Welche Materialien im Bad sind wirklich nachhaltig?
Moderne Synonyme zu Nachhaltigkeit sprechen von „Zukunftsfähigkeit“ oder neuerdings auch von „Enkeltauglichkeit“. Beides sagt aus, dass unser heutiges Handeln die Chancen der nachfolgenden Generationen nicht mindert. Bezogen auf Produkte und Materialien geht es um Ressourcenschonung in der Herstellung sowie um eine lange, vielleicht sogar unbegrenzte Lebensdauer. Und nach der Nutzung sollten nachhaltige Lösungen im Idealfall dem Wertstoffkreislauf vollständig wieder zurückgeführt werden. Solche Materialien sind zu 100 Prozent kreislauffähig. Daraus entwickelten sich in der Bauwirtschaft zeitgemäße Konzepte nach dem Cradle-to-Cradle Prinzip – vom Ursprung zum Ursprung –, indem Projekte so geplant werden, dass die meisten Materialien vollumfänglich kreislauffähig sind und die Hersteller sich schon bei der Planungsphase zur Rücknahme der gelieferten Produkte und Materialien am Ende der Nutzungszeit verpflichten. Ein aktuelles Beispiel ist das Projekt „Moringa“ in der Hafencity Hamburg, das gemeinsam mit kadawittfeldarchitektur als erstes Wohnhaus nach dem Cradle-to-Cradle Prinzip geplant und erbaut wird.
Kreislauffähig oder (nur) recycelbar?
Viele Anbieter werben heute mit „recycelbaren“ Produkten. Hier lohnt es sich auf jeden Fall, einmal genauer hinzuschauen. Welche Arten von Recycling gibt es und wie unterscheidet sich ein „recycelfähiges“ von einem „kreislauffähigen“ Produkt oder Material?
Beim Recycling entscheidet das Ausgangsprodukt darüber, welche Recyclingrouten möglich sind, und damit, ob die Qualität des gewonnenen Recyclates höher (Upcycling) oder niedriger (Downcycling) ausfällt. Die Verwertung von Kunststoffabfällen ist in der Regel ein Downcycling2. Beim Upcycling werden scheinbar ausgediente oder nutzlose Produkte in neuwertige umgewandelt, zum Beispiel werden Holzpaletten zu Möbeln. Auch die Wiederaufbereitung von Stahlschrotten wird häufig als Upcycling bezeichnet3. Kreislauffähige Produkte und Materialien bleiben dem Wertstoffkreislauf ewig erhalten. Sie können nach der Nutzung ohne Qualitäts- oder Mengenverlust wiederverwertet werden.
Welche Materialien im Bad sind wirklich nachhaltig?
Wie sieht es mit einigen im Bad üblichen Materialien aus? Welche sind kreislauffähig, welche (nur) recycelbar? Da sind zunächst einmal Materialien aus der Natur, wie Holz oder Naturstein. Beides lässt sich sehr gut recyceln oder ist biologisch abbaubar, ohne die Umwelt zu belasten. Glas wird aus natürlichen Rohstoffen hergestellt, die in ausreichendem Maße in der Natur vorkommen. Als Altglas kann es immer wieder in den Produktionskreislauf zurückgelangen. Stahl ist vielleicht das kreislauffähige Material par excellence. Einmal hergestellt, kann es immer und immer wieder ohne Qualitätseinbußen in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden. Stahl ist mit über 90 Prozent Recyclingquote vermutlich das führende Material nicht nur in der Sanitärbranche.
Stahl-Emaille ist die Kombination von Stahl und Glas und verbindet die nachhaltigen Eigenschaften beider Materialen. Badlösungen aus Stahl-Emaille sind aus natürlichen Rohstoffen gefertigt, besitzen eine ausgesprochen lange Lebensdauer und sind am Ende zu 100 Prozent kreislauffähig.
Dagegen sind solche aus Kunststoffen, wie Acryl oder Mineralguss, aus ökologischen und ökonomischen Gründen aktuell nicht kreislauffähig. Badprodukte aus diesen Materialien werden am Ende ihrer Nutzungszeit häufig geschreddert oder thermisch verwertet – also einfach verbrannt. Eine erneute Nutzung des Materials ohne Qualitätsverlust im Sinne der Kreislauffähigkeit, wie es zum Beispiel bei Stahl-Emaille der Fall ist, ist hier nicht möglich.
Vergleichbarkeit und Transparenz durch EPDs
Die Schaffung von Transparenz sowie ein objektiver und verpflichtender Standard sind Voraussetzungen für eine Vergleichbarkeit von Materialien. Bereits etabliert haben sich Umwelt-Produktdeklarationen (EPD), die vom Institut Bauen und Umwelt e.V. IBU nach ISO 14025 und EN 15804 erstellt werden und als valide Datengrundlage für nationale und internationale Gebäudezertifizierungssysteme dienen. Eine EPD(engl.: EPD – Environmental Product Declaration) für Badprodukte gibt transparent und überprüft nach EN 15804 für einen Quadratmeter Material die Umweltauswirkungen an. So lassen sich verschiedene Materialien gegenüberstellen und bewerten.
Mit Hilfe der EPDs lässt sich zum Beispiel der Umweltimpact für Badprodukte aus Stahl-Emaille, Acryl und Mineralguss ermitteln und die entsprechenden Werte für jeweils einen Quadratmeter jeden Materials miteinander vergleichen. Zum Beispiel beträgt das Global Warming Potenzial unter Berücksichtigung der Recyclinggutschriften in Kilogramm CO2-Äquivalent
- für Stahl-Emaille 36,6 Kilogramm,
- für Acryl 105 Kilogramm und
- für Mineralguss 64,8 Kilogramm.
Große Unterschiede beim Energieverbrauch sind anhand der EPDs ebenfalls einfach zu erfassen: im Vergleich zu einem Quadratmeter Stahl-Emaille wird für die gleiche Fläche Acryl 252 Prozent und für Mineralguss 236 Prozent an erneuerbarer und nicht erneuerbarer Energie benötigt4. Diese Werte nutzen Planer und Investoren immer häufiger bei der Produkt- und Materialauswahl für nachhaltig geplante Projekte.
In Zukunft benötigt die Bauwirschaft nachhaltige Lösungen, die unsere Ressourcen schonen, besonders lange in Gebrauch bleiben und am Ende vollständig kreislauffähig sind. Neue Entwicklungen, wie CO2-reduzierter Stahl, geben hier die Richtung vor. Mit bluemint® steel von thyssenkrupp verarbeitet zum Beispiel Kaldewei schon heute einen Stahl, der einen um 70 Prozent geringeren CO2-Fußabdruck besitzt.
1 Wikipedia,
2 https://de.wikipedia.org/wiki/Recycling#Downcycling_und_Upcycling
3 https://de.wikipedia.org/wiki/Upcycling
Redaktion (allg.)
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