Ein bisschen Hoffnung auf den Regierungswechsel
Für 2024 ist laut Gutachten insgesamt nur mit etwa 210.000 neu genehmigten Wohnungen zu rechnen – gegenüber 2023 wäre das ein Rückgang um fast die Hälfte (45 Prozent). In den meisten der sieben größten Städte („A-Städte“) nehme die Kluft zwischen Wohnungsbedarf und Bautätigkeit bedrohliche Ausmaße an. Im Wohnungsbau verzeichnete mehr als die Hälfte der Unternehmen einen Auftragsmangel. Im Jahresverlauf 2024 verfestigte sich der Anteil im Bereich zwischen 50 und 60 Prozent. Dies relativiere den erfreulichen Trend, dass Stornierungen über das Jahr mit 10,5 Prozent auf den niedrigsten Wert seit April 2022 gesunken seien.
Gutachter Dr. Ralph Henger vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) richtet in seiner Analyse zu den Wohnimmobilien den Blick auf die sieben bevölkerungsreichsten Städte („A-Städte“). Hier zeige sich für die Zeit von 2021 bis 2025 mit insgesamt 72.200 Wohnungen pro Jahr ein erhöhter Wohnungsbedarf. Bezogen auf 1.000 Einwohner und Jahr liege der bundesweite Wohnungsbedarf bei 4,5. In den A-Städten seien es 7,3.
Nur in München deckte der Neubau annähernd die Nachfrage
In der Vergangenheit waren München oder Frankfurt am Main besonders erfolgreich im Wohnungsbau: Hier konnten pro 1.000 Einwohner und Jahr 5,6 beziehungsweise 4,7 Wohnungen fertiggestellt werden. Aufgrund der hohen Nachfrage ließ sich aber auch dort nicht der gesamte Bedarf decken. So liege die Bedarfsdeckung in München bei 93 und in Frankfurt bei 61 Prozent. Bei einer Bautätigkeit von 4,6 weise Berlin eine Bedarfsdeckung von 51 Prozent auf. Deutlich größere Defizite zeigten sich hingegen in Köln (37 Prozent) und Stuttgart (43 Prozent), wo die Lücke zwischen Bedarf und Bautätigkeit am größten ist. Unter den B-Städten falle Leipzig (42 Prozent) mit einem hohen Defizit auf.
Zahl der Grundstücke für Wohnungsbau um die Hälfte geschrumpft
Der Handel von Wohnimmobilien stellt mit 69 Prozent aller Immobilientransaktionen den wichtigsten Markt dar. Der Einbruch war zuletzt, im Jahr 2023, im Wohnungsmarkt mit einem Minus von 18 Prozent deutlich stärker als in den anderen Segmenten (Minus von knapp acht Prozent). Die Zahl der verkauften Bauplätze für den Wohnungsbau sank von 67.000 im Vorjahr auf 46.000, was einem Rückgang von gut 31 Prozent entspricht. Im Vergleich zum Boomjahr 2021 reduzierten sich die neuen Flächen für den Wohnungsbau sogar um mehr als die Hälfte (Minus 53 Prozent). Gleichzeitig zogen die Preise für baureifes Land allein von 2005 bis 2022 um 104 Prozent an. Die leichten Rückgänge in 2023 sind dabei der nachlassenden Nachfrage geschuldet und dürften sich wieder umkehren.
Der Flaschenhals sind die Kommunen
Ralph Henger betont: „Zentraler Akteur im Wohnungsbau auf der Angebotsseite sind die Kommunen, die dazu angehalten werden müssen, Planungs- und Genehmigungsverfahren durch Digitalisierung, Bürokratieabbau und mehr Personal in Bauämtern zu beschleunigen.“ Hengers Empfehlung Richtung Politik und Wirtschaft: „Nach der Einführung oder Erhöhung von Abschreibungen auf Neubauten durch Sonderabschreibungen ist es von zentraler Bedeutung, die Kosten im Wohnungsbau zu senken.“ Es sollte daher in jedem Fall keine weitere Verschärfung der energetischen Neubaustandards auf Effizienzhaus 40 oder mehr vorgenommen werden.
Die Reformvorschläge des ZIA
Die Präsidentin des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), Iris Schöberl, bemühte bei der Übergabe des Frühjahrsgutachtens um Optimismus: Zwar drücke ein Klima der Unsicherheit auf die Investitionsbereitschaft, doch wenn in diesem Frühjahr die politischen Weichen klug gestellt werden, könne die Immobilienwirtschaft, die fast 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liefere, schon 2025 wieder zur Wirtschaftslokomotive werden. Schöberl wiederholt bekannte Forderungen. Starre Regulierungen im Baurecht müssten gestrichen werden; der Staat müsse sich auf allen Ebenen zurücknehmen. Die konkreten Vorschläge des ZIA:
- Der Bund könnte über die KfW eigenkapitalersetzende Mittel und Bürgschaften bereitstellen, um stockende Neubauvorhaben und Sanierungen zu aktivieren. Dann könnten Banken wieder mehr Kredite an Projektentwickler vergeben.
- Zumindest temporär sollten die Bundesländer die Grunderwerbssteuer für alle Immobilienklassen senken oder auf null fahren, Kommunen sollten auf die Grundsteuer verzichten.
Gleichzeitig dämpft das Frühjahrsgutachten die Erwartungen in diesem Punkt. Mit Blick auf die Grundsteuer hält Prof. Lars P. Feld von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg fest: „Es deutet viel darauf hin, dass die Städte und Gemeinden in ihrer Gesamtheit das Versprechen einer aufkommensneutralen Reform brechen werden. Sie nutzen vielmehr die Reformmöglichkeiten, um höhere Einnahmen zu erzielen. Die Auswirkungen sind nicht zuletzt für den Wohnungsmarkt noch nicht absehbar.“ (Red.)
Redaktion (allg.)


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