Die Arbeit der Stiftung Berliner Leben (Gewobag AG)

Boxsport nur mit guten Schulnoten

Der Sozialstaat gibt Milliarden. Dennoch nehmen die Fliehkräfte in der Gesellschaft zu. Wir produzieren zu viele Bildungsverlierer – auch in Großwohnsiedlungen. Bestandshalter tragen daher Verantwortung für den Bildungsweg junger Menschen, so der Standpunkt von Dr. Hans-Michael Brey und Dr. Anne Schmedding, Vorstände der Stiftung Berliner Leben.

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Ausgepumpt aber zufrieden nach dem Boxtraining im Isigym-Lionsclub: Gute Schulnoten sind Voraussetzung für die Teilnahme am Training, die Noten werden regelmäßig von den Trainern überprüft Bild: Aurelio Schrey
Ausgepumpt aber zufrieden nach dem Boxtraining im Isigym-Lionsclub: Gute Schulnoten sind Voraussetzung für die Teilnahme am Training, die Noten werden regelmäßig von den Trainern überprüft Bild: Aurelio Schrey

Mit Datum vom 17. Juni 2024 wurde der Nationale Bildungsbericht der Öffentlichkeit vorgelegt. Dieser analysiert den Zustand des deutschen Bildungssystems, um Empfehlungen für die deutsche Bildungspolitik zu erarbeiten. Die Zahlen verdeutlichen die Herausforderungen, vor denen unser Bildungssystem steht: Trotz steigender Finanzmittel haben allein im Jahr 2022 52.300 Jugendliche die Schulen ohne einen Abschluss verlassen, das sind 6,9 Prozent des Jahrganges – und die Zahl steigt kontinuierlich an. Bei der Analyse der Zahlen fällt auf, dass soziale Herkunft und Bildungserfolg Hand in Hand gehen. Nach wie vor hängt dieser in Deutschland von der sozialen Herkunft ab. 32 Prozent der Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien erhalten eine Gymnasialempfehlung, aus privilegierten Elternhäusern sind es 78 Prozent. Ein Drittel der Kinder in Deutschland sind von einer der folgenden drei Risikolagen betroffen: Armut, Bildungsferne, alleinerziehende Eltern. Bei Kindern mit Migrationshintergrund sind es 60 Prozent. Vor allem Kitas und Schulen in migrantischen Quartieren sind gefordert, mit diesen gestiegenen Zahlen umzugehen.

Aus unternehmerischem Handeln erwächst soziale Verantwortung

Die Zahlen belegen die Notwendigkeit des Engagements privatwirtschaftlicher Akteure, um den Bildungsweg jedes Einzelnen zum Erfolg zu führen. Bildung findet nicht nur in der Schule, sondern auch in der Familie, auf der Straße und im Quartier statt. Wohnungsunternehmen – und angeschlossene Organisationen – können in den Quartieren durch ihre besondere Rolle als Bestandshalter, in der Kommunikation mit den Mietern sowie Schulen und Vereinen vor Ort einen Beitrag zum individuellen Bildungserfolg leisten.In dem Wissen um diese Entwicklung und die Erweiterung des klassischen Bildungsbegriffes hat sich die Gewobag AG entschieden, die Stiftung Berliner Leben im Jahre 2013 mit dem Ziel zu gründen, sich der „sozialen Quartiersentwicklung“ zu verschreiben. Hierbei wird die Auffassung vertreten, dass sich in Übereinstimmung mit der sozialen Marktwirtschaft aus der unternehmerischen eine soziale Verantwortung ergibt, die die Unternehmen gemeinsam mit dem Staat vor Ort zu schultern haben. Ziel ist die sinnvolle Allokation von vorhandenen Mitteln. In diese Überlegung einbezogen ist die Überzeugung, dass den Jugendlichen das Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe angeboten wird, um ihnen ein Leben nach eigenen Vorstellungen in der Gesellschaft zu ermöglichen.

Jeder vierte Berliner wohnt in einer der 51 Großwohnsiedlungen der Stadt. Knapp 44 Prozent der Kinder leben hier in Armut, die Quote ist doppelt so hoch wie im Rest der Stadt."

Quartiere stärken durch Kunst, Kultur und Sport

Mit der Stiftung wird die Möglichkeit geschaffen, durch die Förderung von Kunst und Kultur, Jugend- und Altenhilfe sowie den Sport (§ 2 der Stiftungssatzung vom 11. Dezember 2019) die Quartiere zu stärken.

Ziel ist es, Kinder und Jugendliche in ihrem persönlichen und beruflichen Werdegang zu unterstützen und ihnen Werte im Sinne der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu vermitteln.

Mit ihren Projekten fördert die Berliner Leben stabile Nachbarschaften, den sozialen Ausgleich und die Integration unterschiedlicher Bevölkerungs- und Altersgruppen. Im Mittelpunkt aller Projekte steht ein mittel- bis langfristiger Nutzen für die Menschen in den Quartieren der Stadt Berlin.

Die Stiftung will dazu beitragen, dass sich mehr Bewohner für das Gemeinwesen einsetzen und bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Sie entwickelt ihre Programme und Projekte in enger langfristiger Kooperation mit starken und lokalen Partnern.

Hierbei folgen die Gewobag und die Stiftung Berliner Leben der Überzeugung, dass Brücken zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen errichtet werden können und dass Bildung und Teilhabe ein Schlüssel für eine lebendige Demokratie sind.

Ausgangssituation und Wirkungsbereich der Stiftung Berliner Leben

Die Gewobag AG verwaltet, als eine von sieben kommunalen Wohnungsunternehmen in Berlin, etwa 75.000 Wohnungen und beschäftigt rund 700 Mitarbeiter. Viele der Wohnungen sind in 22 Schwerpunktquartieren gebündelt, meist Großwohnsiedlungen der 1960er- und 1970er-Jahre in Stadtrandlage oder innerstädtische Quartiere mit ähnlichen städtebaulichen Voraussetzungen.

Vor allem die Großwohnsiedlungen haben in Berlin mit vielfältigen Herausforderungen zu kämpfen: Eine Millionen Menschen, also jeder vierte Berliner, wohnt in einer der 51 Großwohnsiedlungen der Stadt. Knapp 44 Prozent der Kinder leben hier in Armut, die Quote ist doppelt so hoch wie im Rest der Stadt. Gleichzeitig sind diese Siedlungen die wichtigsten Ankunftsorte für Migranten, so Bernd Hunger und Ralf Protz vom Kompetenzzentrum Großwohnsiedlungen. Dort entscheidet sich die Integration.

Die Berliner Leben ist derzeit vor allem in den Quartieren Schöneberg Nord und der Heerstraße Nord in Staaken aktiv; das sind zwei von 22 Quartieren mit größeren Wohnungsbeständen der Gewobag.

In Schöneberg Nord besitzt die Gewobag etwa 3.600 Wohneinheiten. Die Leerstandsquote liegt bei 1,9 Prozent.

Rund um die Bülowstraße und den Winterfeldtplatz bis zur Grunewaldstraße leben etwa 50.000 Menschen. Hiervon sind mehr als 15 Prozent Kinder und Jugendliche (bis 19 Jahre) sowie 20 Prozent Senioren. Das Quartier ist dicht bebaut, der Anteil an Grünflächen, Spiel- und Sportplätzen ist im Berliner Vergleich unterdurchschnittlich. Die Berliner Leben engagiert sich seit 2017 im Quartier.

In Staaken liegt das Quartier Heerstraße Nord, in dem die Berliner Leben seit dem Jahr 2023 aktiv ist. Das Gebiet wird durch fünf 22-geschossige Punkthochhäuser und durch mehrgeschossige Gebäuderiegel aus den 1960er- bis 1980er-Jahre geprägt. Mehr als 27.000 Menschen leben hier, davon 26 Prozent Kinder und Jugendliche (bis 19 Jahre) und 22 Prozent Senioren. Die Gewobag besitzt rund 5.500 Wohneinheiten mit einer Leerstandsquote von 1,6 Prozent. Im Gesundheits- und Sozialindex 2022 der Stadt Berlin rangiert die Heerstraße Nord auf Rang 125 von 138 Bezirksregionen.

Beide Quartiere werden durch einen hohen Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund, hohe Arbeitslosigkeit und hohe Kriminalität geprägt. Dieser Dreiklang war neben weiteren Aspekten der Grund, einen hohen Interventionsbedarf zu konstatieren. Entsprechend hat die Berliner Leben ihr Wirken auf diese Quartiere konzentriert. Die Gewobag sorgt dafür, dass die Stiftung langfristig und auskömmlich finanziert ist.

Arbeitsweise der Stiftung Berliner Leben

Die Projekte der Stiftung konzentrieren sich auf drei Themenfelder: Bildung, Integration und Kultur. Die Umsetzung erfolgt in Form von fünf Säulen. In Schöneberg ist die Stiftung mit ihrem eigenen Museum „URBAN NATION“, mit Ausstellungen, Workshops, Veranstaltungen sowie der Martha Cooper Library präsent. Ihre Wandgestaltungen sind in der ganzen Stadt sichtbar. Das Stipendienprogramm Fresh A.I.R. bietet Künstlerinnen und Künstlern aus Europa die Möglichkeit, sich mit der Stadt Berlin und seinen Bewohnern künstlerisch zu beschäftigen.

Im Rahmen des HipHopHubs erhalten junge Menschen einen kostenfreien Zugang zur Hip-Hop-Kultur und eine Plattform, auf der sie sich sportlich, kreativ und gestaltend ausleben. Die Stiftung arbeitet zudem im Rahmen von Förderungen mit der Komischen Oper Berlin zusammen, um innovative Projekte der kulturellen Bildung durchzuführen. Und sie unterstützt Orte der Integration im Quartier, wie beispielsweise den Verein Isigym Boxsport in Schöneberg.

Gebündelt werden die Projekte im Rahmen des Programms Stadtraum!Plus. Unterstützt wird das Vorgehen durch einen Mikrofonds, den die Berliner Leben eingerichtet hat, um unbürokratische und bedarfsorientierte Hilfe zu ermöglichen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, durch einen integrativen sowie thematisch breit gefächerten und kooperativen Ansatz Kinder, Jugendliche und Senioren gleichermaßen zu erreichen. Drei Zwecke unterstützt das Programm Stadtraum!Plus: einen positiven Beitrag zum individuellen Werdegang von Kindern und Jugendlichen zu leisten, gesellschaftliche Teilhabe für Senioren zu ermöglichen und eine stärkere Verbindung von Menschen im Quartier mit dem Ziel zu etablieren, das demokratische Gemeinwesen durch persönliche Teilhabe und Verantwortung zu stärken.

Nachfolgende Beispiele mögen den Erfolg belegen:

Das URBAN NATION Museum widmet sich der Streetart und Urban Art. Diese Kunstformen sind ein guter Türöffner für Kinder und Jugendliche, um in die Welt der Kultur und der gesellschaftlichen Debatten einzutreten. Das Museum besuchten im Jahr 2023 etwa 120.000 Gäste bei kostenfreiem Eintritt. Ferner kamen jedes Jahr über 5.000 Schüler und Schülerinnen ins Museum, um an Führungen und Workshops teilzunehmen. Seit 2013 bis Ende 2024 werden 78 ONE WALLS und über 45 Community Walls realisiert worden sein. Die Community Walls entstehen mehrheitlich mit der Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und Senioren.

Die Fresh A.I.R.-Stipendien bieten europäischen Kunst- und Kulturschaffenden für ein Jahr die Gelegenheit, städtische Lebenswelten in Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung zu reflektieren. In den ersten vier Jahren des Programms waren 99 Künstler aus 24 Ländern in Berlin zu Gast. Über 450 Menschen nahmen aus den Quartieren an den künstlerischen Workshops und Aktionen teil.

Das Projekt „Wir sind aktiv. Boxen & mehr“ findet in Kooperation mit dem Verein Isigym Boxsport statt. Der Verein hat rund 300 Mitglieder und ist mit einer Fläche von 1.400 Quadratmetern einer der größten Boxvereine Berlins. Er ist erfolgreich im internationalen Boxsport und dient als Olympiastützpunkt. Durch das Engagement der Trainer, die Größe und das Renommee des Vereins hat der Boxclub eine stabilisierende Wirkung auf das soziale Miteinander im Kiez.

Gute Schulnoten sind Voraussetzung für die Teilnahme am Training. Die Noten werden regelmäßig von den Trainern überprüft. Verschlechtern sich die Noten, kann der Jugendliche vom Training ausgeschlossen werden. So wird gleichzeitig die schulische Leistung der Boxsportler gefördert. Inzwischen hat Isigym Boxsport Berlin seit seiner Gründung 75 deutsche Meister hervorgebracht, und ebenso viele erfolgreiche Schul- und Ausbildungsabschlüsse in anderen Bereichen ermöglicht.

Bei dem Projekt „Abenteuer Oper!“ kooperieren die Komische Oper, drei Berliner Grundschulen und drei Senioreneinrichtungen mit der Berliner Leben. Seit dem Jahre 2009 konnten insgesamt 2.241 Grundschüler aus Kreuzberg, Schöneberg und Spandau an dem Projekt teilnehmen. Innerhalb von einer Woche erarbeiten Schülerinnen und Schüler eine eigene Opern-Aufführung und schauen sich zum Abschluss eine Vorführung in der Komischen Oper an.

Der HipHopHub startete im Jahr 2023. Bereits im ersten Jahr konnten 314 Schüler an drei Grundschulen in der Heerstraße Nord regelmäßig unterrichtet werden. Im Jahr 2024 gibt es fünf feste Kooperationspartner, mit denen weitere Angebote realisiert werden. Es nahmen bereits über 240 Kinder an den Kursen teil.

Insgesamt konnten seit September 2021 im Rahmen von Stadtraum!Plus93 Aktionen mit über 1.850 Beteiligten umgesetzt werden. Allein in der Heerstraße Nord werden bis Ende 2024 fast 50 Aktionen mit über 1.000 Teilnehmern und Teilnehmerinnen umgesetzt sein.

Das Programm Stadtraum!Plus dient als Klammer, um die oben genannten Aktivitäten in Schöneberg, Spandau – und vereinzelt auch in anderen Quartieren – zu bündeln. So wird sichergestellt, dass die Angebote der Stiftung mit Kooperationspartnern vor Ort die intendierten Zielgruppen in den Quartieren erreichen. Diese Direktansprache von Menschen im Quartier schlägt sich in der Besucherstatistik der Veranstaltungen nieder, die die Stiftung mit der Gewobag gemeinsam durchführt, um mit Hilfe von Kunst, Kultur und Sport aktuelle gesellschaftliche Themen zu adressieren. So kamen zum Bülow Street Weekend im Jahr 2021 – dem Auftakt für Stadtraum!Plus in Schöneberg-Nord – an einem Wochenende etwa 5.000 Besucher und Besucherinnen. Auf dem Auftaktfest in der Heerstraße Nord im Jahre 2023 waren an einem Nachmittag weit über 1.000 Kinder und Jugendliche vor Ort, um an Theateraufführungen, Konzerten und Sportveranstaltungen teilzunehmen. Verbunden wurden diese Veranstaltungen im Jahr 2022 durch den Ausstellungswechsel im URBAN NATION Museum zum Thema „Die Tücken der Kommunikation im digitalen Zeitalter“ und dem Kunstfestival UNArtig mit weit über 10.000 Besuchern an einem Wochenende.

Im Ergebnis helfen diese Aktivitäten, das eigene Quartier positiver wahrzunehmen und notwendige Verbindungen zwischen den Menschen zu schaffen. Trotz dieser scheinbaren ersten Erfolge muss die Wirkung mittel- und langfristig differenzierter betrachtet werden. Wie der Gleichstellungsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2024 für die Bundesebene zeigt, können tatsächliche Zahlen und subjektive Wahrnehmung auseinanderklaffen.

Auch diese Ebene gilt es bei der Evaluation zu berücksichtigen. In einem weiteren Schritt wird sich die Berliner Leben auf den eingangs beschriebenen erweiterten Bildungsbegriff konzentrieren, um den Versuch zu unternehmen, die Zahl der Schulabbrecher im Quartier langfristig zu minimieren.

Wohnungsunternehmen als Bildungsakteure

Im Jahr 2023 veröffentlichte der vhw Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e. V. eine Studie mit dem Titel „Wohnungsunternehmen als Bildungsakteure“, in der eines der Referenzprojekte die Berliner Leben mit dem Programm Stadtraum!Plus war. Dort, wo sie aktiv ist, haben Kinder mit multiplen Herausforderungen zu kämpfen. Teilweise erhalten über 90 Prozent der Kinder bei der Schuleingangsuntersuchung in den Quartieren eine Förderempfehlung. Eine erfolgreiche Bildungsbiografie basiert auf dem Zusammenspiel von formalen, non-formalen und informellen Lernsphären. Dazu bedarf es eines konsequenten Verzahnens von formalen Bildungseinrichtungen, wie den Schulen, und quartiersbezogenen Bildungsangeboten, wie dem lokalen Sportverein oder anderen Initiativen vor Ort, um den Kindern und Jugendlichen gesellschaftliche Rollenmodelle zu offerieren, die positiv besetzt sind. Auf dem Wege ist es möglich, Kinder und Jugendliche an die Gesellschaft heranzuführen, um einen Schulabschluss und eine berufliche Ausbildung zu ermöglichen. In diesem Sinne versteht sich die Berliner Leben als Bildungsakteur im Quartier, der langfristig agiert.

Übertragbare Erkenntnisse aus dem Wirkungsansatz

Das Messen der Wirkung anhand vorher definierter Ziele ist wesentlich für die stetige Verbesserung der Projekte. Die Berliner Leben hat daher im Rahmen einer Kooperation mit der Hochschule Osnabrück von Studierenden Evaluationsinstrumente erarbeiten lassen, die im Jahr 2024 für den Boxclub und ausgewählte Aktionen von Stadtraum!Plus umgesetzt und bis Ende des Jahres ausgewertet werden. Basierend auf den Ergebnissen werden die o.a. Herangehensweisen und Projekte gegebenenfalls angepasst werden müssen. Bisher lässt sich folgern, dass die Initiative der Gewobag, zwei Quartiere zum Wohle ihrer Bewohner zu verändern, Früchte trägt.

Vier Faktoren sind dabei Voraussetzung für eine positive Wirkung und übertragbar auf andere Projekte:

1. Klare Zielsetzung: Zu Beginn eigener Aktivitäten sind Ziele zu definieren, die erreicht werden sollen. Nur dann ist eine Wirkungsmessung möglich.

2. Kooperation/Partizipation: In Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Einrichtungen, also mit Akteuren vor Ort, ist ein Wirken auf individueller und Quartiersebene möglich. Hier braucht es auch keine gesonderten Förderinstrumente seitens des Staates.

3. Bedarfsorientierung: Die Breite der Stiftungsprojekte und der Mikrofonds ermöglichen ein bedarfsorientiertes Handeln, das monothematisches Handeln ausschließt. Ausgangspunkt allen Handelns müssen die Menschen und ihre Bedürfnisse sein.

4. Innovationsfähigkeit: Vieles, was in der Theorie sinnvoll scheint, kann in der Praxis scheitern. Vieles, was theoretisch unmöglich erscheint, ist in der Praxis wirkungsvoll. Nur durch die Bereitschaft zum Experiment und zur kritischen Nachjustierung werden Projekte besser.

Fazit: Grundstein legen für ein demokratisches Zusammenleben

Die Stiftungsprojekte sprechen Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren in Gewobag-Quartieren niederschwellig an. Mithilfe von Kunst und Kultur sowie Sport werden gesellschaftlich relevante Themen des Alltags, wie die gerechte Verteilung von Bildungschancen, die Funktionsfähigkeit von Demokratien, die Stabilisierung von Identitäten in Einwanderungsgesellschaften und die ungelösten Aspekte der Klimapolitik und Migrationsfragen aufgegriffen und in ihren Auswirkungen für jeden einzelnen verständlich dargestellt.

Gesellschaftliche Entwicklungen, die verstanden werden, können nicht nur akzeptiert, sondern unter konstruktiver Begleitung auch zu einer Persönlichkeitsentwicklung führen. Damit zeigt sich die Bedeutung von kultureller und integrativer Bildung für die Identitätsausbildung junger Menschen. Kulturelle Bildung bietet eine Basis, um gesellschaftspolitisch relevante Themen anschaulich darzustellen. Sie kann helfen, bestehende Verhältnisse positiv zu gestalten. Stiftungen der Immobilienwirtschaft können somit ein Vehikel sein, um diesen notwendigen Anstoß zu geben und einen Grundstein für ein demokratisches Zusammenleben zu legen – auch im Sinne der ESG-Kriterien des „Action Plan for Financing Sustainable Growth“ der EU und im Sinne unserer Auffassung, dass das Gut „Wohnen“ auch eine gesellschaftspolitischeBedeutung hat. Dies setzt voraus, dass die Projekte weiterentwickelt werden. Wichtig ist zu erwähnen, dass die Berliner Leben im Laufe der Jahre nicht nur enge Verbindungen zu den Menschen in den Quartieren, sondern auch eng mit verschiedenen sozialen Einrichtungen und der Stadtverwaltung kooperiert. Ganz im Sinne der Stiftungsphilosophie „Connect, Create, Care“ werden die Netzwerke weiter ausgebaut, um als Vorreiter bei der Verbindung von Menschen und Institutionen im jeweiligen Stadtteil zu agieren.

Kleine Stiftungs-Statistik

Der GdW zählt 35 Stiftungen unter seinen Mitgliedsunternehmen. Im Februar 2022 führte der Verband eine Umfrage durch, an der sich 15 Stiftungen beteiligten.

Zum Zeitpunkt der Umfrage summierte sich das Kapital dieser 15 Stiftungen auf 170 Millionen Euro, wobei die minimale Summe 220.000 Euro und maximale Summe 150 Millionen Euro betrug.

Das durchschnittliche Stiftungskapital lag bei 12 Millionen Euro.

Zum Zeitpunkt der Umfrage wurden insgesamt 242 aktuelle Projekte gefördert, im Durchschnitt 16 Projekte pro Stiftung.

Seit Gründung der Stiftungen waren 3.852 Projekte betreut worden von denen 451 Quartiere profitierten.

Nach den Satzungszielen befragt, gaben 93 Prozent die Kinder- und Jugendhilfe an, 73 Prozent die Altenhilfe, 60 Prozent Bildung, Erziehung und Studentenhilfe (Mehrfachnennungen).

Insgesamt waren damals in den 15 Stiftungen 21 hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigt.

Dr. Hans-Michael Brey

Dr. Hans-Michael Brey
Geschäftsführender Vorstand, Stiftung Berliner Leben

Dr. Anne Schmedding

Dr. Anne Schmedding
Beauftragte des Vorstands, Stiftung Berliner Leben
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Artikel Boxsport nur mit guten Schulnoten
Seite 14 bis 19
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