Editorial

Wahl des Bundestages wird keine Wende im Wohnungsbau bringen

Wer das Kapitel „Wohnungsbau“ in den Wahlprogrammen der Parteien für die vorgezogene Bundestagswahl im Februar liest, dürfte eher ernüchtert sein. Die Chance, dass eine neue Bundesregierung im föderalen Staat die Durchsetzungskraft für einen Bauboom entwickelt, der den Wohnungsmangel beendet, ist sehr gering.

1105
 Bild: Adobestock/ my_stock
Bild: Adobestock/ my_stock

Die Förderung des Bundes für den sozialen Wohnungsbau dürfte mindestens auf dem jetzigen Niveau bleiben. Und in den Bundesländern, die ausreichend kofinanzieren, wird der soziale Wohnungsbau bereits ganz ordentlich stimuliert. Darüber hinaus verspricht keine Partei ein „Konjunkturprogramm“ für das Bauwesen, denn alle wissen: Gegen das derzeitige Zins- und Kostenniveau kann kein Staat subventionieren.

Mehrere Parteien sprechen sich für die Senkung oder Abschaffung der Grunderwerbsteuer aus. Als Bundesregierung lässt sich das leicht fordern, denn diese Steuer ist eine wichtige Einnahmequelle der Bundesländer. Eine solche Forderung bringt den föderalen Staat an den Rand einer „Verfassungskrise“.

Politische Konjunktur hat derzeit die Stärkung des gemeinnützigen Wohnungsbaus, ja die Schaffung eines eigenen Wirtschaftssektors für gemeinnütziges Bauen. Das ist Sozialromantik und Placebo-Politik, denn wie sollten Gemeinnützige ohne massive staatliche Hilfen die Zins- und Baupreise bezahlen können?

Eine geringe Umsetzungsquote ist bei den Vorschlägen zur Baulandaktivierung zu befürchten. Durch eine verstärkte Zusammenarbeit von Ländern und Kommunen sollen Brach- und Konversionsflächen aktiviert werden; bundeseigene Grundstücke der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) sollen für den Wohnungsbau genutzt werden. Den Kommunen mangelt es an Kompetenz und Personal und die BImA liefert ein Musterbeispiel für die Misswirtschaft des Staates im Wohnungswesen. Trotz Wohnungsnot lässt die BImA 5.000 Häuser leer stehen, sieht die Verantwortung bei den Kommunen, die kein Planungsrecht schaffen würden.

Große Hoffnungen ruhen auf der Entrümpelung von Bauvorschriften und Normen. Der Gesetzentwurf für den Gebäudetyp E und die Genehmigungsfiktion werden auf der Tagesordnung des neu gewählten Parlaments bleiben. Allerdings ist hier ein langer, steiniger Weg durch unsere föderale Verfassungslandschaft zu gehen, gilt es doch, 16 Landesbauordnungen zu durchforsten. Und am Gebäudetyp E ist noch viel Feinarbeit zu leisten. Jüngst haben mehrere BGH-Richter in einem Aufsatz für die Fachzeitschrift „Baurecht“ ein vernichtendes Urteil über den Entwurf formuliert. Er sei zur „Herbeiführung seines Ziels nicht geeignet und mit dem Demokratieprinzip nicht vereinbar“.

Zeitlich befristete Sonderabschreibungen, ergänzt durch „wirkungsvolle“ degressive Abschreibungsmodelle, finden sich ebenfalls in den Wahlprogrammen. Die Bundesregierung kann vergleichsweise autonom das Steuerrecht ändern, muss weniger Rücksicht auf Länder und kommunale Interessen nehmen. Hürden werden sich bei dieser Option innerhalb der neuen Regierungskoalition über die Frage der Gegenfinanzierung aufbauen.

Breiter Raum wird der verschärften Regulierung des Mietrechts eingeräumt und damit der Verwaltung des Wohnungsmangels. Auch das ist im Grunde Placebo für die Wähler, denn bekanntlich steigen die Mieten in den wachsenden urbanen Räumen unaufhörlich.

Auch in der nächsten Legislaturperiode wird es heißen: Wohnungsmangel und teure Mieten sind die sozialen Fragen unserer Zeit.

Die Januar-Ausgabe der Fachzeitschrift IVV immobilien vermieten & verwalten ist erschienen

Auszug aus dem Inhalt:

Die Januar-Ausgabe 2025 ist da. Jetzt lesen.Wohnungswirtschaft − Retten Kleinstädte den Wohnungsmarkt?
Interview Prof. Torsten Bölting: „Die Großstädte bleiben interessant“
Lehrstück: Wie die 1893 eG Eberswalde Leerstand aktiviert
Miepreisbremse im Wahlkampf: Die Verordnung ist kein Erfolgsmodell
Bezahlbarer Wohnungsbau mit dem 3D-Drucker? Ein Erfahrungsbericht

Investitionen & Technik − Neubau in Innenhöfen gleicht akrobatischen Übungen
Verbrauchsdaten: 2025 beginnt die Einbaupflicht für Smart Meter

SPECIAL: Klimafreundliche Heizungsanlagen
Einsatzbeispiele für Wärmepumpen in Bestandsimmobilien
Installation von Wärmepumpen auf Flachdächern
Neues Dachgeschoss mit Infrarotheizung

>> Ihre Fachzeitschrift online lesen

Thomas Engelbrecht

Thomas Engelbrecht
Chefredakteur

◂ Heft-Navigation ▸

Artikel Wahl des Bundestages wird keine Wende im Wohnungsbau bringen
Seite 3
28.4.2023
Die Immobilienwirtschaft hat zehn Milliarden Euro für die Ankurbelung des Wohnungsbaus angemahnt, am 1. März hat das Bundesbauministerium einen Topf mit 750 Millionen Euro für Gebäude mit der höchsten...
2.10.2024
Leerstand
Sie gilt als wichtiges Mittel im Kampf gegen die Wohnungsknappheit: die Umnutzung leerstehender Büroimmobilien zu Wohnungen. Doch was theoretisch überzeugend klingt, ist in der Praxis von zahl-reichen...
26.10.2023
Editorial
Während wir noch darauf warten und hoffen, dass die aggressiven Zinserhöhungen der EZB einen deutlichen Rückgang der Geldentwertung einleiten, entfaltet die Verteuerung von Darlehen und Krediten...
3.6.2024
Netzwerktreffen der Klimaschützer der Wohnungswirtschaft
Beim 4. Fachkongress der Initiative Wohnen.2050 (IW.2050) in Darmstadt diskutierten Experten aus Politik, Energie- und Wohnungswirtschaft Vorschläge zur Finanzierbarkeit der Klimaneutralität im...