Das Geoinformationssystem GIS-ImmoRisk

Online die Wettergefahren checken

Wie halten Wohngebäude Wetterextremen stand? Und was können Eigentümer verbessern? Das Interesse daran ist groß, wie die vielen Klicks auf die Web-Anwendung GIS-ImmoRisk Naturgefahren zeigen.
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 Bild: Adobestock/ DG-Fotografie
Bild: Adobestock/ DG-Fotografie

Rund 1,45 Millionen Zugriffe verzeichnete die Web-Anwendung GIS-ImmoRisk Naturgefahren bisher, seit sie am Jahresanfang online ging. Augenscheinliches Indiz dafür, dass ein solcher Check der eigenen Immobilie auf Klimatauglichkeit den Nerv der Zeit und vor allem den der Immobilieneigentümer trifft. Auch deshalb, weil sie nicht dabei stehenbleibt.

Extremwetter wie Hitze, Sturm, Hagel oder Starkregen verursachen in Deutschland bekanntlich jedes Jahr erhebliche Schäden, und das mit steigender Häufigkeit und Intensität. Das digitale Risiko-System kann dem Nutzer die Gefährdung seiner Immobilie durch diese Risiken an jedem Standort in Deutschland aufzeigen. Immobilieneigentümer können durch Eingabe objektbezogener Angaben dabei nicht nur ermitteln: Wie gut ist die eigene Immobilie jetzt und künftig dagegen gewappnet? Sondern auch: Wie kann man das Gebäude durch bauliche Maßnahmen noch widerstandsfähiger machen? Und was kostet die Wiederherstellung nach einem möglichen Schaden, sofern man nicht vorgebaut hat?

Die geodatenbasierte Anwendung schließt eine Lücke. Darauf weist Ute Birk vom Bundesinstitut für Bau-. Stadt- und Raumforschung (BBSR) als Leiterin des Projekts hin. Erstmals wird damit nach ihren Worten deutschlandweit flächendeckend die Beurteilung von gegenwärtigen und zukünftigen Klimarisiken für Immobilien möglich.

Das Risiko für das Gebäude leitet sich aus den generellen Gefährdungen am Standort durch Wintersturm, Hagel, Hitze und Stark-regen her sowie aus seiner diesbezüglichen Verletzlichkeit – wissenschaftlich: Vulnerabilität. In Bezug auf Schneelast, Waldbrand, Erdbeben und Blitzschlag gibt das Kartenmaterial Auskunft über die reine Gefährdung am jeweiligen Standort der Immobilie.

Ob künftig weitere Naturgefahren wie beispielsweise Hochwasser aufgenommen werden können, ist Ute Birk zufolge von der Datenlage abhängig. Was Hochwasser betrifft, wird deshalb auf die Internet-Portale der Bundesländer verwiesen.

Wo gibt es häufig Blitzschlag und Hochwasser?

Zu jeder Naturgefahr liefert das GIS-System Hintergrundinformationen, neben den Info-Texten auch einen Risikosteckbrief, inklusive Verweis auf mögliche Anpassungsmaßnahmen. „Man kann mit adäquaten baulichen Anpassungsmaßnahmen an Gebäuden sehr viele Risiken minimieren, nach einer Schweizer Studie bis zu 75 Prozent“, so Ute Birk.

Regelmäßige Wartung spiele dabei eine entscheidende Rolle. In Bezug auf Hagel und Starkregen betrifft das nach ihren Worten insbesondere Entwässerungsanlagen, aber auch das Dach und dessen Deckung bzw. Abdichtung. „Das findet sich dann auch in den Parametern wieder, die wir abfragen“, erklärt die Architektin. Fassadendämmung und PV-Anlagen müssen hagelfest sein. Bei Hitze geht es um die Aufheizung bestimmter Gebäudeteile, das Innenraumklima, um Verschattungsanlagen, Modernisierung von Fenstern oder auch Gebäudedämmung. „Sommerlicher Wärmeschutz wäre hier das Stichwort.“ Wenn Beschattung fehlt, können sich gerade die oberen Geschosse an heißen Tagen extrem aufheizen. Muss man also eventuell die Nutzung der Räume ändern, Home-Office oder Schlafzimmer besser nach unten verlegen.

Grundlage des Tools ist eine interdisziplinäre Entwicklung

Die Web-Anwendung ist im BBSR-Projekt „GIS-ImmoRisk – Entwicklung eines Geoinformationssystems zur bundesweiten Risikoabschätzung von zukünftigen Klimafolgen für Immobilien“ entstanden. „Dabei war ein interdisziplinäres Entwicklerteam am Werk, das sich durch ein Gesamtverständnis für sehr viele verschiedene Bereiche auszeichnete“, so Projektleiterin Ute Birk. Das betrifft nach ihren Worten Klimaforschung, Extremwertstatistik, Geoinformation und Risikomanagement in der Immobilienwirtschaft. Aber auch Bautechnik, was etwa die Vulnerabilität der Immobilie angeht. Gestützt habe man sich zusätzlich auf einen projektbegleitenden Fachbeirat aus führendenden Wissenschaftlern, die zum Teil auch Datengeber waren, sowie aus Akteuren aus der Praxis der Immobilien- und Wohnungswirtschaft. „Von dort kam die für uns wichtige Rückkopplung.“

Das Tool wird in regelmäßigen Abständen an neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Anforderungen angepasst. Zur Treffgenauigkeit der Voraussagen der neuen Web-Anwendung erklärt Ute Birk: Die Eintrittswahrscheinlichkeit und Höhe eines Schadens könne man nicht mit Exaktheit voraussagen. Alle Ergebnisse im GIS haben demnach einen bestimmten Grad von Unsicherheit, der dann auch im Risiko-Steckbrief durch eine Art Tacho ausgewiesen ist. Das zugehörige Hintergrundblatt beschreibt, warum es sich immer nur um Abschätzungen handeln kann. „Da können und wollen wir dem Nutzer nichts vormachen.“ Beim zu erwartenden Schaden wird der Durchschnitt angegeben, außerdem minimale und maximale Extremwerte. „Wir weisen hier eine Bandbreite aus.“ Dabei gehe es immer um direkte, nicht um indirekte Schäden wie beispielsweise Mietausfallrisiken.

Für die Nutzung vom GIS-ImmoRisk Naturgefahren sei kein Profiwissen erforderlich, so Ute Birk. „Wer seine Immobilie gut kennt, schafft beispielsweise die Parameterabfrage in etwa 15 Minuten.“

Interessenten können die geodatenbasierte Anwendung abrufen unter

www.gisimmorisknaturgefahren.de.

Autorin: Carla Fritz

Carla Fritz

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freie Journalistin
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