Kompromiss beim Effizienzstandard (EPBD)

Europa verzichtet auf die Zwangssanierung energiehungriger Gebäude

Die EU verzichtet auf die Einführung von Zwangssanierungen für energetisch schlechte Gebäude. Nach einer Schätzung der KfW-Bank hätte das Kosten in Höhe von 254 Milliarden Euro verursacht. Statt Mindestanforderungen für Einzelgebäude sind nun Energieeinsparungen für den gesamten Gebäudebestand der einzelnen Mitgliedsstaaten vorgesehen.

Mehr Energieeffizienz für Gebäude: Die EU überlässt den Weg zum klimafreundlichen Gebäudebestand weitgehend den nationalen Regierungen. Foto: Adobestock/Jarama
Mehr Energieeffizienz für Gebäude: Die EU überlässt den Weg zum klimafreundlichen Gebäudebestand weitgehend den nationalen Regierungen. Foto: Adobestock/Jarama

Die Europäische Kommission, das Parlament und der Rat haben einen Kompromiss in den Verhandlungen über die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) gefunden. Statt Mindestenergieeffizienzstandards, die zu einer gebäudespezifischen Sanierungspflicht geführt hätten, sind nun verpflichtende Primärenergieeinsparungen für die Mitgliedstaaten über deren gesamten Gebäudebestand vorgesehen. Es sollen nicht mehr Einzelgebäude in den Blick genommen werden, was nach Einschätzung von Branchenverbänden schlicht unbezahlbar gewesen wäre, sondern Energieeffizienzmaßnahmen können auf Quartiersebene realisiert werden. Die EU verzichtet darauf, Hauseigentümern konkrete Sanierungspflichten aufzuerlegen.

Mitgliedsstaaten können Wege zu mehr Effizienz selbst wählen

Die Brüsseler Einigung legt die tatsächliche Ausgestaltung der Anforderungen an bestehende Wohngebäude fast vollständig in die Hände der Nationalstaaten. Konkret sollen die Mitgliedsstaaten den durchschnittlichen Primärenergieverbrauch des gesamten Wohngebäudebestands schrittweise – bis 2030 um 16 Prozent und bis 2035 um 20 bis 22 Prozent – reduzieren. Wie sie dies erreichen, bleibt ihnen dabei freigestellt. Jedoch soll hierbei die Sanierung der jeweils energetisch schlechtesten Wohngebäude 55 Prozent der Energieeinsparung liefern. Bei Nichtwohngebäuden sollen die Mitgliedsstaaten Mindeststandards zur Sanierung der energetisch schlechtesten 16 Prozent des Bestandes bis 2030 und der ineffizientesten 26 Prozent bis 2033 einführen.

Immobilienverbände äußern sich erleichtert

Der BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen begrüßt den gefundenen Kompromiss der EU-Kommission, des Rats der Europäischen Union und des EU-Parlaments bei der Gebäuderichtlinie. „Die Abkehr vom individuellen Sanierungszwang mit seinen unvorstellbar hohen Kosten ist eine gute Nachricht. Die finanzielle Überforderung der Eigentümer und letztendlich auch der Mieter war von Anfang an unrealistisch, unsozial und zum Scheitern verurteilt“, erklärte BFW-Bundesgeschäftsführer Andreas Beulich in Berlin.

In den vergangenen zwei Jahren hatten sich die europäischen Eigentümerverbände dafür eingesetzt, dass die EU auf Mindestenergiestandards verzichtet. Diese hätten zu einem massiven Werteverfall, Vermögensverlust und zahlreichen Hausnotverkäufen geführt, argumentierte etwa der Eigentümerverband Haus & Grund.

Noch bis kurz vor dem jetzt erzielten Kompromiss sah es so aus, dass es bei der Zwangssanierung einzelner Gebäude bleiben würde. Unter diesem Eindruck hatte GdW-Präsident Axel Gedaschko in seiner Rede auf dem Tag der Wohnungswirtschaft Ende November im Zusammenhang mit dem EPBD von „den vier Buchstaben des Grauens“ gesprochen. Gedaschko vor Hunderten Vertretern der Wohnungswirtschaft wörtlich: „Es droht eine völlig abstruse, von der Wirklichkeit völlig abgekoppelte Gesetzgebung für die Gebäude in Europa.“ Wohnungsunternehmen verfügten für solche Maßnahmen nicht über das notwendige Eigenkapital. Den nun gefundenen Kompromiss nennt Gedaschko „ein sehr positives Signal“, denn der GdW habe sich in Brüssel stets für den Quartiersansatz stark gemacht.

Der Geschäftsführer des Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA), Joachim Lohse lobt, dass die EU die energetisch schlechtesten Gebäude ins Zentrum rücke. Ein vollständiger Verzicht auf den „Worst-first“-Ansatz hätte zwar auf den ersten Blick Gebäudeeigentümer entlastet, letztlich aber zu Problemen geführt, wenn in den kommenden Jahren die nötigen Energieeinsparziele nicht erreicht würden. Es sei auch der richtige Schritt, für Neubauten null Emissionen vorzuschreiben. Gerade im Neubau gebe es genügend Alternativen zu Öl- und Gasheizungen.

Bundesregierung hat Position spät geändert

Die Bundesregierung hatte den scharfen Kurs der EU sehr lange unterstützt und war erst in den letzten Monaten – auch angesichts der Kostenexplosion durch Inflation und Baustoffknappheit – vom Sanierungszwang abgerückt. Zum EU-Kompromiss erklärt Bundesbauministerin Klara Geywitz: „Es gibt keine Sanierungspflichten für Einzelgebäude. Der gefundene Kompromiss orientiert sich an der Realität und überfordert weder die Familie im Einfamilienhaus auf dem Land noch den Bäckermeister mit kleiner Backstube und Verkaufsraum.“

 EPBD ist übrigens die Abkürzung für Energy Performance of Buildings Directive. (Red.)

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