Hydraulischer Abgleich

Das EKG für die Heizungsanlage

Mit dem messtechnischen Verfahren von myWarm lässt sich die Heizlast genau ermitteln und das Heizungssystem energetisch optimieren.

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Sensor, Algorithmus, Stellmotor, Hubbegrenzer. Fotos: Bild: Brunata-Metrona
Sensor, Algorithmus, Stellmotor, Hubbegrenzer. Fotos: Bild: Brunata-Metrona

Getrieben von Europäischer Union und der Bundesregierung sind in den letzten Jahren eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen in Kraft getreten. Deren Ziel besteht darin, Eigentümer zu motivieren Immobilien energetisch auf den neuesten Stand zu bringen. Seit Oktober 2022 müssen Eigentümer großer Gebäude mit Gaszentralheizung nach §3 der Verordnung über die mittelfristige Energieversorgungssicherheit (EnSimiMaV) einen hydraulischen Abgleich nach Maßgabe des Verfahrens B der ZVSHK- Fachregel „Optimierung von Heizungsanlagen im Bestand“ vornehmen – sofern dieser bisher nicht durchgeführt wurde. Dies gilt für Firmen und öffentliche Gebäude ab 1.000 Quadratmeter bis zum 30. September 2023, für große Wohngebäude mit mindestens zehn Wohneinheiten bis zum 30. September 2023 und ab sechs Wohneinheiten mit zentraler Gasversorgung bis zum 15. September 2024.

Auch nach Ablauf der EnSimiMaV-Frist schreibt das GEG für Liegenschaften ab sechs Wohneinheiten mit Wasser als Wärmeträger den hydraulischen Abgleich vor. Dies gilt bei jedem Heizungstausch – wozu auch der Anschluss an die Fernwärme zählt –, bei jedem Neubau sowie bei jedem Bestandsgebäude, bei dem im Rahmen einer Heizungsprüfung (gem. §60b GEG) festgestellt wurde, dass das Gebäude nicht hydraulisch abgeglichen ist.

Mit dem hydraulischen Abgleich soll stets die richtige Wassermenge zur geforderten Zeit bei jeder Gesamtlast und an jedem Ort im Haus verfügbar sein. Erreicht werden soll dieses Ziel mit der geringsten Pumpenleistung, mit effizienzoptimierten Vor- und Rücklauftemperaturen und gleichen Raumtemperaturen in gleich gewidmeten Räumen.

Prinzipiell stehen für einen hydraulischen Abgleich zwei Wege zur Verfügung: das klassische Berechnungsverfahren und das messtechnisch, temperaturbasierte Verfahren, wie es zum Beispiel von myWarm – einer Unternehmenstochter von Brunata-Metrona München – durchgeführt wird.

Heizlastberechnung – der klassische Weg

Grundlage für die Heizlastberechnung nach Verfahren B ist DIN EN 12831/DIN TS 12831 (Energetische Bewertung von Gebäuden – Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast). Basierend auf Gebäude- und Raumdaten (Zustand der Außenwanddämmung, Qualität der Fenster, Wärmeverluste über Fußboden und Decke) wird der raumweise Wärmebedarf errechnet.

Da dazu jedoch für jeden Raum detaillierte Informationen bezüglich bauphysikalischer Daten der verbauten Bauteile nötig sind, ist dieses Verfahren vor allem in Neubauten üblich. Im Bestand hingegen fehlen diese Informationen meistens oder liegen nur unvollständig vor, sodass die Berechnung der Raumheizlasten in Bestandsgebäuden fast immer auf Annahmen und Schätzungen fußt.

Eigentümer einer Liegenschaft, Wohneigentümergemeinschaften, Property Manager etc. stehen hier vor der Herausforderung, dass dadurch Planung und Durchführung des hydraulischen Abgleichs mit hohem Aufwand verbunden sind. So müssen Gebäudedaten nachträglich beschafft und Planer, Mieter sowie ausführende SHK-Fachbetriebe koordiniert werden.

Die Ergebnisse dieser Heizlastberechnungen zeigen darüber hinaus große Abweichungen zu den realen Verhältnissen und führen damit mit entsprechendem Risiko zu falschen Ableitungen und Entscheidungen (z.B. Überdimensionierung der Heizleistung, zu hohe Heizkurve, teure Dämmmaßnahmen mit verhältnismäßig geringer Wirkung).

SHK-Betriebe hingegen sind mit der korrekten Durchführung zumeist überfordert – vor allem was den Abgleich von größeren Liegenschaften betrifft. Außerdem sind deren Kapazitäten oftmals durch anderweitige, nicht minder dringliche Tätigkeiten ausgelastet.

Alternative Heizlastermittlung: hydraulischer und thermischer Abgleich

Bei der Heizlastermittlung nach dem messtechnischen Verfahren von myWarm werden Temperaturdaten raumweise erhoben. Die Analyse der über Sensoren laufend aufgezeichneten Daten erfolgt cloudbasiert mittels einer KI-gestützten Software. Es sind weder Gebäude- oder raumweise Bauteilinformationen zu erheben, noch sind Planungsleistungen zur Berechnung nötig, weswegen sich das Verfahren gerade für größere Gebäude im Bestand anbietet. Der hydraulische Abgleich erfolgt komplett aus einer Hand, womit nur ein sehr geringer Koordinierungsaufwand bei den Verantwortlichen entsteht.

Gegenüber dem Berechnungsverfahren erzielt das messtechnische Verfahren eine exaktere Einstellung der Gesamtheizanlage. Die richtige Funktion und die korrekten Einstellungen aller Komponenten werden hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Versorgung im Volllastfall messtechnisch kontrolliert und protokolliert. Es sind damit Energie-Einsparpotenziale von bis zu 35 Prozent möglich – im Durchschnitt werden 18 Prozent erzielt. Das Verfahren entspricht den Anforderungen der EnSimiMaV und des GEG und ist bereits seit dem Jahr 2017 als gleichwertig zu Verfahren B durch das Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden zertifiziert.

Die KI übernimmt den Abgleich

myWarm führt den hydraulischen Abgleich als Full-Service-Dienstleistung in Heizungssystemen durch. Dazu nutzt das Verfahren computergesteuerte Mess- und Einstellmodule, die Servicemitarbeiter an den Heizkörpern montieren. Die Messkomponenten übermitteln kontinuierlich Vor- und Rücklauftemperaturen am Heizkörper sowie Raumtemperaturen an einen Leitstand. Dort werden die Daten durch einen Algorithmus ausgewertet und Einstellwerte für Heizkörperventile, Differenzdruckregler und Pumpen aus den kontrollierten Lastsituationen ermittelt.

Nach der Analyse sendet der Algorithmus Befehle an die Einstellmodule an den Heizkörpern, damit sie die richtige Voreinstellung zur optimalen Versorgung jedes einzelnen Heizkörpers vornehmen. Neben den Durchflussmengen stellen die Servicemitarbeiter auch Pumpenleistungen und Erzeugungsanlage richtig ein und beheben Fehler im System.

Auch Heizkörper, die keine voreinstellbaren Heizkörperventile haben, können mit dem Verfahren eingestellt und hydraulisch abgeglichen werden. Dies geschieht über eigens entwickelte Ventilhubbegrenzer. Umfangreiche Umbauarbeiten an den Heizkörpern entfallen somit.

Nach der Optimierung werden sämtliche Mess- und Einstellkomponenten wieder abmontiert – lediglich die Ventilhubbegrenzer verbleiben dauerhaft in den Liegenschaften.

Auf- und Abbau der Komponenten sind in wenigen Minuten pro Heizfläche erledigt. Für Prüfung und Abgleich in einem Mehrfamilienhaus mit zum Beispiel 300 Einstellpunkten ist etwa eine Woche zu veranschlagen.

Auch Heizungssysteme mit mehr als 1.000 Heizkörpern und Systeme mit Fancoils, Luftheizern in Hallen, Lüftungsanlagen usw. können abgeglichen werden. Aufgrund des konsequenten temperatur-messtechnischen Ansatzes berücksichtigt das Abgleichverfahren von myWarm im Vergleich zu anderen Verfahren die gerade in Bestandsanlagen oft hohen und unberechenbaren thermischen Verluste im Verteilsystem. Damit sichert myWarm, dass nicht nur die richtigen Wassermengen, sondern auch die richtigen Wärme-Energiemengen an jeder Heizfläche und in jedem Raum in jeder Lastsituation der Anlage bei optimierten Systemtemperaturen und Pumpenleistungen zur Verfügung stehen.

Fazit: Jetzt kommt's auf Präzision an

Die aktuellen Regelungen zwingen Gebäudeeigentümer dazu, Gebäude verfahrenskonform hydraulisch abzugleichen. Alle bisher vom SHK-Handwerk eingesetzten Lösungen auf Basis von vereinfachten Berechnungsverfahren (Verfahren A) sind in größeren Liegenschaften nicht mehr erlaubt. Zudem wird im Rahmen der regelmäßigen Heizungsprüfung gemäß Paragraf 60b GEG, der am 1. Oktober 2024 in Kraft treten wird, geprüft, ob die Anlage korrekt hydraulisch abgeglichen ist.

Eine energieeffiziente Immobilie spart wertvolle Primärenergie und senkt den CO2-Ausstoß, womit sich die Kosten innerhalb weniger Jahre amortisieren. Gleichzeitig profitieren Immobilieneigentümer langfristig von einer besseren Gebäudebewertung durch Kreditinstitute, was sich positiv auf Finanzierungen und beim Verkauf auswirkt.

Das myWarm-Verfahren basiert auf den Grundsätzen „geringinvestiv und minimalinvasiv“: Da hier die vorhandene Infrastruktur optimiert wird, können aufwendige bauseitige Änderungen vermieden werden. Ebenso bewegt sich das Investment für Immobilieneigentümer in einem vergleichbaren finanziellen Rahmen, wie er auch für einen hydraulischen Abgleich nach dem klassischen Berechnungsverfahren anzusetzen wäre. Mit dem Unterschied, dass die Einstellungen präziser und kontrolliert sind, die Anlage auf fehlerfreie Funktion geprüft und der Nutzerkomfort deutlich höher ist.

Peter Musshoff

Peter Musshoff
Produktspezialist bei BRUNATA-METRONA GmbH & Co. KG
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Artikel Das EKG für die Heizungsanlage
Seite 38 bis 39
2.10.2024
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