Die Handlungsstrategie der Bauministerin

Was tun gegen zwei Millionen leerstehende Wohnungen?

Wohnungen stehen vor allem in Landstrichen leer, in denen es keine Arbeitsplätze gibt. Was sollte Menschen veranlassen, in solche Gegenden zurückzuziehen? Bundesbauministerin Klara Geywitz hat im Rahmen des Kommunaldialogs „Wohnen in ländlichen Räumen“ in Berlin die „Handlungsstrategie Leerstandsaktivierung“ vorgestellt. Diese zielt darauf ab, leerstehenden Wohnraum wieder nutzbar zu machen.

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Obwohl in Ostdeutschland seit langem Wohngebäude abgerissen wurden, steigt die Leerstandsquote in strukturschwachen Regionen wieder. Der Abriss muss mit Hilfe des Bundes weitergehen. Bild: Adobestock/Sebastian Krüger
Obwohl in Ostdeutschland seit langem Wohngebäude abgerissen wurden, steigt die Leerstandsquote in strukturschwachen Regionen wieder. Der Abriss muss mit Hilfe des Bundes weitergehen. Bild: Adobestock/Sebastian Krüger

Knapp zwei Millionen Wohnungen und Einfamilienhäuser in Deutschland stehen leer, erklärte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) bei der Vorstellung von Handlungsstrategien zur Aktivierung von Leerstand. Ungenutzte Wohngebäude stelle Kommunen und Gemeinden vor große Herausforderungen. Durch gezielte Förderung und Schaffung von Anreizen für Unternehmen und Privatpersonen unterstütze der Bund Kommunen und Gemeinden dabei, leerstehende Dorf- und Stadtkerne wieder zu attraktiven Wohn- und Arbeitsorten umzugestalten.

In der Handlungsstrategie des Bauministeriums werden verschiedene bestehende Maßnahmen der Innenentwicklung, der Stärkung gleichwertiger Lebensverhältnisse sowie des Wissenstransfers verknüpft. So trügen beispielsweise Programme wie die Städtebauförderung dazu bei, die Attraktivität von Städten und Gemeinden zu verbessern. Dies schaffe auch für Gebäudeeigentümer wichtige Rahmenbedingungen für Investitionen in ungenutzte Gebäude. Zukünftig sollten durch eine gezielte Kombination von Städtebauförderung und sozialer Wohnraumförderung mehr Leerstand aktiviert und Synergien zwischen der Beseitigung städtebaulicher Missstände und der sozialen Wohnraumförderung noch stärker genutzt werden.

Diese Instrumente gegen Leerstand werden eingesetzt

Klingt alles sehr abstrakt. Welche Konkreten Hilfsinstrumente gibt es also oder soll es zukünftig geben? Nachfolgend Maßnahmen und staatliche Förderprogramme, die in der Handlungsstrategie aufgezählt werden, und die der Sanierung und dem Umbau von Gebäuden dienen.

Jung kauft Alt: Das Programm Jung kauft Alt ist am 3. September 2024 gestartet. Es unterstützt Familien mit Kindern auf ihrem Weg zum selbstgenutzten Wohneigentum durch die Bereitstellung zinsverbilligter Kredite. Gefördert wird der Erwerb von Wohngebäuden in energetisch schlechtem Ausgangszustand.

Gewerbe zu Wohnen: Mit diesem Programm vom September 2023 soll ein Anreiz für den Umbau von Nichtwohngebäuden zu Wohngebäuden gesetzt werden.

Aus alt mach zwei: In der Entwicklung befindet sich die neue Förderung „Aus alt mach zwei“. Damit kann der Umbau von bestehendem Wohnraum mit dem Ziel der Schaffung mehrerer kleiner Wohneinheiten unterstützt werden. So könnten insbesondere Ein- und Zweifamilienhäuser durch den Einbau eines zweiten Eingangs, einer zweiten Küche und eines weiteren Bads geteilt und dadurch neuer Wohnraum geschaffen werden.

Städtebauförderung: Die seit langem bestehende Städtebauförderung des Bundes soll auf hohem Niveau fortgeführt werden. Die drei Städtebauförderprogramme „Lebendige Zentren“, „Sozialer Zusammenhalt“ und „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“ mit einem aktuellen Programmvolumen von insgesamt 790 Millionen Euro seien die zentralen Instrumente der städtebaulichen Erneuerung in Stadt und Land.

Umschichtung von Fördermitteln des Bundes

Im Jahr 2025 beabsichtigt der Bund, von den Ländern nicht verausgabte Städtebauförderungsmittel des Bundes anderen Ländern im Rahmen der Städtebauförderung vorrangig zur Leerstandsaktivierung zur Verfügung zu stellen.

Für eine ganzheitliche Entwicklung von Wohngebieten sei die gezielte Kombination von Städtebauförderung und sozialer Wohnraumförderung in den Ländern und Kommunen aus Sicht des Bundes sinnvoll und anzustreben. Im Rahmen der Leerstandsaktivierung könnten durch diese Mittelbündelung Synergien zwischen der Beseitigung städtebaulicher Missstände und der der sozialen Wohnraumförderung entstehen.

Ostdeutsche Wohnungswirtschaft braucht vor allem Geld für den Abriss

Der Direktor des VdW Sachsen, Alexander Müller, fordert in der Leerstandsdiskussion in erster Linie mehr Geld für den Rückbau und den Teilrückbau von Wohngebäuden. Regionen, in denen ein Viertel bis ein Drittel aller vermietbaren Wohnungen leer stehen seien in Sachsen keine Seltenheit. Diese Zahlen seien eine deutlich härtere Realität als die im Papier der Bundesbauministerin genannten harmloser klingenden „bis zu 20 Prozent“. Weiterhin verweist Müller auf die Altschulden aus der Zeit der DDR hin. Die ostdeutsche Wohnungswirtschaft sei durch diese Verpflichtungen nach wie vor zusätzlich belastet. Allein die sächsische Wohnungswirtschaft habe noch offene Alt- und Wendeschulden in Höhe von 435 Millionen Euro zu bezahlen (Stand: März 2024).

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Auch die Chefin des BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, Maren Kern, reagiert eher kritisch auf die Strategie der Ministerin gegen den Leerstand und fordert, wie auch der Verbandskollegen aus Sachsen, mehr Geld des Bundes für den Abriss von leerstehenden Wohngebäuden.

Es bringe nichts, so Maren Kern, „Sachverhalte schönzureden oder zu ignorieren. Leerstände von 15 und mehr Prozent, wie sie in etlichen Brandenburger Städten auch weiterhin bestehen, werden nicht allein durch Aufwertungen abgebaut werden können. Hier muss der Abriss von Wohnungen konsequent weitergehen. Hierfür brauchen wir aber angesichts der Kostenentwicklung mehr und vor allem auch flexiblere Förderung durch den Bund. Dazu findet sich in der Strategie leider kaum etwas.“

GdW fordert 140 Euro pro Quadratmeter Abrissprämie

Der Präsident des GdW Bundesverbandes, Axel Gedaschko, unterstützt die Forderungen der Verbandskollegen auf Regionsebene. Statt der aktuell je zu Hälfte von Bund und Ländern gewährleisteten Abrissförderung von 110 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche müsse dieser Betrag auf mindestens 140 Euro erhöht werden. Gedaschko erkennt an, dass die Bundesregierung in den vergangenen Jahren ostdeutsche Wohnungsunternehmen mit einem Betrag von 340 Millionen Euro jährlich von Altschulden befreit habe. Allerdings habe bislang lediglich Mecklenburg-Vorpommern einen entsprechenden kommunalen Entschuldungsfonds aufgelegt. Hier müssten nun auch die anderen ostdeutschen Länder nachziehen.

Thomas Engelbrecht

Thomas Engelbrecht
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Seite 20 bis 21
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