Sollte der Mittelstand stiften gehen?

Zusätzliche Anreize, insbesondere für Mittelständler, eine Stiftung ins Leben zu rufen, bietet das seit Oktober 2007 in Kraft getretene „Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“.

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Das Gesetz

Dieses Gesetz ermöglicht dem Bürger mit Errichtung der eigenen gemeinnützigen Stiftung hohe Steuerentlastungen. So kann ein Stifter über die Ausstattung seiner gemeinnützigen Stiftung z.B. mit Vermögenswerten in Höhe von 500.000 Euro  Steuerrückflüsse von 237.000 Euro erwarten. In diesem Zusammenhang fallen bei der Übertragung von Vermögenswerten in die Stiftung weder Schenkungs- noch Erbschaftsteuer an. Bei der Übertragung von Immobilienvermögen auf den Träger der gemeinnützigen Stiftung wird grundsätzlich keine Grunderwerbsteuer erhoben (vgl. § 3 Nr. 2 S. 1GrEstG).

Die Treuhandstiftung ist die älteste  Stiftungsrechtsform der Stiftung in Deutschland. Gemeinnützige Treuhandstiftungen lassen sich weit bis ins 9. Jahrhundert n. Chr. zurückverfolgen. Anders als bei der rechtsfähigen Stiftung untersteht die Treuhandstiftung nicht der staatlichen Stiftungsaufsichtsbehörde.

Die Gesetze zur rechtsfähigen Stiftung sind weder direkt noch analog auf treuhänderische Stiftungen anzuwenden. Hier stehen  individuelle Vertragsgestaltungen und weniger bürokratische Verfahrensweisen im Vordergrund, die in vielen Fällen den persönlichen Motiven von unternehmerisch handelnden Menschen  am besten entgegenkommen: Das Stiftungsgeschäft unter Lebenden wird entweder als Schenkung unter Auflage, als Auftragsverhältnis oder als Dienstvertrag betrachtet. Der Stifterwille ist maßgeblich für die Vertragsbeziehung zwischen Stifter und Treuhänder.

Der Stifter bestimmt eigenständig interne Aufsichts-/Kontrollgremien und den gemeinnützigen Zweck. Er kann diesen ohne direkte staatliche Reglementierung in die Tat umsetzen. Auch Änderungen in der Zielsetzung der Stiftung sind grundsätzlich nach Rücksprache mit der zuständigen Finanzbehörde möglich.

Die Vorteile

Neben steuerlichen Vorteilen hat die Stiftung nicht nur effektive Lösungen für unterschiedliche Unternehmensnachfolgesituationen, sondern sorgt auch im Bedarfsfall für eine angemessene Versorgung des Stifters und seiner Angehörigen. Positive Effekte können für das Kerngeschäft des Mittelständlers entstehen, wenn die Stiftung in die PR-Marketingstrategie des Unternehmens einbezogen wird.

Durch das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerlichen Engagements haben sich die Rahmenbedingungen für Stifter seit 2007 deutlich verbessert.

Bislang konnten gemeinnützige Stiftungen alle 10 Jahre mit einem Betrag von Euro 307.000 ausgestaltet werden. Diese Zuwendung musste zudem bis zum Ende des Jahres, welches auf die Gründung der Stiftung folgte, geschehen.

Für Ehepaare wurde dieser Betrag durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtshofes (BFH) verdoppelt. Sie konnten damit bisher insgesamt Euro 614.000 stiften, und diesen Betrag über einen Zeitraum von bis zu 10 Jahren verteilt als Sonderausgaben steuerlich geltend machen.

Ab 2007 kann jetzt ein Betrag von bis zu Euro 1.000.000 gemeinnützigen Stiftungen zugewendet werden. Unverändert können Ehepaare diesen Betrag doppelt, also damit insgesamt Euro 2.000.000 als Sonderausgaben steuerlich in Ansatz bringen.

Die ansetzbaren Beträge haben sich damit durch die Gesetzesänderung mehr als verdreifacht.

Weiterhin gilt ab 2007 einheitlich die Möglichkeit, bis zu 20 % des Gesamtbetrages der Einkünfte steuermindernd zu spenden (vgl. § 10b Abs. 1 EStG).

Weggefallen ist außerdem die zeitliche Begrenzung einer Stiftung nur bis zum Ende des Jahres, das auf deren Begründung folgt, dotieren zu dürfen. Kumuliert mit den neuen Höchstbeträgen erlaubt dies einem Stifter, nunmehr sehr viel zielgerichteter und betragsgenauer zu stiften.

Stifter, die in der Vergangenheit die alten Höchstgrenzen ausgeschöpft haben, können jetzt die Differenz auf die neuen Höchstbeträge zustiften, ohne erneut die Zehnjahresfrist abwarten zu müssen. Sie können diese Dotation zudem ihrer bereits errichteten Stiftung zuführen, auch wenn diese länger als ein Jahr besteht.

Betriebsaufspaltungen

Klassischerweise entstehen Probleme bei Unternehmensnachfolgen häufig, wenn etwa ein Betrieb aus einer Besitzpersonengesellschaft und einer Betriebskapitalgesellschaft besteht. Soll der Betrieb verkauft werden, weil in der Familie kein geeigneter Nachfolger vorhanden ist, hat der Erwerber des Unternehmens regelmäßig kein Interesse und meist auch nicht das erforderliche Kapital, um auch die Besitzgesellschaft zu erwerben.

Der Veräußerer wiederum möchte meist die rentenähnlichen Einkünfte aus der Besitzgesellschaft weiter vereinnahmen.

Ein isolierter Verkauf der Betriebsgesellschaft beendet die zwischen den beiden Gesellschaften bestehende, so genannte steuerliche Betriebsaufspaltung. Unerwünschte Folge hierbei ist, dass zwischenzeitliche Wertzuwächse bei der Besitzgesellschaft - häufig das Betriebsgrundstück - zu versteuern sind, ohne dass entsprechende Liquidität beim verkaufenden Unternehmer landet.

In diesen Situationen kann die Einbringung des Betriebsvermögens in eine gemeinnützige Stiftung eine sinnvolle Gestaltungsalternative sein. Der Besteuerungseffekt aus der Entnahme des Betriebsvermögens wird neutralisiert durch einen entsprechenden Sonderausgabenabzug aus der Einbringung des Betriebsvermögens in die gemeinnützige Stiftung.

Diese Gestaltung war grundsätzlich bereits in der Vergangenheit möglich. Durch die neuen Höchstbeträge ergeben sich aber ganz andere Möglichkeiten, mit denen auch teilweise beachtliche Wertsteigerungen von Betriebsvermögen neutralisiert werden können.

Steuerfalle „Pensionzusage“

Auch für eine andere, bei Unternehmensübertragungen häufig anzutreffende Konstellation können die neuen Höchstbeträge nützliche Dienste erweisen.

Regelmäßig bestehen für Gesellschafter-Geschäftsführer von GmbH Pensionszusagen. Ein Unternehmenserwerber hat meist kein Interesse daran, diese Zusage zu übernehmen, mit der er auch die damit verbundenen Unwägbarkeiten hinsichtlich der Lebenserwartung des Verkäufers tragen müsste.

Häuser können in einzelne Eigentumswohnungen aufgeteilt sein (Wohnungseigentumsgemeinschaft) oder im Ganzen einer Person oder einer Gesellschaft gehören. Dieses Muster enthält einen vollständigen Mietvertrag für eine Wohnung, die keine Eigentumswohnung ist und...

Abgeschlossene Rückdeckungsversicherungen für die Pensionszusage decken sehr selten den tatsächlichen Geldbedarf zur Finanzierung der Pensionszusage ab.

Verzichtet der Gesellschafter-Geschäftsführer in dieser Situation im Vorfeld des Verkaufes auf die erteilte Pensionszusage, wird die Finanzverwaltung bei ihm durchwegs einen fiktiven Zufluss in Höhe des gesamten Barwertes der Pensionszusage annehmen. Er muss diesen meist recht hohen Betrag privat versteuern, ohne dass er einen entsprechenden Zufluss hat.

Diese Besteuerungsfolge lässt sich gegebenenfalls durch die mit der Stiftungsgründung entstehenden Sonderausgaben vermeiden.

Versorgung

Von den Erträgen der gemeinnützigen Stiftung können bis zu einem Drittel an den Stifter und seine nächsten Angehörigen für deren angemessenen Unterhalt verwendet werden (Vgl. § 58 Nr. 5 AO) ohne den Gemeinnützigkeitsstatus der Stiftung zu gefährden.

Der Stifter hat auch die Möglichkeit, im Rahmen eines festen Angestelltenverhältnisses den Stiftungszweck aktiv zu verfolgen.

Darüber hinaus können bis zu einem Drittel der Erträge von der gemeinnützigen Stiftung thesauriert und angespart werden. Aus dieser allmählichen Erhöhung der Stiftungssubstanz ergibt sich langfristig eine Ertragssteigerung der Stiftung, an der der Stifter wiederum bis zu einem Drittel gemeinnützigkeitsunschädlich partizipieren kann.

Zwar ist die Vermögenssubstanz der Stiftung nicht mehr in der Hand des Stifters, aber namhafte Teile der Erträge des gestifteten Vermögens können weiterhin dem Stifter und seinen Angehörigen zu kommen. Der Münchner Rechtsanwalt Dr. Johannes Fiala empfiehlt,  Anlagerichtlinien zu erarbeiten, die auch im Zusammenhang mit Unternehmensnachfolge oder Vorsorge optimiert sind. Über die gemeinnützige Stiftung lässt sich insoweit z.B. ein Baustein einer von Insolvenz geschützten Altersversorgung darstellen.

Der Einkommensteuersatz beträgt seit 2006 für Einkommen ab Euro 250.000 45% zuzüglich 5,5% Solidaritätszuschlag hierauf (Reichensteuer).

Die maximale Einkommensteuerersparnis aus einer Stiftungsdotation von Euro 1.000.000 beträgt damit Euro 474.800 (ohne Berücksichtigung von Kirchensteuer). Für Ehepaare verdoppelt sich dieser Betrag entsprechend.

Damit erfolgt bereits aus Steuerersparnissen ein Rückfluss von knapp der Hälfte des gestifteten Betrags an die Stifter. Kombiniert man dies mit der Möglichkeit des § 58 Nr. 5 AO und dem Abschluss entsprechender schuldrechtlicher Verträge ergibt sich die Möglichkeit Gutes zu tun, eigene Steuer- und eventuelle Unternehmensnachfolgeprobleme zu lösen, und gleichzeitig weiterhin nennenswerte Einnahmen aus dem Stiftungsvermögen zu erzielen.

Redaktion (allg.)

Pixabay/ Mohamed_hassan

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