Was im Großen die Staats- und Landesgrenzen sind, das sind im Kleinen die Zäune und Mauern um Grundstücke herum. Auch diese Grenzzonen liefern immer wieder Anlass zum Streit. Mal ist ein Sichtschutzzaun zu hoch, mal fühlt sich ein Nachbar regelrecht „eingemauert“. Damit befassen sich die folgenden Urteile – vom Amtsgericht bis zum Bundesgerichtshof.
Wenn der Bebauungsplan einer Gemeinde grundsätzlich Einfriedungsmauern ausschließt, weil ein Baugebiet seinen grünen Charakter nicht verlieren soll, dann sind keine Ausnahmen möglich. Darunter fällt auch eine Stützmauer zur Stabilisierung einer Aufschüttung. Eine solche Aufschüttung hatte ein Grundstücksbesitzer vornehmen lassen, um sein Anwesen in Hanglage besser nutzen zu können. Das Verwaltungsgericht Mainz (Urteil vom 20.03.2019; Az.: 3 K 615/18) verweigerte eine außerordentliche Genehmigung dieser Baumaßnahme.
Wer ein Grundstück erwirbt, der muss manchmal Dinge hinnehmen, die ihm nicht besonders gefallen. So befand sich entlang der Grundstücksgrenze eine 26 Meter lange und zwei Meter hohe Sichtschutzwand. Die Käufer des Nachbaranwesens forderten eine Entfernung dieses Sichtschutzes, zumal auch keine Baugenehmigung vorlag. Das Problem war aber, dass die vorherigen Eigentümer keine Einwände gegen die Grenzeinrichtung gehabt hatten. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein (Urteil vom 25.05.2018; Az.: 1 LA 44/17) merkte an, der Zustand habe schon beim Erwerb des Grundstücks bestanden und mit dem Kauf hätten die Kläger in die Verwirkung der Nachbarrechte eingewilligt.
Nachbarn empfanden einen bereits baurechtlich genehmigten Sichtschutzzaun als überdimensioniert, selbst wenn ihn die Behörde angesichts der topographischen Besonderheiten in dieser Form akzeptiert habe. Doch das Verwaltungsgericht Bayreuth (Urteil vom 11.04.2019; Az.: B 2 K 18.931) kam zu der Überzeugung, dass die beanstandete „erdrückende Wirkung“ des Zaunes nicht gegeben sei. Die Kläger nähmen angesichts des Niveauunterschiedes des Geländes von ihrer Seite aus eine zwei Meter hohe Einfriedung wahr, was zulässig sei.
Wenn jemand ein Wegerecht an einem Grundstück besitzt, dann kann ihn der Eigentümer des Anwesens nicht dazu verpflichten, die Tore dieser Einfahrt immer hinter sich zu schließen. Im konkreten Fall hatte der Bewohner des vorderen Grundstücks zwei schwere Tore installiert – eines an der Straße und eines an der Grenze zwischen Vorder- und Hintergrundstück. Der Inhaber des Wegerechts hätte ständig aus- und einsteigen müssen, wenn er den Weg mit seinem Auto nutzen wollte. Der Bundesgerichtshof (Urteil von 16.04.2021; Az.: V ZR 17/20) entschied, es bestehe kein genereller Vorrang der Sicherheitsinteressen gegen die Ausübung des Wegerechts. Das müsse stets abgewogen werden.
Ein Gartenzaun hatte seine beste Zeit schon hinter sich, als ihn ein Sturm der Windstärke acht mit sich riss. Der Grundstückseigentümer forderte von seiner Versicherung weit über 30.000 Euro Schadenersatz für Abbau, Entsorgung und Neuerrichtung des Zaunes. Das Oberlandesgericht Zweibrücken (Urteil vom 24.11.2020; Az.: 1 U 181/19) sah die Mitursächlichkeit des Sturmes wegen des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs für erbracht. Allerdings spreche der marode Zustand des Zaunes dafür, dass er auch schon bei niedrigeren Windstärken hätte umkippen können. Der Grundstückseigentümer unterlag deswegen in dem Verfahren.
„Was du nicht willst, das man dir tut, das füg‘ auch keinem andern zu“, heißt es schon in der Bibel. Im übertragenen Sinne sagte genau das auch das Landgericht Koblenz (Urteil vom 10.07.2020; Az.: 13 S 6/20) in einem Urteil über zwei zerstrittene Nachbarn. Der eine klagte darüber, dass sein Nachbar einen ungewöhnlich hohen Zaun errichtet habe, der nun rückgebaut werden müsse. Das Bauwerk war gut zwei Meter hoch. Doch der Kläger hatte an anderer Stelle selbst einen Zaun von bis zu 1,87 Metern Höhe errichtet – und lag damit ebenfalls über der von ihm geforderten Rückbauhöhe von 1,20 Metern. Ein schützenwertes Interesse des Klägers konnten die Richter deswegen nicht erkennen und verpflichtete den beklagten Nachbarn nur zu einem Rückbau des Zauns auf die gleiche Höhe wie der Zaun des Klägers.
Wenn zu einer Eigentümergemeinschaft mehrere benachbarte, aber voneinander getrennte Häuser gehören, dann hat nicht jedes Mitglied der Gemeinschaft einen Anspruch auf den Besitz aller Schlüssel zu den Hauseingängen. So entschied es das Landgericht Karlsruhe (Urteil vom 20.08.2021; Az.: 11 S 88/19) in einem konkreten Streitfall. Es gebe ein eingeschränktes Mitgebrauchsrecht an den Häusern, in denen man selbst nicht wohne. Nur in begründeten Ausnahmesituationen könne ein Anspruch auf den Schlüssel bestehen – etwa für einen Zugang zu Strom- und Wasserzählern.
Redaktion (allg.)
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