Kolumne

Brauchen wir einen Dolmetscher?

Seit einiger Zeit stelle ich fest, dass schriftliche Mitteilungen an meine Kunden kaum noch gelesen bzw. verstanden werden. Woran ich das festmache? Wie würden Sie das beurteilen, wenn Sie nach einem Schreiben oder einer Mail an Ihre Kunden, in der es um einen einfachen Sachverhalt wie das Absperren des Wassers durch die Stadtwerke wegen einer dringenden Reparatur der Leitungen geht, immer wieder Anrufe oder Nachfragen erhalten, die in etwa lauten: „Was heißt ‚absperren‘? Habe ich dann kein Wasser? Das geht nicht, ich will doch duschen!“

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 Bild: Pixabay/ Ambroz
Bild: Pixabay/ Ambroz

Oder dass nach Versand der Einladungen zur EV immer wieder nachgefragt wird, ob es wirklich sein kann, dass bei Anwesenheit nur eines Eigentümers Beschlussfähigkeit gegeben ist, obwohl wir im Text ausdrücklich auf diesen Umstand hinweisen. Ich jedenfalls erlebe dieses Verhalten immer wieder und frage mich dann, ob ich etwas falsch mache.

Beruhigt hat mich dann aber die Bürgermeisterin meines Wohnorts beim letzten Austausch zu den drastischen Steigerungen der Rettungswagen-Einsätze, die in den letzten zehn Jahren um 2.000 Prozent zugenommen haben. Ihre lapidare Antwort darauf war: „Ja, das musste ich erst verifizieren, weil ich es nicht glauben konnte. Ein erfahrener Sanitäter erklärte das mit ‚mangelnder Selbsthilfefähigkeit‘ der sogenannten Patienten, die schon bei einem eingewachsenen Zehennagel den RTW rufen, oder wenn nach einem üppigen Essen etwas Unwohlsein aufkommt.“

Bei der Recherche zu diesem Thema bin ich auf eine Initiative gestoßen, die in Deutschland für „einfache Texte“ eintritt mit der Begründung, dass viele Menschen die normalen Texte in Zeitungen oder anderen Veröffentlichungen nicht mehr verstehen würden.

So weit sind wir also schon gekommen – im ehemaligen Land der Dichter und Denker. Diese mangelnde Selbstlesefähigkeit betrifft uns Verwaltungen ganz besonders, da wir komplizierte Inhalte und gesetzliche Vorgaben vermitteln müssen. Vielleicht sollten wir unseren Beruf um eine „Dolmetscherausbildung“ ergänzen. Was meinen Sie?

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Michael Friedrich

Michael Friedrich
Hausverwalter, Autor, Der Verwalter-Berater
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Artikel Brauchen wir einen Dolmetscher?
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