Preis- und Zinssteigerung würgen Investitionen ab
Die Zahl der fertiggestellten Wohnungen entferne sich immer deutlicher vom Ziel der Bundesregierung, rund 400.000 Wohnungen pro Jahr neu zu schaffen. Für ganz Deutschland rechne die Wohnungswirtschaft mit einem Einbruch der Baufertigstellungszahlen auf nur noch 242.000 Wohnungen für 2023 und lediglich 214.000 Wohnungen im Jahr 2024. Bei den Mietwohnungen seien statt der insgesamt benötigten 160.000 Wohnungen 2022 nur rund 85.000 und damit lediglich 53 Prozent des eigentlichen Bedarfs fertiggestellt worden – im geförderten sozialen Wohnungsbau sogar nur 25 Prozent der benötigten 100.000 Sozialwohnungen.
Zwei Drittel der Unternehmen erwarten weitere Verschlechterung
Infolge der exorbitanten Baupreissteigerungen und einem abrupten Anstieg des Zinsniveaus lag das Geschäftsklima im Grundstück- und Wohnungswesen laut ifo-Konjunkturindex im Juni 2023 mit einem Wert von –4,1 immer noch auf einem sehr tiefen Stand und habe sich gegenüber dem Mai erneut etwas eingetrübt. Die Geschäftserwartungen seien bereits seit drei Monaten wieder rückläufig und lagen im Juni bei einem Indexstand –30,3.
„Über zwei Drittel der Unternehmen erwarten also eine weitere Verschlechterung der Geschäftslage“, stellt Axel Gedaschko fest. Damit sei eine zehnjährige Phase steigender Investitionen der Wohnungswirtschaft zu Ende gegangen.
Neubauinvestitionen sind um 8,5 Prozent gesunken
Die im GdW und seinen Regionalverbänden organisierten Wohnungsunternehmen haben im Jahr 2022 rund 19,5 Mrd. Euro in die Bewirtschaftung und den Neubau von Wohnungen investiert. Das sind fast 900 Mio. Euro und damit 4,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Damit endet ein seit über ein Jahrzehnt anhaltender Trend wachsender Investitionen bei den GdW-Unternehmen. „Enorm gestiegene Baupreise, Verschlechterungen der Konditionen und Kürzungen in Förderprogrammen sowie die rapide gestiegenen Zinsen fordern ihren Tribut“, sagt Gedaschko. Die Investitionen in den Wohnungsneubau sind 2022 regelrecht eingebrochen und gingen um 8,5 Prozent auf 9 Mrd. Euro zurück. Mit rund 10,5 Mrd. Euro blieben die Bestandsinvestitionen im Jahr 2022 nahezu stabil und wiesen nur einen leichten Rückgang von 0,4 Prozent auf.
Im Wohnungsbau ist die Lage kritisch
Baugenehmigungen und Auftragseingänge sind seit Anfang 2022 auf Talfahrt und konnten sich nicht erholen. Unternehmen verschieben geplante Bauprojekte oder können diese angesichts des Marktumfeldes nicht mehr umsetzen und müssen diese stornieren – selbst, wenn sie bereits genehmigt sind. Insbesondere die Neubauinvestitionen sind im Abwärtssog und werden um 19,4 Prozent auf dann nur noch 7,3 Mrd. Euro sinken.
„Toxische“ Mischung führt zum Absturz der Bauinvestitionen
Das bezahlbare Wohnen in Deutschland stehe vor einer nie da gewesenen Krise. Als Ursachen nennt der Verband die Zinssteigerung, die Verteuerung von Baumaterialien, kostentreibende politische Vorgaben und ein staatliches „Förderchaos“. Diese „toxische Mischung“ würge die Investitionsfähigkeit der sozial orientierten Wohnungsunternehmen in ganz Deutschland insbesondere beim Neubau ab, so die Klage des Verbandspräsidenten.
Mithilfe umfangreicher statistischer Daten zeigt Axel Gedaschko, dass es aufgrund der nie da gewesenen Teuerungsrate immer weniger neue Wohnungen für das eingesetzte Geld gibt. Eine Modellrechnung auf Grundlage von Daten der ARGE Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen zeige: In angespannten Wohnungsmärkten werden sich die gesamten Herstellungskosten einer Wohnung von Mitte 2021 bis Ende 2023 um 38 Prozent verteuert haben. In entspannteren Wohnungsmärkten liege die Kostensteigerung mit 29 Prozent nur wenig darunter, vor allem aufgrund der niedrigeren Grundstückskosten. Mit den Investitionsmitteln des Jahres 2021 könnten also Ende 2023 statt 100 Wohnungen nur 73 Wohnungen in angespannten Wohnungsmärkten und 78 Wohnungen in entspannten Wohnungsmärkten errichtet werden.
Die Validität der Baukostenstatistik der ARGE würde zuweilen angezweifelt, berichtet Gedaschko. Wie substanziell diese Werte tatsächlich sind, zeige sich in der Tatsache, dass nun auch die Bundesbank diese Datenquelle für ihre Konjunkturanalysen nutze.
Kaltmiete von 18 Euro ist nicht bezahlbar
Zins- und Baukostensteigerungen zusammen genommen führten bei neu gebauten Wohnungen zu einer Steigerung der notwendigen Nettokaltmiete von 10,95 Euro pro Quadratmeter – mit der Mitte 2021 noch unter wirtschaftlichen Bedingungen gebaut werden konnte – um 65 Prozent auf 18,10 Euro pro Quadratmeter. „Solche Neubaumieten kann sich in Deutschland kaum einer leisten. Mietwohnungsbau ist nicht mehr wirtschaftlich umsetzbar, deswegen unterbleibt er“, sagt Gedaschko. Nach dem Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) hat sich nun offenbar auch der GdW von der Forderung nach Milliarden-Subventionen zur Förderung des Wohnungsbaus verabschiedet. Jedenfalls werden keine konkreten Zahlen aufgerufen. Stattdessen der Ruf nach Deregulierung, zinsgünstigen Krediten und der Senkung von Steuern. Gedaschko wörtlich: „Förderung kann den Absturz der Bautätigkeit nicht verhindern, nur mildern.“ (Red.)
Redaktion (allg.)
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