Grenze im Garten?

" Wer an der Grenze zur Sondernutzungsfläche seinen Gartenanteil mit einem 60 cm hohen Jägerzaun abgrenzt, muß die Genehmigung der übrigen Eigentümer einholen. Der Zaun gilt als bauliche Veränderung und muß wieder entfernt werden, weil er eine ""negative Umgestaltung der Wohnanlage"" bedeute, so die LBS. Denn der Garten war relativ klein und mit Pflanzen abgegrenzt - mit dem Zaun wirkte er ""ärmlicher"" - ein Zustand, den sich die übrigen Eigentümer nicht gefallen lassen mußten."

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Bild: natali_mis/stock.adobe.com
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Aus den Entscheidungsgründen

I.

Die Beteiligten bilden die Eingentümergemeinschaft der o.a. Wohnungseigentumsanlage.
Sie streiten über die vom Beteiligten zu 2 beabsichtigte und angekündigte
Errichtung eines etwa 60 cm hohen Jägerzaunes auf der Trennlinie
der den Beteiligten zur Sondernutzung zugeteilten Gartenflächen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Senatsbeschluß vom 12. Juni
1995 verwiesen.

Das Amtsgericht hat dem Beteiligten zu 2 untersagt, auf der Trennlinie
zwischen den beiden Sondernutzungsrechten im Garten hinter dem Haus
einen Gartenzaun zu errichten oder eine andere Grenzbebauung vorzunehmen.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten zu
2 hat das Landgericht zurückgewiesen.

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 hat der
Senat die landgerichtliche Entscheidung aufgehoben und die Sache
zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen,
weil die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts unzureichend
waren.

Das Landgericht hat erneut mündlich verhandelt und die vom Beteiligten
zu 2 vorgelegten Lichtbilder mit den Beteiligten erörtert. Sodann
hat es die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 2 hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
Er rügt zunächst, das Landgericht habe sich zu Unrecht mit den von
ihm vorgelegten Lichtbildern begnügt und die Gartenanlage nicht
unmittelbar in Augenschein genommen. Im übrigen habe die Kammer
sich mit den von ihm angeführten Gründen für die Errichtung des
Zaunes nicht bzw. nur unzulänglich befaßt.

Der Beteiligte zu 1 ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf
den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG, 22, 27, 29 FGG zulässig,
in der Sache aber nicht begründet.

1. Das Landgericht ist richtig davon ausgegangen, daß die vom Beteiligten
zu 2 beabsichtigte Errichtung des Jägerzaunes eine bauliche Veränderung
i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG ist, die über eine ordnungsgemäße
Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums
hinausgeht. Die Zustimmung des Beteiligten zu 1 zu dieser baulichen
Veränderung wäre deshalb nur entbehrlich, wenn er durch das Aufstellen
des Zaunes keinen über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche
Maß hinausgehenden Nachteil erlitte (§§ 22 Abs. 1 Satz 2, 14 Nr.
1 WEG). Dass ein solcher Nachteil auch in einer nicht ganz unerheblichen
nachteiligen Veränderung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage
liegen kann (vgl. BGH NJW 1992, 978, 979; BayObLG WM 1992, 88),
hat das Landgericht zutreffend angenommen.

2. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Beteiligte zu 1 durch
die beabsichtigte Errichtung des auffallenden Zaunes in diesem Sinne
beeinträchtigt würde. Es hat die vom Beteiligten zu 2 vorgelegten
Lichtbilder ausgewertet und ist zum Ergebnis gelangt, dass der Zaun
durch die "Durchschneidung" der ohnehin nicht großen Rasenfläche
den Gesamtgarten stark verändert und ihn kleinlicher und "ärmlicher"
erscheinen lässt und die beabsichtigte offene Gestaltung verhindert,
zumal der Zaun nicht zur ansonsten überwiegend grünen Begrenzung
des Gartens passt.

Die Würdigung des Landgerichts, dass die beabsichtigte Errichtung
des Zaunes zu einer negativen Umgestaltung des "offenen" Gartens
der Wohnanlage führe, liegt auf tatsächlichem Gebiet und darf nur
darauf überprüft werden, ob sie im Ergebnis auf einem Rechtsfehler
des Landgerichts beruht. Das ist zu verneinen. Einer Besichtigung
der Örtlichkeit durch das Landgericht bedurfte es angesichts der
anschaulichen Lichtbilder nicht.

3. Die vom Beteiligten zu 2 für die Errichtung des Zaunes angeführten
Gründe führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Es kommt für die
Beurteilung der Frage, ob der Zaun ohne die Zustimmung des Beteiligten
zu 1 errichtet werden darf, nicht darauf an, ob die - möglichen
- Vorteile, die nach dem Vorbringen des Beteiligten zu 2 mit Errichtung
des Zaunes für ihn verbunden sind, die Nachteile für den Beteiligten
zu 1 überwiegen (vgl. BayObLG WM 1992, 88). Maßgebend sind allein
die Bestimmungen der §§ 22 Abs. 1 Satz 2, 14 Nr.. 1 WEG. Dass das
Landgericht auf die vom Beteiligten zu 2 angeführten Gründe (Enkelkind,
Hund) nicht näher eingegangen ist, stellt deshalb keinen Rechtsfehler
dar. Die Vorstellung des Beteiligten zu 2, nur nach Errichtung des
Zaunes könne er die ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenflächen
optimal ausnutzen, gibt ihm nicht das Recht zur Veränderung des
Gesamterscheinungsbildes der Wohnanlage.

Die sofortige weitere Beschwerde konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht der Billigkeit,
dass der Beteiligte zu 2 die gerichtlichen Kosten des Verfahrens
der weiteren Beschwerde und auch die dem Beteiligten zu 1 in diesem
Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten trägt, nachdem
das Amtsgericht und auch das Landgericht unter Berücksichtigung
der Auffassung des Senates ihn auf die Zustimmungspflichtigkeit
seiner beabsichtigten baulichen Veränderung hingewiesen hatten.
 

Gericht: OLG DÜSSELDORF
Aktenzeichen: 3 Wx 9/96

Redaktion (allg.)

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