Beweisführung

Ein Vermieter hat seinen Mietern die jährliche Betriebskostenabrechnung nur dann rechtzeitig mitgeteilt, wenn die Abrechnung spätestens ein Jahr nach dem letzten Abrechnungszeitraum dort eingegangen ist. Der Zugang muss im Streitfall vom Vermieter bewiesen werden. Auf Versäumnisse der von ihm beauftragten Hausverwaltung kann er sich insoweit nicht berufen. Vermag der Vermieter den Beweis nicht zu führen, kann er die Nebenkosten nicht mehr geltend machen.

1167
Bild: itchaznong/stock.adobe.com
Bild: itchaznong/stock.adobe.com

Aus den Entscheidungsgründen

I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Änderungen oder Ergänzungen haben sich in der Berufungsinstanz nicht ergeben.

II.
Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet.
Unabhängig von der Frage, ob ein mietvertraglicher Anspruch auf Bezahlung der Betriebskosten für die Zeit vom 1.7.2003 bis zum 30.6.2004 bestand, wurde dieser möglicherweise bestehende Anspruch bis auf einem Restbetrag von 197,29 Euro durch die von der Beklagten geleisteten Vorauszahlungen erfüllt. Dieser von den Klägern eingeklagte Rechtsbetrag kann auf Grund der Regelung des § 556 Abs. 3 S. 2, 3 BGB nicht mehr geltend gemacht werden, da die Abrechnung der Beklagten erst nach über einem Jahr nach Ende des Abrechnungszeitraumes zugegangen ist.
Entgegen der Ansicht der Kläger greift dieser Ausschlusstatbestand, da sie die verspätete Geltendmachung der Nachforderung nach § 556 Abs. 3 S. 3, 2 HS BGB zu vertreten haben. Zwar liegt ein eigenes Verschulden der Kläger im Sinne des § 276 BGB nicht vor. Sie müssen sich jedoch das Verschulden der von ihnen beauftragten Mitarbeiter der Hausverwaltung nach § 278 BGB zurechnen lassen. Diese mögen die Abrechnung rechtzeitig am 27.6.2005 an die Beklagte versandt haben, so dass die Nebenkostenabrechnung der Beklagten bei ordnungsgemäßer Zustellung rechtzeitig zugegangen wäre. Die rechtzeitige Absendung ist jedoch entgegen der Ansicht der Kläger, die sich auf ein Urteil des Amtsgerichts Leipzig in einem ähnlich gelagerten Rechtsstreit stützen, nicht ausreichend, um ein Vertretenmüssen der Kläger zu verneinen, da der Zugang von der Beklagten bestritten wird.
Nach Ansicht des AG Leipzig hat der Vermieter in einem solchen Fall alles seinerseits Erforderliche veranlasst, so dass er den fehlenden Zugang nicht6 zu vertreten hat. Der Vermieter könne vielmehr damit rechnen, dass ein nicht zustellbarer Brief an ihn zurückgehe, so dass er nicht verpflichtet sei, die Sendung per Einschreiben oder Boten auf den Weg zu bringen (Ag Leipzig ZMR 2006,.47).
Das überzeugt die Kammer nicht. Nach § 556 Abs. 3 S. 2 BGB ist die Abrechnung dem Mieter mitzuteilen. Es kommt daher allein auf den Zugang der Abrechnung beim Mieter an. Hierfür trifft den Vermieter die Darlegungs- und Beweislast. Dies bedeutet keine unverhältnismäßig Belastung des Vermieters, da er nicht sämtliche Nebenkostenabrechnungen sicherheitshalber per Boten oder Einschreiben übersenden muss. Vielmehr ist dies nur in den Fällen erforderlich, in denen der Fristablauf droht (vgl. Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 9. Auflage, § 556 Rdnr. 537).
Demgegenüber bedeutet die auf das Urteil des AG Leipzig gestützte Rechtsauffassung der Kläger eine nicht zu vertretende Beweiserleichterung für den Vermieter. Dieser müsste nicht mehr den Zugang beim Mieter, sondern nur noch die ordnungsgemäße Absendung der Abrechnung beweisen. Es würde dann dem Mieter obliegen, bei einem bewiesenermaßen vom Vermieter abgesandten Brief nachzuweisen, dass er die Abrechnung nicht erhalten hat, ein Nachweis, der regelmäßig nicht zu führen sein wird. Unsicherheiten in Bezug auf den Verbleib des Briefes würden also in den Fällen, in denen die Abrechnung zumindest nach dem Sachvortrag des Mieters nie bei ihm angekommen ist, immer zu seinen Lasten gehen.
Dieses Ergebnis steht mit der Wertung des § 556 Abs. 3 S. 3, 2. HS BGB nicht in Einklang. Soweit der Vermieter einen Zugang wie im vorliegenden Fall nicht nachweisen kann, ist deshalb von seinem Vertretenmüssen auszugehen.
Ein Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens besteht ebenfalls nicht, da ein Schuldnerverzug mangels fälliger durchsetzbarer Forderung nicht vorlag.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 100 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 197,26 Euro.

Gericht: LG Düsseldorf
Aktenzeichen: 23 S 108/06

Redaktion (allg.)

Pixabay/ Mohamed_hassan

◂ Heft-Navigation ▸

Artikel Beweisführung
6.11.2023
Die 17 Punkte der BetrKV
Jeder Vermieter stellt sich bei der Erstellung der jährlichen Betriebskostenabrechnung die Frage: Welche Kosten lassen sich über die Abrechnung auf den Mieter umlegen?
29.7.2021
NEUES BERLIN digitalisiert die Gebäudebewirtschaftung
Messdienste, Abrechnungen, Vermietungsprozesse und Mieterkommunikation – die Wohnungsbaugenossenschaft NEUES BERLIN optimiert wesentliche Prozesse mit digitalen Tools. Jetzt hat das Unternehmen auch...
25.2.2022
Frist für den Zensus 2021: im Mai
Seit Jahresbeginn melden sich die Statistischen Landesämter bei Wohnungsunternehmen und Immobilienverwaltungen, denn bis spätestens 15. Mai müssen die Daten für den Zensus 2021 übermittelt werden. Die...
2.6.2023
Beendigung Mietverhältnis
Im Zusammenhang mit einer Beendigung des Mietverhältnisses durch (fristlose) Kündigung streiten die Parteien regelmäßig nicht nur um die Beendigung des Vertragsverhältnisses an sich, sondern auch um...
28.1.2022
Fristen und Pflichten der neuen Heizkostenverordnung
Fernauslesbare Zähler, monatliche Verbrauchsinformationen und eine erweiterte Abrechnung – das sind die Kernelemente der novellierten Heizkostenverordnung.
28.4.2022
Klimaanpassung
Spätestens die furchtbaren Bilder aus dem Ahrtal haben es im Sommer 2021 gezeigt: Starkregen und Überschwemmungen sind permanente Gefahren.