Die GAG Immobilien AG unterhält in Köln-Zollstock neben Siedlungen aus den 1920er-Jahren auch mehrgeschossige Wohnhäuser aus den 1950er-Jahren. Diese erhielten 1991 Vorstellbalkone – an denen mittlerweile Schäden sichtbar wurden, insbesondere an den gefliesten Böden. Die GAG AG, Kölns größte Vermieterin, entschloss sich zu einer Sanierung.
Insgesamt galt es, 74 Balkone instand zu setzen. Im ersten Schritt wurde dafür der Status Quo erfasst und daraus der Sanierungsbedarf abgeleitet: Abbruch des bisherigen Fliesenbelags und der schadhaften Estrichschicht, neuer Aufbau des Bodens mit einem Kunststoff-Bodensystem. Die Brüstungen blieben dagegen erhalten, da sie den Stil der Anlage prägen und weiterhin intakt sind.
Da die Bauvorschriften heute auch für Balkone Haupt- und Notentwässerung verbindlich vorgeben, kam im Zuge der Sanierung zur bisherigen Entwässerung ein zweiter Weg hinzu.
Kunststoff statt Fliese
Die sichtbarsten Schäden lagen zu Füßen: Auf vielen Balkonböden war Feuchtigkeit in den Belag eingedrungen und hatte in der Folge zu Rissen im und unter dem Fliesenbelag geführt. Diese Böden waren nicht mehr zu retten. Der Aufbau wurde daher entfernt bis zur tragenden Schicht: Abbruch von Fliesen und Estrich bis zur Rohbetondecke. Als vorbereitende Arbeit wurde die Decke (und die angrenzenden Metallbauteile) zunächst gefräst, angeschliffen und geprimert.
Als neuen Aufbau wählten die Verantwortlichen ein witterungs-beständiges Flüssigkunststoffsystem (Triflex BTS-P).
Wichtig dabei war, dass sich der tiefste Punkt des Balkons durch die neue Entwässerung verlagert: War bislang die Außenecke der Balkone als Ablauf ausgebildet, liegt dieser Punkt nun in der Fläche mit zehn Zentimeter Abstand von der Außenkante Klebeflansch zum Balkonrand (seitlich und von vorn) gemäß DIN 18531. Entsprechend war das Gefälle (zwei Prozent) neu auszurichten und wurde in einer Schichtdicke von zehn Millimeter (am Tiefpunkt) bis 50 Millimeter mit einem zweikomponentigen Schnellestrich hergestellt – die Schicht konnte bereits nach rund einer Stunde Abbindezeit überarbeitet werden.
Für die Rohre der neuen Hauptentwässerung war zudem eine Kernbohrung in den Boden zu setzen. „Das Einsetzen der Balkonabflüsse war einfach, ebenso wie das Herstellen der Anschlüsse an die Durchführungen. Durch den werkseitigen Klebeflansch ließ sich die Bodenbeschichtung einfach an das Rohr heranführen“, berichtet Sascha Königsfeld, Bauleiter vom ausführenden Betrieb Wierig Liquid. Durch die umlaufende Erhöhung an der Innenseite des Anschlussrandes kann die Flüssigkunststoffschicht mit zwei bis drei Millimeter optimal angearbeitet werden, sodass kein Flüssigkunststoff versehentlich in den Ablauf gelangt – und die Entwässerungsebene schließt bündig ab.
Hauptentwässerung durch ein Rohr über alle Stockwerke
Die alte Entwässerung über den tragenden Hohlständer dient jetzt als Not-Entwässerung, mit dem Loro-System GF erfolgt die Hauptentwässerung nun über ein effizientes, langlebiges Direktentwässerungssystem in DN 50. Damit ist die Hauptentwässerung jetzt elegant mit einem Strang über alle Stockwerke gelöst. Der Ablauf erfolgt über ein Ringsieb, welches das von oben kommende Rohr ohne zusätzliche Befestigung umschließt und den Niederschlag zusätzlich in das abführende Rohr leitet. Nur auf dem obersten Balkon dient ein flächiges Sieb als Abschluss für den Balkonablauf. Das Wasser fließt dann unterhalb des Erdgeschoss-Balkons auf die freie Fläche (Freispiegelentwässerung) des Grundstücks – wie es bereits in der ursprünglichen Situation gelöst war und nun auch weiter für die Notenwässerung gilt.
Der Clou der Notentwässerung
Die Notentwässerung ist der zweite Clou: Dafür wurde die alte Entwässerung über die tragenden Hohl-Profile einfach umgenutzt. Dazu ist in der Balkonecke am Boden eine etwa 1,5 Zentimeter hohe Stufe ausgeführt, so dass Niederschläge erst ab einer bestimmten Höhe über den zweiten Entwässerungsweg fließen können. Dann aber ist sichergestellt, dass auch bei sehr starkem Regen das Wasser vom Balkon nicht in Richtung der Wohnungen fließt, sondern über die Notentwässerung vom Balkon ab.
„Das Projekt vereint wirtschaftliche Instandsetzung mit der technischen Aufwertung auf die aktuell gültigen Baunormen. Die Balkone sind nach den Bauarbeiten wieder langfristig nutzbar und dauerhaft sicher vor Niederschlägen geschützt. Die typische Architektur blieb dabei erhalten“, resümiert Architekt Bernhard Remaklus, Projektleiter der GAG.
Kunststoffoberfläche ersetzt alten Fliesenbelag Schäden bis in den Estrich Langlebig mit Flüssigkunststoff
Jan Birkenfeld
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