BBU-Preis für zwei energieautarke Wohnhäuser

Im Spreewald von der Sonne verwöhnt

Radikal vereinfachte Haustechnik, keine Reparaturkosten und Wohnen zur Pauschalmiete – der BBU hat die Lübbener Wohnungsbaugesellschaft (LWG) für zwei Sonnenhäuser mit dem Preis „Gewohnt gut – fit für die Zukunft“ ausgezeichnet.

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Nach drei Heiz­perioden zeigt sich: 
Die Sonnenhäuser in Lübben erreichen einen Autarkie­grad von mehr als 50 Prozent. Bild: LWG Lübben
Nach drei Heiz­perioden zeigt sich: 
Die Sonnenhäuser in Lübben erreichen einen Autarkie­grad von mehr als 50 Prozent. Bild: LWG Lübben

Die beiden Wohngebäude in Massivbauweise mit insgesamt 14 Mietwohnungen auf drei Etagen und 1.140 Quadratmeter Wohnfläche wurden bereits im November 2022 fertiggestellt. Bei der Preisverleihung sprach Maren Kern, Chefin des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) von „einer radikalen Vereinfachung der Haustechnik durch wartungsarme Anlagen, die den Bewohnern Kosten sparen und den CO2-Ausstoß auf ein Minimum reduzieren“. Gemeint ist damit die Wärmeerzeugung durch eine elektrische Direktheizung mit Infrarotstrahlern und Fußbodenheizungen in den Bädern. Ein wasserführendes Heizungssystem gibt es nicht. Die elektrische Direktheizung kann praktisch wartungsfrei und damit sehr kosteneffizient betrieben werden. Die Warmwassererzeugung erfolgt über dezentrale Wärmepumpen. Mehr als 50 Prozent der notwendigen Energie für Raumheizung und Warmwasser werde von den Photovoltaikanlagen auf Dach und Fassade geliefert. Dieser hohe Grad an Autarkie ermöglicht dem Lübbener Wohnungsunternehmen die Vergabe der Wohnungen zu einer Pauschalmiete. Die Neuvermietungsmiete betrage derzeit 13,50 Euro pro Quadratmeter, inklusive Energiepaket. Das Unternehmen garantiert diesen Preis für fünf Jahre. Heizung, Warmwasser, Haushaltsstrom und kalte Betriebskosten in Höhe von 2,80 Euro pro Quadratmeter seien darin inbegriffen.

Das kommunale Wohnungsunternehmen der Kleinstadt im Spreewald hat die Stromversorgung aus Photovoltaik (PV) mit Stromspeicher sowie Netzanschluss mit Ökostrom eingerichtet. Die Batterie habe mit 73 kWh die Größe des Akkus eines VW ID 4, berichtet LWL-Geschäftsführer Frank Freyer. Installiert wurde eine „Indach-PV-Anlage“, die – anders als klassische Aufdach-Anlagen – etwas unauffälliger sei und sich ohne Dachziegel in das Hausdach integriere. Außerdem wurden Fassaden-PV-Elemente verbaut. Überschüssiger Strom aus der PV-Anlage, vor allem im Sommer, werde ins Netz eingespeist. In den Wintermonaten werde bei Bedarf Ökostrom zugekauft.

Wie wohnt es sich unter einer Infrarot-Wärmeglocke?

Die Infrarot-Heizpaneelen sind unter den Zimmerdecken installiert. „Ich war anfangs skeptisch wegen der Wärme von oben“, erzählt LWG-Geschäftsführer Frank Freyer im Gespräch mit der IVV. Aber es habe sich gezeigt, dass die glockenförmige Ausbreitung der Wärmestrahlung funktioniere. Die Rückmeldungen von einzelnen Mietern seien positiv. Nach dem Einzug der ersten Mieter seien Fernsehteams im neuen Gebäude gewesen. „Im Bericht war zu sehen, dass der Mieter barfuß durch die Wohnung gelaufen sei, das ist ein gutes Zeichen“, berichtet Freyer. Die Infrarotstrahlung werde von Wänden und Decken gespeichert. Es sei von Vorteil, dass es in den Gebäuden keine Trockenbauwände gebe, sondern ausschließlich massives Mauerwerk. Ein weiterer Vorteil: Im Sommer bleibe die Hitze länger draußen.

Sind die Instandhaltungskosten tatsächlich geringer?

Ein Argument für die „Abrüstung“ der Haustechnik sind geringere Instandhaltungs- und Reparaturkosten. Hier fällt die Einschätzung von Frank Freyer differenziert aus. Durch das elektrische Heizsystem, das aus Kabeln und Infrarotpaneelen bestehe, entstünden tatsächlich keine Kosten. Aber technikarm sei ein KfW-55-Gebäude nicht, denn die Hülle sei praktisch luftdicht, was eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung erforderlich mache. „Im Übrigen ist die Infrarotheizung auch eine Möglichkeit in der Altbausanierung, nämlich dort, wo es keinen Platz für Wärmepumpen gibt“, so die Einschätzung des Geschäftsführers.

Geht die Rechnung mit der Pauschalmiete auf?

Die Sonnenhäuser haben drei Heizperioden hinter sich. Für das Unternehmen gehe das Konzept der Pauschalmiete betriebswirtschaftlich „gerade so“ auf. „Wir schauen nicht sehr streng auf die Stromzähler“, sagt Freyer, aber die Pauschalmiete enthalte ein „Energiepaket“, keine unbegrenzte Pauschale. Der Stromverbrauch sei in Abhängigkeit von Wohnungsgröße und Kopfzahl gedeckelt, und anfangs habe es das eine oder andere Gespräch mit Mietern über das richtige Lüftungsverhalten gegeben. Kritisch wurden die Kosten für den Strom, als Warmwasser-Wärmepumpen ausfielen.

Rund 5,1 Millionen Euro investiert

In das Projekt hat die LWG nach eigenen Angaben 5,1 Millionen Euro investiert. 12,4 Prozent der Investitionssumme stammten aus dem Eigenkapital des Wohnungsunternehmens, 87,6 Prozent wurden in zwei Darlehen aufgenommen (KfW 55-Förderdarlehen mit einem Zuschuss von 18.000 Euro je Wohnung).

Thomas Engelbrecht

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Seite 20
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