Neue Messgeräte müssen die Daten per Funk liefern
Die überarbeitete Energieeffizienzrichtlinie (EED)1 der EU fordert mehr Transparenz über den Energieverbrauch für die Nutzer, damit diese durch optimale Verbrauchssteuerung zum Energiesparen motiviert werden. Um die Klimaschutzziele 2030 im Gebäudesektor zu erreichen, müssten allein in Deutschland pro Jahr zusätzlich mindestens 11,3 Mio. Tonnen CO2 in Mehrfamilienhäusern eingespart werden2. Doch nur wer seinen Verbrauch kennt, kann ihn auch gezielt reduzieren. Daher soll das Ablesen der Verbrauchsdaten künftig digitalisiert, die Abrechnungen transparenter und die Verbrauchsinformation an den Nutzer häufiger erfolgen. Die Umsetzung der EED in nationales Recht muss gemäß EU bis zum 25. Oktober 2020 erfolgen.
Dann können Mieter, bei denen fernauslesbare Geräte verbaut sind, eine vierteljährliche Verbrauchsinformation anfordern. Wird diese vierteljährliche Information nicht ausdrücklich vom Mieter gewünscht, muss er zweimal im Jahr über seinen Verbrauch informiert werden.
Ab dem 1. Januar 2022 besteht die Pflicht zur monatlichen Verbrauchsinformation in der Heizperiode an alle Mieter mit fernauslesbaren Geräten. Ziel der EED ist es zudem, dass ab dem 1. Januar 2027 alle Geräte fernauslesbar sind, nicht fernauslesbaren Bestandsgeräte müssen bis dahin ausgetauscht sein.
Darüber hinaus hat die EU beschlossen, dass Verbrauchsabrechnungen mehr Informationen sowie grafische Übersichtselemente enthalten müssen. Demnach sollen die tatsächlichen Energiepreise, die Gesamtenergiekosten, CO2-Emissionsdaten, der im Haus genutzte Energiemix, ein klimabereinigter Vergleich zum Vorjahr sowie ein Vergleich zu einem – bisher noch nicht definierten – durchschnittlichen Nutzer angeführt werden.
Einsparpotenziale durch häufigere Information
Dass Mieter, die monatliche Information zu ihrem Heizenergieverbrauch erhalten, bewusster heizen und somit Kosten sparen, konnte schon in einer früheren Studie nachgewiesen werden. In den Jahren 2012 bis 2016 führte die Deutsche Energie-Agentur (dena) gemeinsam mit dem Energiedienstleister ista, dem Deutschen Mieterbund und dem Bundesumweltministerium deutschlandweit den größten Praxistest zur Verbrauchstransparenz in Gebäuden durch3. Das zentrale Ergebnis daraus lautet, dass Mieter, die unterjährig über ihren Verbrauch informiert werden, im Durchschnitt ihren Wärmeverbrauch um zehn Prozent senken. Die Einsparungen wurden mehrheitlich im ersten Jahr der Anwendung erreicht und danach weitgehend gehalten. Ausgewertet wurden die Heizungsverbräuche von rund 1.000 Mieterhaushalten aus Essen, München und Berlin. Der jeweilige Wärmeverbrauch wurde über Funkzähler erfasst und digital an ista übermittelt. Dabei erhielten rund 200 Haushalte monatliche Informationen über ihren Wärmeverbrauch via Webportal, App oder per Post. Die aktuellen Verbrauchsdaten konnten die Mieter mit dem Verbrauch im Vormonat, im Vorjahr oder in einer Durchschnittswohnung des Mietshauses vergleichen. Auf dieser Grundlage konnten die Mieter selbst entscheiden, ob sie ihr Heizverhalten verändern. Rund 90 Prozent der Mieter, die bei diesem Praxistest mitgemacht haben, gaben an, die Verbrauchsinformation weiterempfehlen zu können.
Dass eine unterjährige Verbrauchsinformationen bei den Verbrauchern grundsätzlich auf Interesse stößt, geht auch aus einer repräsentativen bundesweiten Online-Umfrage hervor, die das Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag des Energiedienstleisters ista im Januar 2019 durchgeführt hat. Demnach finden 73 Prozent der Befragten eine monatliche Information über ihren Heizenergieverbrauch interessant bis äußerst interessant. Entsprechend groß ist das Einsparpotenzial im Gebäude durch einen flächendeckenden Einsatz der unterjährigen Verbrauchsinformation. So könnte mit einer Information auf Monatsbasis etwa die Hälfte der in Deutschland erforderlichen 11,3 Mio. Tonnen CO2-Einsparungen erzielt werden.
Allerdings sollte die monatliche Verbrauchsinformation papierlos sein. Denn werden dem Mieter die Verbrauchsinformationen komplett digital zugestellt, könnten jährlich über eine Million Kilogramm Papier eingespart werden, was ebenfalls dem Klimaschutz zugute käme. Die Ergebnisse der oben erwähnten Online-Umfrage zeigen, dass ein papierloser Versand der großen Mehrheit der Verbraucher Recht ist. 80 Prozent der Befragten möchten die Information digital per E-Mail, Webportal oder App erhalten.
Ähnliches gilt für das Messen und Übermitteln der Daten selbst. Auch hier sollten die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung voll ausgeschöpft werden. Laut EED sind bisher Verfahren zulässig, bei denen kein Ableser mehr Zugang zur Wohnung erhalten muss. Allerdings gehört dazu auch die sogenannte Walkby-Auslesung, bei der der Ableser zwar nicht in die Wohnung, aber das Gebäude betritt. Diese Ablesevariante auch in Zukunft beizubehalten wäre nicht wirklich zielführend, denn viele Mehrfamilienhäuser sind bereits heute mit voll automatisierter Messtechnik ausgestattet. Das heißt, die Fernauslesung erfolgt automatisch und die Daten werden per Funk verschlüsselt übermittelt (sogenannter Vollfunk). Die unterjährige Verbrauchsinformation ist somit nur in Gebäuden mit Vollfunkausstattung langfristig wirtschaftlich, nachhaltig und verbraucherfreundlich. Noch ist unklar, inwieweit die deutsche Gesetzgebung bei der Umsetzung der EED diesem voll automatisierten Ansatz folgen wird.
Ohne GEG keine Anpassung der HKVO an die EED
Teile der EED werden in der Heizkostenverordnung (HKVO) umgesetzt. Für Gebäudeeigentümer, Wohnungseigentümer, Hausverwalter und Mieter ist die HKVO die rechtliche Grundlage und das Regelwerk zur Durchführung der jährlichen Heizkostenabrechnung. Die Anpassung kann die Bundesregierung allerdings erst offiziell vornehmen, wenn das Parlament das Gebäudeenergiegesetz (GEG) verabschiedet hat und die Bundesregierung damit ermächtigt, die HKVO anzupassen. Das geplante GEG ist die gesetzliche Voraussetzung für die Umsetzung der Energieeffizienzrichtlinie in Deutschland. Mit diesem soll das Energieeinsparrecht für Gebäude umfassend novelliert werden. So ist geplant, die Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zum neuen Gebäudeenergiegesetz zusammenzuführen. Der Entwurf wird derzeit überarbeitet und abgestimmt. In der letzten Legislaturperiode scheiterte die Verabschiedung des GEG kurz vor deren Ende. Ein erneutes Scheitern wäre fatal, weil dadurch die Umsetzung der Energieeffizienzrichtlinie weiter warten müsste. Mit dieser aber könnten in insgesamt circa 20 Mio. Wohnungen um die fünf Millionen Tonnen CO2-Emissionen vermieden werden.
Fazit
Stellt man den Klimaschutz in den Mittelpunkt, ist die komplette Digitalisierung der Heizkostenabrechnung unvermeidbar. Gerade beim Heizen ist das Einsparpotenzial besonders groß, das durch ein optimiertes Nutzerverhalten erzielt werden kann. Allerdings muss der Nutzer seinen Heizverbrauch genau kennen, wenn er gezielt sparen will. Die in der novellierten Energieeffizienzrichtlinie geforderten Maßnahmen werden für diese Transparenz sorgen und das Bewusstsein über Heizkosten sowie CO2-Emissionen stärken. Der Nutzer wird seinen Verbrauch zeitnah monitoren, optimieren und die Heizkosten im Blick behalten können, wenn die Verbrauchsinformationen kurzfristig und häufiger erfolgen. Dem Klimaschutz zugutekommen würde dabei nicht nur die digital erfolgende Fernauslesung der Verbrauchswerte, also Vollfunk statt Walkby-Auslesung, sondern auch ein digitaler und damit papierloser Versand der Verbrauchsinformation an den Mieter. Schon heute werden Heizungen in vielen Fällen digital abgelesen. Eine kurzfristige Information über die Kosten per E-Mail, Webportal oder App ist daher folglich nur der nächste logische Schritt.
Dr. Torben Pfau


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