Digitalisierung der Immobilienbranche stagniert
Das Fazit der Umfrage unter Entscheidern in der Immobilienwirtschaft lautet: Der Digitalisierungsgrad der Branche stagniert. Die vollständige Digitalisierung liege für die Befragten weiterhin in der Zukunft. Der technologische Fortschritt durch den Einsatz von KI vollziehe sich so rasant, dass sich die Unternehmen noch schwerer tun als bisher, mit dem Tempo der Veränderung mitzuhalten. Zusätzlich verzögerten die wirtschaftlichen Probleme der Branche den Digitalisierungsfortschritt. Investitionen in die Digitalisierung seien gesunken.
Investitionen sind gesunken
Der Anteil der Unternehmen mit einem Investitionsvolumen zwischen sechs und 20 Prozent verzeichne einen deutlichen Rückgang. Dazu passe, dass im Vergleich zum Vorjahr Investitionen von weniger als ein Prozent des Jahresumsatzes um 5 Prozent angestiegen seien. Einzig die Anzahl der Unternehmen, die über 20 Prozent ihres Jahresumsatzes in Digitalisierung investieren, habe sich von zehn auf 13 Prozent leicht erhöht.
Ein weiteres Ergebnis der Umfrage unter rund 250 Beschäftigten privatwirtschaftlicher und öffentlicher Unternehmen – darunter mehrheitlich Immobilieninvestoren, Berater, Vermittler und Assetmanager und lediglich sieben Prozent Wohnungsunternehmen: Bekannte Digitalisierungshürden können weiterhin nicht überwunden werden:
- Die größte Hürde (80 %t der Antworten) stelle fehlendes Personal dar.
- Die Investitionskosten sowie die Unkenntnis über Einsatzmöglichkeiten im aktuellen Geschäftsmodell (70 % und 56 %) werden als Herausforderung bedeutsamer (2023: 61 % und 46 %).
- Immerhin 50 Prozent geben die Unternehmens- und Fehlerkultur im Unternehmen als Hürde für einen schnelleren digitalen Fortschritt an (in der letztjährigen Umfrage waren es mit 41% etwas weniger).
- 30 Prozent geben ein fehlendes Angebot an technischen Lösungen als Digitalisierungshürde an.
Der Markt orientiert sich noch in Sachen KI
In der Theorie besteht für die Befragten kein Zweifel darin, dass Künstliche Intelligenz ein „Game-Changer für die Immobilienwirtschaft“ wird (so der Titel der ZIA-Studie 2024). 79 Prozent der befragten Unternehmen glauben, dass KI einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels leisten kann. Und sogar 81 Prozent der Befragten sprechen KI das Potenzial zu, immobilienwirtschaftliche Prozesse signifikant zu automatisieren. An dieser allerdings, der Automatisierung, hapert es bislang bei der Implementierung und die sogenannte KI-Exzellenz in der Immobilienwirtschaft scheine nur in Ausnahmefällen erreicht (4 %). Insbesondere in Bereichen mit höherer Spezifikation und Komplexität ist KI derzeit nur in geringem Ausmaß im Einsatz oder geplant (z. B. im Bereich Bauen). Der höchste Anteil an Prozessautomatisierung durch KI bestehe im Energiemanagement (30 %).
Weiter ist die Branche nur beim Einsatz von Sprachassistenten. 78 Prozent der befragten Unternehmen setzen interne Chatbots ein oder planen in naher Zukunft deren Einsatz. Der Großteil der Unternehmen (68 %) plant, KI im Bereich der Dokumentenanalyse einzusetzen, oder setzt sie bereits ein. Auch beim Energiemanagement ist der Anteil der (geplanten) Anwendung hoch (60 %).
Mehrheit begreift KI als Chance
Der Großteil der Befragten blicke positiv auf die Veränderungen der Geschäftsprozesse durch KI: 89 Prozent sehen eine Chance, dass durch KI neue Geschäftsmodelle entstehen, 81 Prozent erwarten eine verstärkte Prozessautomatisierung.
Nur 32 Prozent der Befragten sehen durch den Einsatz von KI eine erhöhte Gefahr, dass Unternehmen die Kontrolle über ihre Daten und Systeme verlieren.
„Branche kämpft mit mangelnder Datenqualität“
Aygül Özkan, Hauptgeschäftsführerin des ZIA, wies bei der Präsentation der Digitalisierungsstudie auf einen weiteren Hemmschuh der Transformation hin: „Die Branche kämpft weiter mit mangelnder Datenqualität.“ Eine solide Datenverfügbarkeit und -struktur herzustellen, bleibe die zentrale Aufgabe, um auch KI sinnvoll und effizient einsetzen zu können.
„In der Wohnungswirtschaft fehlen Haltung und Führung“
Während der ZIA – gegenüber seinen zahlenden Mitgliedsunternehmen – lediglich von einer „Stagnation“ spricht, wird Prof. Alcay Kamis von der EBZ Business School deutlicher in seiner Analyse. In einem Beitrag für die IVV kritisiert der Professor für strategisches Management und Controlling in der Immobilienwirtschaft das geringe Tempo der Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft. Obwohl viele Kernaufgaben repetitiv seien und sich automatisieren ließen, komme die Transformation kaum voran. Wenn digitalisiert werde, entstünden meist lediglich Insellösungen. Die Branche sei für den Wandel nicht sozialisiert, ihr fehle es an der richtigen Haltung und Führungskultur – denn die Mieteinnahmen kämen ja rein. Es fehle an der strategischen Ausrichtung der Unternehmen, oft gebe es keine klare Digitalisierungsstrategie, die mit der übergeordneten Unternehmensstrategie verknüpft ist. Eine konservative Unternehmenskultur und Widerstände gegen Veränderungen behinderten die Digitalisierung. Viele Unternehmen der Wohnungswirtschaft nutzten veraltete IT-Infrastrukturen, die eine Integration moderner digitaler Lösungen erschwerten. Die Modernisierung dieser Systeme erfordere erhebliche Investitionen, die insbesondere für kleinere Unternehmen schwer zu stemmen seien, so Prof. Kamis. (Red.)
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