Betriebskosten wirtschaftlich abrechnen

Letztlich beruht dieses Gebot auf Treu und Glauben, § 242 BGB. Bei der Geschäftsraummiete ist zur Geltung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes direkt auf § 242 BGB abzustellen.

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Was es bedeutet
Nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit sind nur Betriebskosten umlegbar, die bei einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung entstehen. Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit ist vom Standpunkt eines vernünftigen Vermieters auszugehen, der ein vertretbares Kosten-/Nutzenverhältnis im Auge hat. Daraus wird deutlich, dass es im Rahmen der Wirtschaftlichkeit um sachliche Gesichtspunkte geht, und nicht allein um die billigste Lösung. Dem Vermieter steht im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebotes ein Entscheidungsspielraum zu. Maßgeblich ist ein objektiver Maßstab.
Die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden, was sich bei preisfreiem Wohnraum bereits aus § 556 Abs. 4, § 560 Abs. 6 BGB ergibt.
Ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot kann sich unter folgenden Gesichtspunkten ergeben:
  • Zu viele Betriebskostenpositionen
  • Generell nicht erforderliche Betriebskosten
  • Konkret nicht erforderliche Betriebskosten
  • Höhe der Betriebskostenposition ist überzogen.

Umfang der Betriebskosten
Beim Umfang der Betriebskostenpositionen kann unterschieden werden zwischen generell nicht erforderlichen Betriebskosten und konkret nicht erforderlichen Betriebskosten. Damit ist gemeint, dass es Betriebskostenpositionen gibt, die unabhängig vom konkreten Mietobjekt sinnlos sind, aber auch Betriebskostenpositionen, die lediglich im Einzelfall als nicht sinnvoll bezeichnet werden müssen.
Generell nicht erforderliche Betriebskosten
Kosten für Maßnahmen, die nicht erforderlich sind, können nicht auf die Mieter umgelegt werden. Hierunter fallen:

  • Wartungsverträge für Einrichtungen und Anlagen, die keinen Wartungsbedarf haben (z.B. Klingel und Gegensprechanlagen)
  • Kosten die nicht geschuldet sind (z.B. Trinkgelder)
  • Kosten, die wegen einer Säumnis der Vermieters entstehen
    (z.B. Säumniszuschläge, Mahngebühren, Verzugszinsen)
  • Kosten im Leistungskatalog eines Leistungserbringers, die gar nicht anfallen
  • Kosten infolge von Doppelbeauftragung.

Konkret nicht erforderliche Betriebskosten
Es gibt nicht nur generell nicht erforderliche Kosten, sondern auch Kosten, die in Bezug auf die konkrete Mietsache nicht erforderlich sind im Hinblick auf dessen Charakter. Dabei ist insbesondere auf den Nutzungszweck, der sich aus dem vertragsgemäßen Gebrauch des jeweiligen Mietvertrags ergibt, abzustellen. Es gibt beispielsweise Kostenpositionen, die in Bezug auf eine kleine Wohneinheit sinnlos, bei einem Einkaufszentrum aber notwendig sein können. Hierunter können fallen:

  • Pförtner für kleine Wohneinheit
  • Hausmeister für kleine Wohneinheit
  • Kosten infolge einer willkürlich überhöhten Kapazität (extreme Vorhaltekosten)
  • Überdimensionierte gärtnerische Gestaltung (Parkanlage für Wohnhaus).

Höhe der Betriebskosten
Dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz widerspricht es auch, wenn der Vermieter unangemessene, marktunübliche, überhöhte Kosten verursacht. Das Preis-/Leistungsverhältnis muss insoweit nachvollziehbar sein.
Schwierigkeiten gibt es bei der konkreten Ermittlung der „Überhöhung“, insbesondere ab welcher Grenze eine Überhöhung anzunehmen ist.
Als Orientierung mag eine 20 %-Grenze im Verhältnis zu den üblichen Kosten gelten. Hierbei handelt es sich aber um einen reinen Orientierungswert, da im Einzelfall die Grenze deutlich niedriger, aber auch höher liegen kann. Die Ermittlung der üblichen Kosten ist eine Frage des Einzelfalls. Eine Marktforschung wird man dem Vermieter nicht abverlangen können, da der damit verbundene Verwaltungsaufwand gleichfalls unwirtschaftlich wäre. Teilweise wird aber auch die Ausschreibung oder die Einholung von Vergleichsangeboten gefordert.
Die Wirtschaftlichkeit fordert vom Vermieter:

Ein Kellerraum muss nicht und schon gar nicht kostenlos im Rahmen des Wohnraummietvertrages dem Mieter zur Verfügung gestellt werden. Eine getrennte Anmietung bietet den Vorteil, dass der Kellerraummietvertrag nicht dem mieterschützenden Wohnraummietrecht...
  • keine überzogenen Reinigungskosten bei Wohnhaus (mehr als 1 x Woche Treppenreinigung, mehr als 2 x Jahr Fensterreinigung)
  • Nutzung eines Rabattsystems (Versicherungspaket statt Einzelversicherung verschiedener Anbieter)
  • Nutzung saisonaler Schwankungen (z.B. Heizölkauf im Sommer statt im Winter)
  • Sammelbestellung (z.B. Heizöl)
  • Unwirtschaftlichkeit einer verursachungsbezogenen Abrechnung
    (Kostenanteil für Erfassung und Verteilung betragen mehr als 25 % der jeweiligen Kostenposition)
  • Einlegen von Rechtsbehelfen gegen erkennbar überhöhte Gebühren und Steuern.

Strittig ist, ob ein Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit vorliegt, wenn der Vermieter unwirtschaftliche Anlagen betreibt bzw. Mängel nicht beseitigt. Eine Abzugsfähigkeit derartiger, hierdurch veranlasster erhöhter Kosten ist nicht gerechtfertigt, da bei der Betriebskostenumlegung Maßstab der Ist-Zustand und nicht der Soll-Zustand der Mietsache ist. Eine Pflicht zur Modernisierung lässt sich hieraus nicht ableiten. Diese schließt aber Schadensersatzansprüche des Mieters gegenüber dem Vermieter aus §§ 241 Abs. 2, 280 BGB bzw. aus § 536a BGB nicht aus, sofern deren Voraussetzungen vorliegen.

Betriebskostenspiegel
Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit hat den Deutschen Mieterbund bewogen, einen Betriebskostenspiegel für Deutschland zu veröffentlichen. Dieser enthält für verschiedene Betriebskostenpositionen jeweils die Unter- und Obergrenzen sowie bestimmte Durchschnittswerte. Abweichungen von den Durchschnittswerten, aber insbesondere Betriebskosten im Bereich der oberen Grenzwerte, sollen hierbei Anlass für den Mieter sein, einzelne Kostenpositionen genauer zu überprüfen. Vermieter sollten wissen, dass dieser bundesweit geltende Betriebskostenspiegel keine verbindlichen Überprüfungen der Betriebskostenabrechnung oder einzelner Betriebskostenpositionen ermöglicht. Dies räumt selbst der Deutsche Mieterbund ein. Es ist daher aufgrund der Einzelfälle Vorsicht geboten, die entsprechend ermittelten Werte auf das konkrete Mietverhältnis zu übertragen.
Vorsichtig zu behandeln sind die Werte aus Betriebskostenspiegeln, die beispielsweise für Regensburg oder Leipzig gelten. Die in diesen Tabellen wiedergegebenen Werte zu einzelnen Betriebskostenarten haben starken Ortsbezug und können daher nicht ohne weiteres auf andere Städte oder Nachbargemeinden übertragen werden. Sie sind lediglich eine Orientierungshilfe. Man denke nur an die unterschiedlich hohen kommunalen Gebühren von Stadt zu Stadt oder den schwankenden Preisen auf dem Heizölmarkt. Diese Betriebskostenspiegel sind daher Momentaufnahmen in Bezug auf eine bestimmte Stadt. Im Hinblick auf die Besonderheiten des Einzelfalles erscheint es bedenklich, auf Durchschnittswerte in Mietspiegeln oder anderen Tabellen abzustellen.

Folgen bei Verstößen
Einigkeit besteht, dass Kosten, die über den wirtschaftlich vertretbaren Rahmen hinausgehen, nicht den Mietern berechnet werden können. Streitig ist, wie dieses Ergebnis rechtlich zu begründen ist. Diese Frage hat nicht nur theoretische, sondern auch praktische Bedeutung, da hiervon auch die Darlegungs- und Beweislast abhängt bzw. je nach Einordnung evtl. weitere und höhere Voraussetzungen gelten. Dabei werden zwei Auffassungen zur Folge eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit vertreten:
- Die Betriebskostenumlage ist von vornherein auf solche Kosten begrenzt, die dem Gebot einer ordentlichen Wirtschaftsführung entsprechen. Es erfolgt eine Streichung oder Reduzierung auf den angemessenen Teil.
- Bestehen eines Schadensersatzanspruches auf Freihaltung von überflüssigen Kosten gem. §§ 241 Abs. 2, 280 BGB (positive Vertragsverletzung). Im Wirtschaftlichkeitsgrundsatz wird eine Nebenpflicht aus dem Mietvertrag gesehen, deren Verletzung zu einem Schadensersatzanspruch führt.
Der BGH argumentiert mit dem Schadensersatzanspruch des Mieters wegen Verstoß gegen eine Nebenpflicht, ohne sich aber mit der Gegenansicht auseinanderzusetzen.
Diese Unterscheidung hat insofern Bedeutung, dass bei einem Schadensersatzanspruch ein Verschulden und eine Rechtswidrigkeit des Vermieters notwendig sind. Des Weiteren können im Einzelfall Aufrechnungsausschlüsse oder Haftungsbeschränkungen im Mietvertrag greifen. Schließlich spielt diese Einordnung auch eine Rolle bei der Darlegungs- und Beweislast.
Nach überwiegender Meinung trägt der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für die Wirtschaftlichkeit der Kostenansätze. Der BGH hat sich bislang lediglich zur sekundären Darlegungslast des Mieters geäußert und dabei erhebliche Anforderungen gestellt. Danach ist es zunächst Sache des Mieters, der einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot geltend macht, konkret vorzutragen. Der Mieter kann beispielweise Bezug nehmen auf frühere Abrechnungen, Abrechnungen über vergleichbare Objekte, Betriebskostenspiegel, Preislisten anderer Firmen, usw. Erst danach liegt es am Vermieter, darzulegen und zu beweisen, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht verletzt ist.
In zeitlicher Hinsicht ist ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot unschädlich, wenn diese unwirtschaftliche Maßnahme zu einem Zeitpunkt erfolgte, in der noch kein Schuldverhältnis mit dem Mieter bestand. Eine Nebenpflicht setzt das Bestehen eines Vertrages voraus.

Redaktion (allg.)

Pixabay/ Mohamed_hassan

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