Beweissicherung am Bau

Beweismittel können im Zivilprozess sein: Zeugen, Sachverständige, Urkunden, Augenschein und im Ausnahmefall auch die Partei selbst.
Es ist leider Gerichtsalltag, dass viele Parteien eines Bauprozesses, gleichgültig ob Kläger oder Beklagter einen Sachverhalt prozessual nicht beweisen können, weil sie im Vorfeld nicht auf Beweismittel geachtet haben. Ebenso trauriger Alltag ist es, dass häufig wahrheitswidrig bestimmte Sachverhalte abgestritten werden, allein deshalb, um eine zeitliche Verzögerung zu erreichen oder der Gegenseite finanziellen Schaden zuzufügen.

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Jedes Beweismittel hat auch seine Vor- und Nachteile. Teilweise sind die Beweismittel nur eingeschränkt verwertbar bzw. stellen gar kein Beweismittel im prozessualen Sinn dar. Es empfiehlt sich daher, frühzeitig rechtlichen bzw. technischen Rat einzuholen, um nicht unwiederbringliche prozessuale Nachteile zu erleiden.

TIPP
Beweismittelkombination bevorzugen, sich nicht auf ein Beweismittel allein verlassen.
Zeugen eines Sachverhalts bewusst hinzuziehen und immer darauf achten, dass Nachname, Vorname und Adresse bekannt sind.
Protokolle und Aktenvermerke über jede Störung, Telefonat, etc. zumindest als Gedächtnisstütze führen und durch flankierende andere Beweismittel konkretisieren, d.h. Zeugen, Lichtbilder, etc.
Fotos, Film als plakatives Beweismittel nicht unterschätzen, aber darauf achten, dass deren Einsatz sowohl zeitlich als auch tatsächlich mittels Zeugen nachweisbar ist. Wegen der Gefahr einer unfachmännischen Handhabung Fachmänner hinzuziehen.
Sachverständige, sei es als Privatgutachter oder als Gerichtsgutachter, einschalten, auch wenn hierdurch Kosten entstehen. Schwierige technische Sachverhalte sind ohne fachmännische Beurteilung nicht erfolgreich rechtlich durchsetzbar. Viele Rechtsfragen hängen von den zu ermittelnden Tatsachen ab. Diese Tatsachen können nur durch einen Sachverständigen ermittelt werden. Auf Qualität des Sachverständigen und dessen Bestellung (Aufgabenbereich) achten.

Fazit
Die vorstehenden Ausführungen sind in nahezu allen Rechtsbereichen entscheidend. Leider müssen wir in der Baupraxis häufig feststellen, dass aus Unwissen bzw. Leichtsinn oder aus Gutgläubigkeit auf eine ausreichende Dokumentation mittels Beweismittel verzichtet wird. Mängelrügen, Fristsetzungen, Kündigungserklärungen sind nicht mehr nachweisbar, mangelhafte Leistungen durch Baufortschritt bzw. Ersatzvornahme nicht dokumentiert. Derartige Fehler sind manchmal nicht mehr korrigierbar und gerade am Bau teuer.

Beweismittel: Zeuge

Vorteil

  •  jederzeit erreichbar, umfassende Darstellung möglich

Nachteil

  • Erinnerungsvermögen leidet
  • Zeugen können sterben
  • Nähebeziehung zum Mandanten kann Glaubwürdigkeit beeinträchtigen

Tipps

  • Hinzuziehen weiterer Zeugen
  • Erstellen von Protokollen
  • Foto/Filmdokumentation

Beweismittel: Sachverständiger

Vorteil

  • fachmännische Beurteilung und Ermittlung der geeigneten Mängelbeseitigungsmaßnahmen inkl. Kosten
  • Privatgutachter kann Hilfestellung geben und beratend auf weitere Mängel oder Schäden hinweisen
  • Gerichtssachverständiger im selbstständigen Beweisverfahren trifft bindende Feststellungen, die auch später in einem Prozess verwertet werden können.

Nachteil

  • Privatgutachten im Prozess nur mit Einverständnis des Gegners verwertbar, Kosten oft nicht erstattungsfähig
  • Gerichtsgutachter ist an Beweisbeschlüsse des Gerichtes gebunden, kann keine weitergehenden Feststellungen oder Hilfestellungen geben.

Tipps

  • statt Privatgutachten, selbstständiges Beweisverfahren (Nachteil: Dauer des Verfahrens)
  • statt Gerichtsgutachter, zunächst Privatgutachter, zur Ausforschung und Hilfestellung (Nachteil: fehlende Bindungswirkung)
  • Einschaltung Privatgutachter/Gerichtsgutachter je nach Einzelfall

Beweismittel: Fotos/Film

Vorteil

  • bildliche Dokumentation von Missständen ermöglichen plakative Darstellung ohne viele Worte

Nachteil

  • nur eine Momentaufnahme
  • Verfälschung des tatsächlichen Zustands (z.B. Blitzlicht) durch unfachmännische Handhabung

Tipps

  • Datumsanzeige (gegebenenfalls durch Beifügung einer Tageszeitung)
  • Beauftragung eines Fachmanns

Beweismittel: Tonträger

Vorteil

  • akustische Dokumentation

Nachteil

Verstirbt ein Mieter stellen sich viele Fragen. Wird das Mietverhältnis mit einer anderen Person fortgesetzt? Wer zahlt mir meine Miete? Was ist mit den Nebenkosten? Kann ich kündigen? Wenn ja, was muss ich beachten? Wer räumt die Wohnung aus, wenn das...
  • nur eine Momentaufnahme, keine Datumsanzeige möglich
  • Verwertbarkeit eingeschränkt bei heimlichen Aufnahmen
  • Qualität abhängig von Technik und Standort des Mikrofons, wodurch tatsächliches Ergebnis verfälscht werden kann

Tipps

  • Einverständnis des Gegners einholen
  • Aufnahme unter Zeugen

Beweismittel: Protokolle, Aktenvermerke

Vorteil

  • detaillierte Aufzeichnung nach Ort, Zeit, Dauer und Intensität ermöglicht eingehende Darstellung im Prozess

Nachteil

  • kein prozessuales Beweismittel

Tipps

  • Bestätigungsvermerk durch natürliche Person (Zeugen, Gegenpartei)
  • flankierende prozessuale Beweismittel wie Zeugen, Fotos, Filme, etc.

Beweismittel: Bestätigung Gegenpartei

Vorteil

  • Tatbestand wird unstreitig gestellt; Anerkenntnis

Nachteil

  • Verwertungsmöglichkeit eingeschränkt, wenn keine detaillierte Beschreibung erfolgt und lediglich Pauschalbestätigungen abgegeben werden

Tipps

  • umfassende Darstellung bzw. Information

Redaktion (allg.)

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