Urbanisierung wird den Mangel über viele Jahre zementieren
BBU: „Kosten treiben uns Sorgenfalten auf die Stirn“
In Berlin sind die Neubauinvestitionen 2023 real um 252 Millionen Euro oder 18,1 Prozent gesunken. 2022 wurden von den BBU-Mitgliedern in Berlin 7.172 Wohnungen fertiggestellt; 2023 waren es nur noch 6.344 Wohnungen. Zwar sind für das laufende Jahr mit 7.139 Einheiten wieder mehr Fertiggestellungen eingeplant, die Prognose für 2025 beträgt aber nur noch 4.486 Einheiten, was einem Rückgang von 29 Prozent im Vergleich zum Jahr 2023 entsprechen würde. Den Löwenanteil mit 4.599 fertiggestellten Wohnungen im Jahr 2023 halten nach Angaben des BBU die landeseigenen Gesellschaften. BBU-Chefin Maren Kern führt das auf Nachfrage auf eine höhere Verschuldung der Unternehmen und die Zuweisung von Bauland durch den Berliner Senat zurück. Wie stark sich die Steigerung von Zinsen und Baukosten auf die Neubauaktivitäten auswirkt, machte Maren Kern so deutlich: Mit den Investitionsmitteln des Jahres 2020 hätten Ende 2023 statt 100 nur 71 Wohneinheiten in angespannten Wohnungsmärkten errichtet werden können. Nach Daten des Statistikamtes Berlin Brandenburg sind von Anfang 2023 bis Mai 2024 die Preise für den Wohnungsneubau um 3,7 Prozent gestiegen, für Instandhaltung um 4,4 Prozent, für Schönheitsreparaturen um 5,2 Prozent.
Angesichts des drastischen nominalen wie realen Rückgangs der Neubauinvestitionen kaum anders zu erwarten: Die Zahl der Baustarts geht bei den BBU-Mitgliedsunternehmen in Berlin deutlich zurück. 2023 lag sie mit 5.084 Baubeginnen bereits um gut 18 Prozent unter dem Wert von 2022 (6.203). Für 2024 gehen die Unternehmen von einem weiteren Rückgang auf dann 3.951 Wohnungen aus (– 22,3 % im Vorjahresvergleich). Im Vergleich zum bisherigen Baubeginn-Höchststand (7.787 Wohnungen) 2020 entspreche das einem Rückgang um über 49 Prozent.
Das Fazit von BBU-Chefin Maren Kern: „Die Entwicklung der Kosten treibt unseren Unternehmen die Sorgenfalten auf die Stirn. Deshalb ist es nachvollziehbar, wenn sie beim Neubau mehr sparen müssen als bei Modernisierung und Instandsetzung. Diese negative Dynamik ist gefährlich für Berlin, für die Bauwirtschaft und für die Zukunftsfähigkeit unserer Branche.“
VdW Bayern: „Druck auf Mietwohnungsmarkt wird noch zunehmen“
Der VdW Bayern meldet Anfang August: Die 356 bayerischen Wohnungsgenossenschaften werden 2024 nur noch rund 500 Wohnungen errichten. Das sei ein Rückgang um 40 Prozent im Vorjahresvergleich. Verantwortlich seien die hohen Baukosten und eine Verschiebung der Investitionen vom Neubau zur energetischen Modernisierung der Wohnungsbestände. Nach Ansicht von Verbandsdirektor Hans Maier fehle gerade den Wohnungsgenossenschaften angesichts hoher Kosten und Anforderungen aktuell der Spielraum für weitere Neubauprojekte. Durch die Bau- und Zinskostensteigerungen habe sich nach Berechnungen der Wohnungswirtschaft die zur Refinanzierung der Projekte wirtschaftlich nötige Miete seit 2021 um 65 Prozent erhöht. „Mieten von 16 Euro und mehr können und wollen die Genossenschaften aber nicht bei ihren Mietern abrufen“, erklärt Maier.
Angesichts der begrenzten finanziellen Mittel entscheiden sich immer mehr Wohnungsgenossenschaften für Investitionen in den Klimaschutz. „Der Druck auf dem Mietwohnungsmarkt wird zukünftig eher noch zunehmen“, glaubt der Verbandsdirektor.
Obwohl auch bei den kommunalen Wohnungsunternehmen die Bauaktivitäten zurückgehen, spricht der VdW Bayern mit Blick auf diese Mitgliedsunternehmen von „stabilen Neubauzahlen“. Die im VdW organisierten Kommunalen haben 2023 fast 2.500 Wohnungen gebaut; für das laufende Jahr sei die Fertigstellung von 2.184 Wohnungen geplant.
Die 111 kommunalen Wohnungsunternehmen in Bayern seien die maßgeblichen Akteure beim Bau öffentlich geförderter Wohnungen. Von den derzeit bewilligten 18.000 neuen geförderten Wohnungen im Freistaat würden in den kommenden Jahren 15.000 durch die Verbandsmitglieder errichtet. „In den Jahren 2024 und 2025 werden 2,3 Milliarden Euro – davon 870 Millionen Euro aus Bundesmitteln – für die Wohnraumförderung bereitgestellt“, lobt Verbandsdirektor Maier die Förderung des sozialen Wohnungsbaus der bayerischen Landesregierung.
VdW Niedersachsen Bremen: „Es ist ein Drama“
Aus Sicht der Direktorin des VdW Niedersachsen Bremen, Susanne Schmitt, hat das Geschäftsjahr 2023 die schlimmsten Befürchtungen für den Wohnungsbau bestätigt. Schmitt sprach auf der Bilanzpressekonferenz Anfang August von einem „Drama“. So sehen die Zahlen im VdW-Bereich Niedersachsen und Bremen aus: 2023 wurden 463 Millionen Euro im Neubau investiert; 115 Millionen Euro weniger als 2022 und 229 Millionen weniger als 2021. „Viele Projekte liegen weiterhin auf Eis. So werden die Fertigstellungszahlen auch in diesem und vermutlich sogar im nächsten Jahr zurückgehen“, so die pessimistische Vorhersage der Verbandsdirektorin.
Die Zahl der mit öffentlicher Förderung errichteten Wohnungen im Verbandsgebiet ist insgesamt weiter rückläufig. Im Land Bremen wurden 2023 nur 261 geförderte Wohnungen fertiggestellt (– 23,7 % gegenüber 2022). In Niedersachsen waren es 2.448 (– 9,9 %). Der Abwärtstrend habe sich eingestellt, obwohl die Landesregierungen in Hannover und Bremen mit ihren jeweiligen Förderbanken die Förderprogramme in den vergangenen Jahren deutlich verbessert hätten, gibt Schmitt zu bedenken.
Thomas Engelbrecht
Thomas Engelbrecht
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