Schöner wohnen mit Kraftwerken im Quartier

Moderne Quartiere leben nicht nur vom ansprechenden Äußeren – auch die Energieerzeugung im Keller leistet einen Beitrag. So fördern Blockheizkraftwerke
die Energiewende, wie energetische Modernisierungen in Berlin zeigen.

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Berliner Energieagentur Chef Michale Geißler (re) mit Regierendem Bürgermeister Michael Müller - Berlin will Solaranlagen voranbringen
Berliner Energieagentur Chef Michale Geißler (re) mit Regierendem Bürgermeister Michael Müller - Berlin will Solaranlagen voranbringen

Wohnungsgesellschaften kooperieren mit Energielieferanten, um Quartiere moderner mit Energie zu versorgen. Erstes Beispiel: In Berlin-Reinickendorf liefert der Energieproduzent Vat­tenfall für 1.700 Haushalte umweltfreundliche Wärme aus der Kraft-Wärme-Kopplung eines Blockheizkraftwerkes. Die Wohnungsbaugesellschaft Gewobag hat hier ihr größtes BHKW-Projekt mit Quartierstrom verwirklicht. Der Strom ermöglicht den Mietern Kosteneinsparungen gegenüber anderen Stromtarifen. Zum Versorgungsbereich gehören neben den Wohnungen auch mehrere Gewerbebetriebe und zwei Kindertagesstät­ten. Pro Jahr sparen die Bewohner mit der modernen Heiztechnik rund 600 Tonnen Kohlendioxid ein. Dieser Beitrag zum Klima­schutz gehört heute, neben zahlreichen Unterstützungen im Wohngebiet für ältere oder sozial schwächere Bewohner, zum Quartiersmanagement der Wohnungsbaugesellschaft.

Die warmen Betriebskosten lassen sich mit der modernen Technik auch bei steigenden Energiepreisen möglichst stabil halten. Im Vergleich zur vorherigen Versorgung wurden sie sogar gesenkt. Damit profitieren die Mieter von dieser umweltfreundlichen Wärmelieferung. Das BHKW und zwei neue Heizkessel lösen sechs alte Gaskessel ab. Die Versorgung mit Quartiersstrom stand in der Siedlung parallel zur energetischen Mo­dernisierung auf dem Plan. Hierzu arbeite­ten die Energieversorger mit der Wohnungs­baugesellschaft Sanierungsfahrpläne aus. Der zuvor mit den Mietern erarbeitete Sanierungsfahrplan legte die einzelnen Sanie­rungsschritte fest. Dazu gehörten neben der Modernisierung von Heizanlagen Maßnahmen für die energieeffizientere Gebäudehülle. Der Ablauf wurde mit den Mietern diskutiert. Gleichzeitig konnte ihnen die Wohnungsgesellschaft zusammen mit dem Versorger aufzeigen, welche Einsparungen die Maßnahmen bringen, die dann auch zu konkreten Kostenvorteilen führen.

Ebenso wichtig ist es für die Mieter aber, in einer Siedlung zu wohnen, die energiesparend bewirtschaftet werden kann. Dieser Vorteil ist mehr als nur ein Imagegewinn.

Als Energiepartner und Gasnetzbetreiber besitzt die Gasag eine eng mit der Region Berlin und Brandenburg verbundene Historie. Jetzt wandelt sie sich zum Dienstleister für erneuerbare Energien, Stromvertrieb und Energiemanagement.

Auch in Berlin Tegel-Süd erhalten 880 Wohnungen der Gewobag nach der Be­standsmodernisierung Strom aus dem Keller.
Die alten Blockheizkraftwerke wurden durch sechs neue, größere ersetzt. In der Wohnsiedlung erhalten die Mieter ein Angebot – günstiger als zum Grundversorgertarif – für „Quartier-Strom“. Dieses Konzept, Strom aus dem eigenen Haus zu bekommen, findet bei den Mietern zunehmend Anklang.

In der Siedlung Tegel-Süd begann die Gasag Contracting 1998 mit einem BHKW, das mit 5 kW elektrisch betrieben wurde und den Strom für das Hauslicht erzeugte, wie Andreas Jarfe, Leiter ökologische Quartiersentwicklung, erläutert. 2011 wurde daraus ein „Klimakraftwerk“ mit höherer Leistung und Strom von der Gasag, und 2014 setzten weitere Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz ein. Unter anderem wurden die Schaltung und die Fahrweise der Anla­gen optimiert. Gleichzeitig konnten sie hyd­raulisch eingebunden werden, berichtete Jarfe auf den diesjährigen Berliner Energietagen. Kostensparend für beide Seiten, Vermieter und Mieter, sei, betonte Jarfe, die Kombination von Wärme- und Stromversorgung für die Bewohner des Quartiers.

Seit April 2014 bietet die Gewobag Wohnungsbau in der Siedlung Falkenhagener Feld in Berlin-Spandau sogenannten „Quartier-Strom“ an. Produzent der Energie ist die Urbana Energiedienste GmbH. Urbana tritt als Contractor auf, hat die Wärme- und Strominfrastruktur im Quartier saniert und betreibt jetzt ein Blockheizkraftwerk mit Biomethan. Rund 1.400 Wohnungen sind an das Nahwärmenetz angeschlossen und können von Urbana zusätzlich mit Strom versorgt werden. Zentrales Verkaufsargument: Mieter erhalten umweltfreundlich und dezentral erzeugten Strom aus dem eigenen Quartier zu langfristig stabilen Preisen. So ist eine jährliche Ersparnis von bis zu 100 € im Jahr möglich. Frank Martin Jarmer, Geschäftsführer der URBANA Energiedienste, stellt fest, dass Mieter dank dezentraler Energieprojekte nicht länger nur Zaungäste der Energiewende seien. Bislang hätten sie als Stromverbraucher durch die EEG-Umlage die Energiewende mitfinanzieren müssen. Durch die günstigen Preise für Strom und Wärme aus Blockheizkraftwerken profitierten Mieter nun von der Vor-Ort-Erzeugung.

Noch in diesem Jahr könnte indessen mehr Bewegung in den Markt für Mieterstromprojekte kommen. Bisher mussten Mieter die volle Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Höhe von 6,35 Cent pro Kilowattstunde bezahlen. Kürzlich beschloss die Bundesregierung Nachbesserungen am EEG-Gesetz, um Mieterstrom finanziell besser zu stellen. Umgesetzt werden soll das mit einer Verordnung, die derzeit im Wirtschaftsministerium erarbeitet wird. Berliner Politiker drücken aktuell aufs Tempo. Sie er­warten, dass die neue Verordnung zugunsten der Mieter noch in diesem Jahr kommt. Das könnte bundesweit zu einem Aufschwung für Mieterstromprojekte führen.

Sie können dieses Muster als Anlage Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) schreibt vor, dass bei der Erhebung von personenbezogenen Daten der Betroffene zu informieren ist. Unter anderem soll dem Betroffenen mitgeteilt werden, zu welchem Zweck die Daten...

Autor: Peter-Michael Fritsch

Stichworte: Erneuerbare-Energien-Gesetz, EEG, Quartierstrom, Mieterstrom, Berlin, Gewobag, Urbana, Gasag, Contracting, Grundversorgertarif, Berliner Energietage

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Redaktion (allg.)

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