So schafft man günstigen Wohnraum
Knapp 60 qm zählt ihr „Kaufhaus-Loft“, wie Brigitte Sussmann es nennt. Eine fixe räumliche Abtrennung gibt es lediglich zum Bad. Eine Schiebetür, die bei ihr immer geöffnet ist, trennt den Schlaf- vom kombinierten Wohn-/Essbereich. Die breite Fensterfront mit vorgesetztem Balkon verleiht dem Raum zusätzliche Weite. „Das genieße ich genauso wie die mehr als vier Meter Raumhöhe“, sagt sie.
Bezahlbare Lofts
Eigentlich sollte das ehemalige Warenhaus abgerissen werden. Zumal es über mehrere Jahre leer stand und sich damit zum Schandfleck des neu gestalteten Platzes mit dem schmucken Park und den sanierten Platten rings herum degradierte. Es kam anders. Das Unternehmerduo Lutz Lakomski und Arndt Ulrich aus dem Westerwald hat das Areal erworben und aus dem ungenutzten Bauklotz nicht nur schicke, sondern gleichfalls bezahlbare Mini-Lofts entstehen lassen. In Berlin, wo überdurchschnittlich viele Singles leben, seien laut Lakomski gerade kleine, bezahlbare Wohnungen mehr als rar. Diese Marktlücke habe die Ulrich & Lakomski GbR aufgegriffen, das Vorhaben gemeinsam mit dem Braunschweiger Architekturbüro Papendieck, Rade + Partner in Angriff genommen und damit auch beim Bezirksamt Lichtenberg offene Türen vorgefunden.
Entstanden sind 86 Wohnungen, die sich über drei Etagen verteilen. Alle mit breiten Balkonen über den gesamten Wohn-/Schlafbereich, mit integrierter Küchenzeile und Wannenbädern. Auf den innenliegenden, fensterlosen Flächen des Gebäudes wurden – auf gleicher Ebene – Abstellräume untergebracht. Die rauen Flure erhielten durch originelle Kunstinstallationen ihren ganz eigenen Charme. Einzelhandel und Gastronomie im Erdgeschoss sorgen für kurze Wege. Gegenüber baut das Duo gerade den REWE-Markt neu auf.
Die im Durchschnitt 55 qm großen Lofts waren rasch komplett vermietet. Ein weiterer Plattenbaugigant, den Lutz Lakomski in Angriff nimmt, steht in der Frankfurter Allee. In den 145 m langen Elf-Geschosser, der sich stadtauswärts vor der Lichtenberger Brücke erstreckt, sollen im Herbst 2012 die ersten Singles einziehen. Auch dieses, lange Zeit leerstehende ehemalige Verwaltungsgebäude der Deutschen Bahn war eigentlich dem Abriss geweiht. „Auf dem Areal sollten Fachmärkte angesiedelt werden“, sagt Lakomski. Gemeinsam mit dem Bezirksamt Lichtenberg habe man sich aber darauf verständigt, hier kleine und bezahlbare Wohnungen zu schaffen.
In zwei Bauabschnitten entstehen bis Mitte 2013 insgesamt 440 Einraumwohnungen mit Wohnflächen von je 22 bzw. 32 qm. Die Mieten liegen zwischen 300 und 350 Euro. Mit diesem Angebot wollen Bauherr und Bezirk vor allem den Nerv von Studierenden treffen. „Rund 130.000 Studenten laufen über den Berliner Wohnungsmarkt“, sagt Lakomski. Im Umkreis von nur 15 Gehminuten zum neuen „Quartier 216“ gebe es ca. 50.000 Studierende. Die ersten Mietgesuche seien schon in der Ausbauphase eingegangen. Neben den günstigen Mieten sei auch die gute Anbindung an S- und U-Bahn sowie Buslinien attraktiv.
Neubau wäre in Berlin zu teuer
„Teuer bauen kann jeder und nach oben gibt es bekanntlich keine Grenzen“, sagt Lakomski. Sein Ansatz, bezahlbare Wohnungen zu schaffen, sei aber nicht zu verwechseln mit billigem Bauen. „Wir achten auf ein vernünftiges Preis-Leistungsverhältnis. Deswegen bauen wir auch nicht neu. Um bezahlbare Mieten zu erzielen, sind die hauptstädtischen Grundstücks- und Baukosten einfach zu hoch“, fügt er noch hinzu.
Auch der Baukörper des neuen „Quartiers 216“ wurde zunächst komplett entkernt und anschließend nach neuestem Standard aufgebaut. Unter anderem mit vierfach verglasten Fenstern zur Frankfurter Allee und Dreifachverglasungen in die andere Richtung, mit Wärmeschutzelementen und hochwertigen Fußböden. Die Wohnungen werden inklusive Küchenzeile, Duschbad, WLAN und Kabel-TV-Anschluss angeboten.
Diese Philosophie des Projektentwicklers zieht sich als roter Faden auch durch künftige desolate hauptstädtische Plattenbauprojekte. 2013 will das Unternehmerduo aus Dernbach, wieder in enger Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt, zwei Plattenbauten in der Konrad-Wolf-Straße modernisieren und zu kleinen, bezahlbaren Wohnungen umbauen. „Nach dem gleichen Konzept wie in der Frankfurter Allee“, versichert Lakomski. Der Bedarf dafür sei definitiv vorhanden. Und wenn es danach geht, dann ist für die beiden Projektentwickler und ihr Team in der Hauptstadt auch danach noch lange nicht Schluss.
Autorin: Kathleen Köhler
Redaktion (allg.)

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