Landschaftsschutzgebiet oder Baugrundstück?

OVG Münster entscheidet zugunsten des Investors

Im Streit um den Bau eines Mehrfamilienhauses in Herne hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen entschieden: Die Klage des BUND gegen die Baugenehmigung wurde abgewiesen. Dabei ging es für alle Beteiligten um mehr als nur die Klärung einer Rechtsfrage.

Das markierte Grundstück in Herne gehört zum städtische „Innenbereich“ und darf somit bebaut werden. Diese planungsrechtliche Position der Stadtverwaltung hat das Oberverwaltungsgericht NRW bestätigt. Foto: Koenen Bauanwälte
Das markierte Grundstück in Herne gehört zum städtische „Innenbereich“ und darf somit bebaut werden. Diese planungsrechtliche Position der Stadtverwaltung hat das Oberverwaltungsgericht NRW bestätigt. Foto: Koenen Bauanwälte

Noch vor wenigen Monaten wurde den Investoren eines Mehrfamilienhauses in Herne und den Verantwortlichen der Stadt Herne, die die Baugenehmigung erteilt hatten, Bestechung vorgeworfen. Dabei waren sie lediglich diejenigen, die den sogenannten bauplanungsrechtlichen Innenbereich zutreffend vom Außenbereich abgrenzen konnten. Das folgt aus dem Urteil des OVG Münster, das der Stadt nach einem monatelangen Rechtsstreit mit zahlreichen Wendungen Recht gegeben und die Baugenehmigung für rechtens erklärt hat.

 Umstrittene Bebauung

Was war passiert? In Streit stand die geplante Bebauung einer zuvor mit Bäumen und Sträuchern bewachsenen Freifläche, die von Wohnbebauung, einem Schulgelände sowie landwirtschaftlichen Nutzflächen umgeben ist. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatte gegen die Erteilung der Baugenehmigung über den Bau eines Mehrfamilienhauses geklagt. Die Vereinigung sah umweltbezogene Rechtsvorschriften als verletzt an, weil die grüne Freifläche im sogenannten bauplanungsrechtlichen Außenbereich in einem Landschaftsschutzgebiet liege. Sie dürfe daher nicht bebaut werden. Die Stadt vertrat demgegenüber die Auffassung, dass es sich bei dem maßgeblichen Gebiet um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil handele, den sog. Innenbereich. Mit der Errichtung des Wohnhauses werde eine Baulücke geschlossen.

 Außenbereich oder Innenbereich, das ist hier die Frage

Das erstinstanzlich befasste Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschied zunächst zugunsten des klagenden BUND. In der zweiten Instanz hat sich das Oberverwaltungsgericht selbst ein Bild von dem Baugrundstück und seiner Umgebung gemacht. Im Ergebnis haben die Münsteraner Richter die angefochtene Entscheidung des VG Gelsenkirchen geändert und die Klage abgewiesen. Wie die Stadt Herne kamen sie zu der Auffassung, dass das Grundstück nicht im Außenbereich, sondern innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt. Das Gericht hat in seinem Urteil umfangreich dargelegt, dass die Örtlichkeit durch die umliegenden Wohngebäude und das Schulgrundstück einen „Eindruck der Geschlossenheit“ vermittele, die das zuvor unbebaute Grundstück als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lasse. Aufgrund dieser Zuordnung zum Innenbereich, die im vorliegenden Fall „nicht zweifelhaft“ sei, schied eine Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften aus, auf die sich der klagende BUND ausschließlich berufen konnte. Weil es sich bei der Zuordnung des Baugrundstücks um eine Tatsachenfrage handelt, wurde die Revision gegen das Berufungsurteil durch das Gericht nicht zugelassen.

 Rechtliche Details statt Vorverurteilung

Die Rechtsfrage, ob und wie ein Grundstück bebaut werden darf, beschäftigt Behörden und Gerichte tagtäglich. Insbesondere für die Abgrenzung des unbeplanten Innenbereichs vom Außenbereich, in dem grundsätzlich nicht gebaut werden soll, kommt es häufig auf Details an. Eine besondere Brisanz kam diesem Fall dadurch zu, dass um das Bauprojekt von Beginn an öffentliche Aufruhr herrschte.

Weil das Grundstück zuvor als „unbebaubar“ galt und einer Bürgerin erst wenige Jahre zuvor die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück untersagt worden war, verbreitete sich in der Öffentlichkeit die Schlussfolgerung, dass die Erteilung der Baugenehmigung nicht auf legalem Wege erfolgt sein könnte. Die Diskussion erreichte ihren Höhepunkt im Januar 2023, als die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts auf Bestechung einleitete und es zu Durchsuchungen im Herner Rathaus sowie in dem Büro der Investoren kam. Seitens der Stadt hieß es währenddessen, dass mit der Erteilung der Baugenehmigung eine fehlerhafte Einschätzung korrigiert wurde.

Einschätzung von Prof. Andreas Koenen zum Fall

Die Perspektive der Investoren, die aufgrund einer von staatlicher Behörde erteilten Baugenehmigung bereits mit dem Bau begonnen und hohe Summen in das Projekt investiert hatten, um dringend benötigten Wohnraum zu schaffen, geriet bei der Debatte in den Hintergrund. „Die ebenso kompromisslose wie kompromittierende Art, mit der die Vertreter des – aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanzierten – BUND hier gegen Stadt und Investor vorgegangen sind, hat uns alle sehr erstaunt und war in keiner Weise gerechtfertigt”, so Prof. Andreas Koenen, Anwalt des Investors. „Insofern ist es gut, dass das Oberverwaltungsgericht Münster ausdrücklich klargestellt hat, dass es an der Richtigkeit der Auffassung, die Grundlage der von Stadt Herne erteilten Baugenehmigung war, im Hinblick auf die Einstufung als Innenbereich ‚keinen Zweifel‘ hätte geben dürfen.“

Quelle: Koenen Bauanwälte

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