergangenheit einen massiven Abriss von Gebäuden gegeben hat. Das belegt beispielsweise die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag von März 2023. In der Antwort heißt es: In Sachsen seien in der Zeit von 2012 bis 2022 insgesamt 15.556 Wohneinheiten abgerissen worden, die meisten dieser Wohnungen wurden in den Städten Dresden (1.913), Zwickau (1.488) und Chemnitz (1.477) „zurückgebaut“. Im gleichen Zeitraum seien 90.640 neue Wohnungen fertiggestellt worden. Die Abgeordneten Der Linken hatten nach der Entwicklung der Mieten und der wohnungspolitischen Entwicklung in Sachsen gefragt.
Der Präsident des GdW Bundesverbandes, Axel Gedaschko, unterstützt die Forderungen der Verbandskollegen auf Regionsebene. Statt der aktuell je zu Hälfte von Bund und Ländern gewährleisteten Abrissförderung von 110 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche müsse dieser Betrag auf mindestens 140 Euro erhöht werden.
Thomas Engelbrecht
