Editorial

Wohnungsbau als staatliche Aufgabe tatsächlich abschaffen?

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 Bild: Adobestock/ my_stock
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Im Juli ist die Zahl der in Deutschland genehmigten Neubauwohnungen auf das Niveau von Februar 2012 geschrumpft, beklagt der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Mit insgesamt 17.000 Wohnungen wurde das Niveau des Vorjahresmonats um 19 Prozent unterschritten. Für die ersten sieben Monate des Jahres ergibt sich ein Rückgang um 32.500 Wohnungen oder 21 Prozent. Das Niveau vom März 2022 wurde sogar um 50 Prozent unterboten.

Projektentwickler, die sich im frei finanzierten Wohnungsbau engagieren, können angesichts der hohen Zins- und Baukosten im Segment des sogenannten bezahlbaren Wohnraums wirtschaftlich gar nicht mehr arbeiten. Erste Insolvenzen sorgen für Schlagzeilen, und umso überraschender ist, dass es noch keine Massenentlassungen von Bauarbeitern gibt. Viele Entwickler und Baufirmen arbeiten immer noch ein historisch gutes Auftragspolster ab. Dieser Schluss lässt sich aus den August-Daten der GeoMap-Analyse ziehen (Seite 6). In den Großstädten haben die Bauaktivitäten im Vorjahresvergleich sogar leicht zugenommen. Das dicke Auftragspolster hat bislang den seit nunmehr 27 Monaten anhaltenden kontinuierlichen Rückgang der Baugenehmigungszahlen zugedeckt. Die Maßnahmen der Bundesregierung – die Förderprogramme Klimafreundlicher Neubau, Jung kauft Alt, Gewerbe zu Wohnraum, eine höhere lineare AfA sowie eine Sonder-AfA, das temporäre Aussetzen des Effizienzhauses 40-Standards – bremsen den Absturz allenfalls ein wenig. Der Aufschlag wird für den Arbeitsmarkt in der Baubranche äußerst schmerzhaft sein.

Was im Vergleich eine großzügige Förderung (durch die Bundesländer) im Wohnungsbau bewegen kann, mögen diese Beispiele zeigen: Die sieben landeseigenen Wohnungsunternehmen Berlins sind zusammengenommen der größte Projektentwickler Deutschlands. In diesem Jahr steigern sie ihre Investitionen in Neubau und Sanierung um über 34 Prozent auf den Rekordwert von 2,3 Milliarden Euro. Gut 1,4 Milliarden sind für den Neubau vorgesehen (+42 %).

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) schreibt vor, dass zu Prozessen, bei denen personenbezogene Daten verarbeitet werden, der Verantwortliche Verfahrensverzeichnis führen muss. Insbesondere bei einer Prüfung durch die Datenschutzbehörden muss der Verantwortliche...

Im nordrhein-westfälischen Ahlen kann das Unternehmen VIVAWEST, ausgestattet mit einer Landesförderung von 10,5 Millionen Euro, die energetische Sanierung von 70 Jahre alten Gebäuden anpacken. Alle Wohngebäude erhalten eine neue Heizungsanlage (Wärmepumpe) und Wärmedämmung. Auf den Dächern werden Photovoltaikanlagen installiert und in den Wohnungen neue Fenster eingebaut. Damit wird die Energieeffizienzklasse von 94 Mietwohnungen von H auf A+ angehoben.

3,9 Milliarden Euro haben die Mitgliedsunternehmen des VdW Rheinland Westfalen im Jahr 2023 in den Gebäudebestand und in den Neubau investiert, und damit im dritten Jahr in Folge knapp vier Milliarden Euro. Möglich war das durch eine großzügige Förderung der Landesregierung, berichtet der Verband.

Auf Bundesebene wird es mit einer marktradikalen FDP in jedweder Regierungskoalition nicht mehr staatliche Fördergelder geben. Und ob unter einer CDU/CSU-geführten Bundesregierung die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse gelockert würde, darf bezweifelt werden. Dafür sollte sich eigentlich eine Dreiviertelmehrheit im Bundestag finden – sofern wir die Schaffung von Miet- und Eigentumswohnungen als Teil staatlicher Daseinsvorsorge nicht beerdigen wollen.

Thomas Engelbrecht

Thomas Engelbrecht
Chefredakteur

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